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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück
Autoren: Luanne Rice
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anrief, und warum sie sich seine lahmen Entschuldigungen anhörte und zu glauben versuchte.
    Bay hatte eine grenzenlose Kompromissbereitschaft in sich entdeckt – und war mit zunehmender Frustration zu der Erkenntnis gelangt, dass sie sich seit langem etwas vormachte. Seans Lügen schmerzten – aber die Lügen, die sie sich selbst eingeredet hatte, waren um einiges schmerzhafter. Sie hatte den Kindern die Trennung ersparen wollen, ihm verziehen und an der Ehe festgehalten. Doch sie musste sich eingestehen, dass sie ihn nicht mehr im gleichen Maß liebte wie früher.
    Ihr Kartenhaus war an dem Tag zusammengebrochen, als ihre Tochter anfing, Fragen zu stellen.
    Im letzten Herbst hatte sich Annie versehentlich in ein Telefongespräch ihres Vaters eingeklinkt – sie hatte den Hörer abgenommen und mitbekommen, wie er mit Lindsay Beale flüsterte; es ging um eine Reise nach Chicago, die sie gemeinsam unternommen hatten. Lindsay war eine junge Kredit-Sachbearbeiterin der Bank – bildhübsch und glamourös, stammte sie aus einer wohlhabenden, alteingesessenen Neuengland-Familie und konnte eine beeindruckende Ausbildung vorweisen; Bay und die Kinder waren ihr bei Firmenpicknicks begegnet. Sie hatten sie zu sich nach Hause eingeladen, zum Essen. Annie hatte mit dem Gedanken geliebäugelt, sie mit ihrem Mathematiklehrer zu verkuppeln.
    Nach dem Telefonat war Bays Tochter am Boden zerstört gewesen.
    »Es war eine Geschäftsreise, Schatz«, hatte Bay gesagt, sie in den Arm genommen und sich Annie zuliebe zusammengerissen. »Du weißt, dass Daddy oft für die Bank unterwegs ist, und manchmal begleitet Lindsay ihn. Sie arbeiten zusammen.«
    »Das war etwas anderes«, hatte Annie geschluchzt. »Sie haben miteinander getuschelt.«
    Bay hatte den Adrenalinstoß gespürt, Angst, ein Kribbeln im Bauch. Aber sie durfte sich nichts anmerken lassen, und deshalb hatte sie ihre Tochter fest an sich gedrückt. »Keine Bange, Annie. Gewiss gibt es dafür eine Erklärung.«
    »Mommy, ich will nicht petzen. Weil du dann böse auf ihn bist … aber ich muss es jemandem sagen. Sie haben sich romantische Dinge zugeflüstert … Daddy wollte sie wieder und wieder küssen …«
    »Oh Annie!« Bay hatte ihren eigenen Kummer und ihre Wut auf Sean unterdrückt – weil er sie betrogen und ihr keine Möglichkeit gelassen hatte, ihn vor seiner Tochter in Schutz zu nehmen.
    Annie war am Boden zerstört, während die anderen Kinder – jünger, aber dickhäutiger – mit Empörung reagiert hatten, als ihre Schwester ihnen davon erzählte. »Daddy, warum unterhältst du dich nachts mit einer anderen Frau?«, hatte Pegeen mit stahlhartem Blick und wutentbrannter Stimme gefragt. »Warum trinkst du keine Milch, wenn du nicht schlafen kannst? Oder liest ein Buch?«
    Und Billy hatte unverblümt gesagt: »Mach das nie wieder, Dad. Wir brauchen dich mehr als sie.«
    Die Auswirkung des Fehltritts auf ihre Kinder hatte Bays Kampfgeist geweckt, und sie hatte angefangen darüber nachzudenken, ob es sich lohnte, eine zerrüttete Ehe nur um der Familie willen aufrechtzuerhalten. Sie dachte an all die anderen Zeiten – lange vor Lindsay –, wo sie geschwiegen hatte, um den Frieden zu bewahren, und ihre Zweifel und Ängste für sich behalten hatte. Nach besagtem Telefonat waren sie wieder in ihr hochgestiegen.
    »Du hast mich schon so lange belogen und betrogen, dass ich nicht einmal sagen könnte, wann es angefangen hat«, sagte sie mit brechender Stimme. »Ich habe das Gefühl, dich überhaupt nicht zu kennen.«
    Sean war schockiert gewesen, als er erfuhr, dass Annie das Gespräch mitgehört hatte.
    »Was hat sie gehört?«, fragte er.
    »Genug.«
    »Hast du es ihr gesagt?«
    »Ich habe ihr erzählt, dass es vermutlich um etwas Geschäftliches ging. Aber sie meinte, ihr hättet miteinander getuschelt.«
    »Mist.«
    Bay hatte einen Stich in der Magengrube verspürt – er machte nicht einmal Anstalten, zu leugnen. Er versuchte lediglich, den Schaden zu begrenzen. Sie begann leise zu weinen, empfand den gleichen Kummer wie ihre Tochter, als diese ihren kindlichen Glauben verlor, dass ihre Eltern sich noch liebten.
    Sean hatte ihre Hand genommen und sie einen Moment auf seine gesenkte Stirn gepresst, bevor er sie angesehen hatte. »Bay, es tut mir leid. Es tut mir unendlich leid, dass ich dich und die Kinder verletzt habe. Es ist vorbei, und so etwas wird nie wieder vorkommen. Ich schwöre es. Ich werde mich ändern, alles wird wieder gut«, hatte er
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