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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter
Autoren: P. G. Wodehouse
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Parsloe-Parsloe jetzt die gewünschte Insider-Information geben konnte, war ihr ein Trost.
    »Galahad! Du willst doch nicht etwa solche verleumderischen Geschichten über unsern nächsten Nachbarn publizieren?«
    »Und ob!« Der Ehrenwerte Galahad schnaubte kämpferisch. »Und was die Verleumdung betrifft, da soll er erst mal Klage einreichen, wenn er Lust hat. Ich gehe damit bis vor’s Oberhaus. Keine Geschichte in dem Buch ist besser belegt als diese. Na, wenn du meinst, daß es sechsundneunzig war, Clarence … Weißt du was«, sagte der Ehrenwerte plötzlich, »ich werde schreiben ›gegen Ende der neunziger Jahre‹. Das genaue Datum ist auch nicht so wichtig, Hauptsache sind die Tatsachen.«
    Und mit einem behenden Sprung über den Spaniel entschwand er über den Rasen.
    Lady Constance saß starr auf ihrem Stuhl. Ihre schönen Augen waren leicht aus den Höhlen getreten, und ihr Gesicht war verzerrt. Auf ihren Schultern, so hätte man bei diesem Anblick sagen können, und nicht auf denen des Atlas ruhte die Last der ganzen Welt.
    »Clarence!«
    »Meine Liebe?«
    »Was wirst du jetzt unternehmen?«
    »Unternehmen?«
    »Siehst du denn nicht, daß man etwas unternehmen muß? Ist dir klar, daß wir die Hälfte unserer Freunde verlieren werden, wenn Galahad sein schreckliches Buch veröffentlicht? Sie werden denken, daß es unsere Schuld war. Sie werden sagen, wir hätten ihn davon abhalten müssen. Versetze dich nur in Sir Gregorys Lage, wenn er diese furchtbare Geschichte liest!«
    Lord Emsworths freundliches Gesicht verdüsterte sich.
    »Parsloes Gefühle sind mir egal. Außerdem hat er Burpers Gebiß tatsächlich gestohlen. Ich weiß noch, wie er es mir zeigte. Er verwahrte es in Watte verpackt in einer Zigarrenkiste.«
    Die als »Händeringen« bezeichnete Geste trifft man im wirklichen Leben nur selten an, aber was Lady Constance jetzt mit ihren Händen tat, könnte man bei weitherziger Auslegung des Begriffs durchaus als »Ringen« bezeichnen.
    »Ach, wenn doch nur Mr. Baxter hier wäre«, jammerte sie.
    Lord Emsworth schrak so heftig zusammen, daß ihm der Kneifer sowie ein Stück Mohnkuchen herunterfielen.
    »Warum zum Kuckuck sollte der gräßliche Kerl hier sein?«
    »Er wüßte einen Ausweg aus dieser entsetzlichen Lage. Er war immer so tüchtig.«
    »Baxter ist nicht ganz bei Trost.«
    Lady Constance gab einen Laut des Unmuts von sich.
    »Clarence, du kannst einen aber manchmal wirklich zur Raserei treiben! Da hast du eine fixe Idee und läßt dich durch nichts davon abbringen. Mr. Baxter war der fähigste Mann, den ich kenne.«
    »Ja, er war zu allem fähig«, entgegnete Lord Emsworth hitzig. »Hat mitten in der Nacht mit Blumentöpfen nach mir geworfen. Ich wachte im Morgengrauen auf, und da zischten Blumentöpfe durch mein Schlafzimmerfenster. Als ich raussah, stand dieser Baxter in einem zitronengelben Schlafanzug auf der Terrasse und schmiß mit diesen Dingern wie ein Granatwerfer oder sowas. Wahrscheinlich ist er inzwischen in einer Anstalt.«
    Lady Constance war puterrot angelaufen. Nicht einmal im Sandkasten hatte sie je eine solche Wut auf das Familienoberhaupt gehabt wie jetzt.
    »Du weißt ganz genau, daß es dafür eine sehr einfache Erklärung gibt. Mein Diamantenkollier war gestohlen worden, und Mr. Baxter glaubte, der Dieb hätte es in einem der Blumentöpfe versteckt. Während er suchte, wurde er ausgesperrt, und da versuchte er auf sich aufmerksam zu machen, indem er …«
    »Also ich halte ihn nach wie vor für verrückt, und so stellt Galahad die Sache in seinem Buch auch dar.«
    »In seinem …? Galahad bringt diese Sache doch nicht in seinem Buch?«
    »Natürlich bringt er sie in seinem Buch. Er wird doch auf so großartiges Material nicht verzichten. Und wie gesagt: Galahad, der ein vernünftiger, besonnener Mann ist, stellt Baxter auch als rasenden, schäumenden Irren dar. So, ich werde jetzt nochmals nach der Kaiserin sehen.«
    Und er schlenderte in Richtung Schweinestall davon.
3
    Nachdem er gegangen war, herrschte am Teetisch eine Zeitlang Schweigen. Millicent lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, Lady Constance saß steif und aufrecht auf ihrem. Eine leichte Brise, die den Duft von Goldlack mit sich führte, kündigte das Herannahen eines kühlen Abends an.
    »Warum willst du unbedingt Mr. Baxter zurückholen, Tante Constance?« fragte Millicent.
    Lady Constance erwachte aus ihrer Erstarrung. Sie hatte ihre Ruhe und Selbstbeherrschung wiedergefunden und sah jetzt aus wie
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