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Sommergewitter

Sommergewitter

Titel: Sommergewitter
Autoren: Kristina Dunker
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mit unseren Frauen und Männern in eine andere Neubausiedlung ziehen und dort vereint und glücklich leben, bis man uns gemeinsam beerdigt«, hatte Rüdiger irgendwann einmal überspitzt gesagt und wir hatten alle gelacht.
    »Oder wir heiraten uns gegenseitig. So Leute wie Yasmin und ihre Clique passen doch gar nicht zu uns!«, hatte Steffi hinzugefügt und auch darüber hatten wir herzhaft gelacht.
    Wir waren eben mit uns selbst immer ganz glücklich gewesen. Jonas hatte die verrückten Ideen und sorgte für gute Laune. Rüdiger war zurückhaltender und stiller, aber absolut zuverlässig. Steffi war ziemlich schlau und vernünftig, trotzdem nicht langweilig. Als Kind war sie es immer, die irgendwelche unheimlichen Sachen entdeckte, die wir dann gemeinsam erforschten und auskundschafteten, Jonas und Rüdiger mutig voran. Sie ging reiten und war sehr musikalisch, spielte Klavier,sang und tanzte Ballett, hatte aus Jux sogar mal versucht, Jonas und Rüdiger ein paar Schritte beizubringen.
    Wir vier kannten uns in- und auswendig. Ich wusste, welche Sprüche meine Freunde draufhatten und welche Berufe sie später ausüben wollten, was sie am liebsten aßen und welchen Rocksänger sie nicht ausstehen konnten. Ich fühlte mich also auch an diesem Tag wohl und sicher.
    Während meine Freunde Ginie begrüßten, holte ich für sie das Mountainbike meines Vaters aus der Garage.
    »Sollen wir dir den Sattel niedriger stellen?« Mein Vater und mein Onkel waren hilfsbereit zu uns gekommen, begannen an Lenker und Sattel herumzuschrauben, ließen Ginie Fahrproben machen, die sie leicht genervt über sich ergehen ließ: »Danke, ich weiß, wie man Rad fährt.«
    Meine Freunde standen um uns herum, betrachteten Ginie freundlich, machten wie immer ein paar Witzchen mit meinem Vater. Er ist ein fröhlicher, offener Mann, der gerne Leute um sich hat und es liebt, Gäste zu bekochen und zu unterhalten. Eine Weile lang war er von seiner Firma aus oft auf Reisen gewesen, in Mailand, London oder Madrid, und war immer ganz begeistert zurückgekommen. Er hätte sich gern für ein paar Jahre ins Ausland versetzen lassen, aber meine Mutter war dagegen gewesen, aus Angst vor dem Neuen oder weil sie ihrem Bruder und Ginie damals schon eine feste Anlaufstelle bieten wollte. Dabei hatte Paul selbst längere Zeit nicht in Deutschland gelebt, aber meine Mutter hatte immer gesagt, sie müsse im Notfall für ihn da sein. Schade eigentlich. Yasmin war im Frühling ein paarMonate als Austauschschülerin in Portugal gewesen und hatte danach natürlich gehörig angegeben, wie toll die Bars, die Jungs und das Meer gewesen seien. Nach Portugal hätte mein Vater mit uns bestimmt auch locker gekonnt   – aber gut, dafür blieb ich immerhin in der Schule nicht sitzen.
    »Na, Rüdiger«, neckte mein Vater jetzt meinen Freund, »gehst du heute mit dem Mofa auf Bärenjagd? Kannst du dich denn damit überhaupt anschleichen?«
    »Was ein richtiger Indianer ist, Herr Senkel, der macht auch auf einem knatternden Mofa keinen Lärm«, sagte Jonas und lachte. Dass Rüdiger sich als Kind so sehr fürs Indianerspielen begeistert hatte, war immer noch für ein paar Scherze gut, vor allem, weil er noch heute ein richtiger Naturfreak war, der gerne mit Messer, Pfeil und Bogen herumhantierte und davon träumte, nach dem Abi eine Trekkingtour durch Kanada zu machen.
    Rüdiger lächelte mit seiner besonderen Mischung aus Charme und Unsicherheit. Dann erklärte er: »Ich fahre Philipps altes Mofa nur ausnahmsweise. Mein Bruder brauchte mein Rad, er macht mit seiner Freundin einen Ausflug.«
    »Ach, komm, Alter, du bist faul geworden, du weißt jetzt schon, dass du beim nächsten Dorfradrennen keine Chance gegen mich hast«, rief Jonas und schlug Rüdiger mit der Faust kumpelhaft vor den flachen Bauch, worauf der aber nur ein halb abfälliges, halb amüsiertes Lachen losließ, in das mein Vater einfiel.
    »Da mach ich dies Jahr auch mit«, behauptete er, »mal gucken, ob ich euch junge Kerle nicht noch nass machenkann. Was, Katrin«, wandte er sich an meine Mutter, die mit einer Packung Schokokekse aus dem Haus trat, »ich bin gut in Form, oder?«
    »Ja, ja«, sagte meine Mutter mit einem nachsichtigen Lächeln. »Du darfst es nur nicht übertreiben.« Dabei reichte sie mir die Kekse. »Esst sie, bevor sie schmelzen! Und, Annika, passt auf euch auf, versprochen?«
    Ich nickte. »Passiert schon nichts, Mama. Ich versprech’s.« Dann warf ich Ginie einen Blick zu. »Können wir
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