Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
denkbar einfach. Sie läßt sich in den zwei Worten »Humber Vogue« zusammenfassen.
    Da eine kleine Verstimmung den Hispano-Suiza, den man auf Blandings Castle gewöhnlich für Fahrten zu Dinner-Einladungen benutzte, vorübergehend für den aktiven Dienst untauglich gemacht hatte, war Voules, der Chauffeur, gezwungen gewesen, dieses zweitklassige Gefährt aus der Reserve zu holen; und jeder, der einmal Besitzer eines Humber Vogue gewesen ist, weiß, daß dieser keine Trennscheibe zwischen Fahrgästen und Fahrer besitzt. Vielmehr sitzt letzterer mitten dabei, ganz Ohr für alles, was gesprochen wird, um es alsbaldigst und brühwarm im Dienstbotenflügel weiterzuerzählen.
    Und obwohl die einzige Alternative die zwischen einer freien Aussprache und einem Erstickungsanfall war, zog die kleine Gesellschaft es unter den obwaltenden Umständen vor, ihre jeweiligen Gedanken für sich zu behalten. Ein besseres Beispiel, um die volle Bedeutung des Wortes »noblesse oblige« zu veranschaulichen, ließe sich nur schwerlich finden. Auf Lady Constance verweisen wir dabei mit größtem Stolz. Als Frau kam sie das Schweigen besonders hart an.
    Es gab Augenblicke während dieser Autofahrt, da konnte selbst der Anblick von Voules’ großen roten Ohren, die sichtlich darauf brannten, den Grund für diese verfrühte Rückkehr zu erfahren, Lady Constance Keeble kaum noch davon abhalten, ihrem Bruder Clarence zu sagen, was sie von ihm hielt. Von ihrem Idealbild eines Mannes war er ja schon immer weit entfernt gewesen, aber noch nie war er in ihrer Wertschätzung so tief gesunken wie in jenem Augenblick, als sie ihn der Verbindung ihrer Nichte Millicent mit einem jungen Mann zustimmen hörte, der nicht nur mittellos war, sondern ihr auch stets nervöse Zustände bereitete, für die ihr keine genauere Bezeichnung zu Gebote stand, die aber in der Fachwelt als »das kalte Grausen« bekannt sind.
    Und Clarences unverblümte Äußerungen zum Thema Baxter waren auch nicht dazu angetan, ihm wieder ein besseres Image zu verschaffen. Er hatte nämlich über Baxter den Tüchtigen ein paar Dinge gesagt, die ein Bewunderer dieses ungewöhnlich tatkräftigen Mannes einfach nicht hinnehmen konnte. Eigenschaftswörter wie »verrückt«, »wirr«, »plemplem«, »überspannt« und sogar »überkandidelt« waren ihm oft und flüssig von den Lippen gekommen. Und sie glaubte es ihm an den Augen ablesen zu können, daß er sie auch jetzt gerade still für sich repetierte.
    Ihr Verdacht war nicht unberechtigt. Nach den Vorfällen des Tages war es Lord Emsworth wie Schuppen von den Augen gefallen. Seit jener Episode mit den Blumentöpfen vor zwei Jahren hatte er Baxter stets als gemütskrank betrachtet, doch wohlmeinender Mensch, der er war, hatte er stets an die Möglichkeit geglaubt, daß ein ruhiges, regelmäßiges Leben ohne Aufregungen bei seinem vormaligen Sekretär seit dessen Entfernung aus dem Amt eine gewisse Besserung bewirkt haben könnte. Zweifellos hatte der Mann am Tag seiner Ankunft völlig normal gewirkt. Und jetzt hatte er in einem Zeitraum von zwei Stunden eine Serie von Verrücktheiten begangen und sich benommen, als ob er von Kindheit an mit Klammersäcken gepudert und zeit seines Lebens in regelmäßigen Abständen mit dem Holzhammer traktiert worden sei.
    Der neunte Earl von Emsworth war nicht leicht aus der Ruhe zu bringen. Er war von einer Unerschütterlichkeit, an der in der Regel nur sein jüngerer Sohn Frederick zu rütteln vermochte. Aber bei den Geschehnissen dieses Tages war es schwer, die Ruhe zu bewahren. Wenn man in Tuchfühlung mit einem Mann ist, der sich entweder aus Fenstern stürzt oder aber Schweine entführt und einem dann einreden will, der Butler sei es gewesen, dann wird auch der Gelassenste sehr nachdenklich. Lord Emsworth war zutiefst beunruhigt. Während das Auto die Auffahrt zum Schloß hinaufbrauste, ging es ihm durch den Kopf, daß er sich jetzt über nichts mehr wundern würde.
    Und dennoch … Gerade als der Wagen um die Rhododendronbüsche bog und auf der breiten Kiesfläche vor dem Hauptportal ausrollte, bot sich seiner Lordschaft ein Anblick dar, der seinen Sprechwerkzeugen die ersten Laute seit Fahrtantritt entlockte.
    »Heiliger Strohsack!«
    Diese Worte stieß er in einer relativ hohen, durchdringenden Tonlage hervor, woraufhin Lady Constance wie von der Tarantel gestochen hochfuhr. Diese unerwartete Unterbrechung der Stille war ein Schock für ihre überreizten Nerven.
    »Was hast du denn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher