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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück
Autoren: Luanne Rice
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das kleine Cottage, das sie von ihrer Großmutter geerbt hatte. Bay konnte es nun sehen, weiß schimmernd auf der gegenüberliegenden Seite des Flüsschens, inmitten der goldenen Marsch, der Garten ein impressionistischer Farbklecks mit einer überbordenden Fülle von Blumen in Pink, Pfirsich, Rosa, Violett, Gelb und leuchtend Blau.
    Bay stand draußen, Burger brutzelten auf dem Grill. Billy war eingesprungen, um Peg Bälle zuzuwerfen, und alle drei Kinder schienen mit sich selbst und der Welt im Reinen zu sein. Ihre größte Sorge war, ob Sean rechtzeitig nach Hause kommen würde, um mit ihnen ins Pirate’s Cove zu fahren. Am anderen Ufer des Flusses, auf einem Hügel, den bis zum letzten Jahr noch hohes Gras und Wiesenblumen bedeckt hatten, war ein neuer Freizeitkomplex entstanden: Eiscremestände, Fahrgeschäfte, eine Gokart-Bahn und ein Minigolfplatz der Extraklasse. Piratenflaggen, Schatztruhen, Haifischzähne und Schiffswracks – zerschellte Galeonen – schmückten die Ziellöcher. Bay zog die unberührte Landschaft vor, aber ihre Kinder liebten das erschlossene Gelände.
    Bay deckte den Picknicktisch und rief die Kinder zum Essen. Während die drei damit beschäftigt waren, ihre Hamburger mit Gewürzgurken und Ketchup zu belegen, ging sie ins Haus, um zu telefonieren. Seans Anrufbeantworter im Büro war eingeschaltet, aber sie beschloss, keine Nachricht zu hinterlassen. Sie wählte seine Handynummer, hörte seine Ansage nun zum vierten Mal in einer Stunde: »Hallo, hier ist Sean McCabe. Ich bin entweder in der Bank oder auf dem Boot. Wie auch immer, ich rufe so bald wie möglich zurück.«
    »Sean, ich bin’s. Hast du dein Handy nicht eingeschaltet?« Sie holte tief Luft und unterdrückte, was ihr auf der Zunge lag:
Hey, Kumpel, was bringt ein Handy, wenn man nicht rangeht? Eines unserer Kinder könnte einen Notfall haben …
    Sean war Bereichsleiter der Shoreline Bank and Trust und hatte einen riesigen Kundenstamm. Bay wusste, wie beschäftigt er war. Als Topmanager einer Kleinstadt-Bank hatte er ein breit gefächertes Aufgabengebiet: Depositengeschäft, Eigenheimfinanzierung, Hypotheken. Vor fünf Jahren, als der Aktienmarkt boomte, hatte er eine kleine Sparte ins Leben gerufen, die Bankdienstleistungen für Privatkunden anbot, in erster Linie zugeschnitten auf die gut situierten Bewohner der Umgebung. Das Ergebnis war eine wahre Goldmine für Shoreline, und Sean hatte satte Prämien erhalten, deren Höhe sich nach den von ihm verwalteten Vermögenswerten richtete.
    Er genoss sein Leben in vollen Zügen – eine Eigenschaft, die Bay früher an ihm geliebt hatte. Der Tag schien nicht genug Stunden zu haben, um all das zu tun, was ihm Spaß machte. Im gleichen Maß, wie Bay Gefallen an der Gartenarbeit fand, hatte Sean eine Vorliebe fürs Fischen, die Red Sox und Besuche des Eagle-Feather-Casinos mit seinen Freunden entwickelt.
    In den letzten Jahren hatte sich diese Leidenschaft auch auf Frauen ausgeweitet. Noch heute fand sie es unfassbar, dass sie davon wusste und trotzdem bei ihm blieb. Als junge Frau hatte sie Untreue bei anderen Paaren unverzeihlich gefunden, nach dem Motto: Wenn du mich auch nur ein einziges Mal betrügst, kannst du mich ein für alle Mal vergessen! Doch wie sich herausgestellt hatte, war eine Ehe komplizierter.
    Einige Menschen gehören zur Landschaft wie die Felsen und Bäume; genau das empfand Bay im Hinblick auf Hubbard’s Point. Das Salzwasser lag ihr im Blut, die Strandrosen und Taglilien waren ihr ans Herz gewachsen. Sie hatte das Gefühl, dem steinigen Boden entsprungen zu sein, nur hier leben und atmen zu können. Sie war sich immer sicher gewesen, dass sie eines Tages einen Jungen von der Küste, vom Strand, heiraten würde.
    Sean und sie waren hier aufgewachsen, hatten die gleichen Erinnerungen und Biografien. Obwohl es in ihrem und seinem Liebesleben andere gegeben hatte, waren sie offenbar füreinander geschaffen. Obwohl in ihrer Art grundverschieden, schienen sie sich gegenseitig perfekt zu ergänzen. Ihre Liebe war ihnen wie die natürlichste Sache der Welt vorgekommen.
    Doch Bay hatte gelernt, dass es in einer Ehe um mehr ging als um gemeinsame Wurzeln und Erfahrungen. Seans Bedürfnis nach Freiheit war größer, als sie begreifen konnte, er arbeitete mit jeder Beförderung länger, ging immer häufiger auf Geschäftsreisen. Bay fragte sich, warum er jeden Abend Überstunden machte, warum ständig der Anrufbeantworter lief, wenn sie ihn nach Feierabend im Büro
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