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Sommergewitter

Sommergewitter

Titel: Sommergewitter
Autoren: Kristina Dunker
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mit rotem Mund.
    »Hast du gut ausgesucht hier.«
    »Zufall«, sagte Rüdiger knapp, ohne die Augen zu öffnen.
    »Das war im ersten Schuljahr unser Klassenraum, oder?«
    Rüdiger knurrte. »Was willst du noch?«
    »Hab ich doch gesagt.«
    »O Mann! Du glaubst mir doch genauso wenig wie alle andern!« Er stand auf, rannte ein paar Runden sinnlos im Raum herum, setzte sich dann wieder und nahm einen Schluck aus der Bierflasche. »Vorhin vor eurer Haustür hast du jedenfalls nicht zu mir gestanden.«
    »Ich weiß, und das tut mir sehr leid«, sagte ich zerknirscht. »Ich hab mich einfach nicht getraut.«
    »Du brauchst dich nun wirklich nicht zu bemitleiden, du hast am wenigsten Probleme von uns allen. Ich mache mich ja schon verdächtig, wenn ich mal allein spazieren gehe.«
    »Steffi sagt, du hättest bei den Liebespärchen geguckt.«
    »Blödsinn!« Rüdiger brauste auf. »Ich hab einfach ein Talent dafür, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein!Ich bin eben gerne draußen. So hab ich das ein oder andere Liebespaar überrascht. Aber wie soll das auch ausbleiben? Die Natur muss man hier ja mit der Lupe suchen! Außerdem sollte man sich mal fragen, warum die ganzen Pärchen sich überhaupt draußen im Dunkeln rumtreiben müssen!«
    Ich wartete. Rüdiger trank die Flasche aus, stellte sie weg.
    »Ich weiß echt nicht, warum du hier zu mir kommst, allein und mitten in der Nacht, wenn deine ganze Sippe im Dreieck tickt.«
    »Ich glaub nicht, dass du ihr was getan hast.«
    »Oh, das ist aber nett!« Rüdiger trat gegen die leeren Bierflaschen, die klackernd über den Boden rollten.
    »Ich glaub, dass es noch andere Gründe für ihr Verschwinden geben kann, es muss ja nicht . . .«
    »Welche Gründe?«
    »Ich weiß nicht, ist so ’n Gefühl.«
    »Ich habe Ginie aber im Wald getroffen.«
    »Ja, Lukas hat euch gesehen.«
    »Und ich habe mein Mofa benutzt, um sie wegzubringen.«
    Mir wurde mulmig. Es stimmte also doch. Er hatte uns alle angelogen.
    »Und mein Messer habe ich auch heute verloren.«
    Ich schluckte. Was sollte das? Wollte er mir Angst machen? War das ein Test?
    »Ja und?«, fragte ich so frech wie möglich.
    »Die Wahrheit wird dir nicht gefallen, fürchte ich.«
    »Mir gefällt so vieles nicht.«
    »Du bist ja echt cool.« Er lachte kurz in sich hinein.»Also gut. Ich war gerade ein paar Minuten im Wald, da holte mich Jonas ein. Er fing sofort an, über Ginie zu reden. Wie attraktiv und sexy sie sei. Den hat’s aber erwischt, dachte ich zuerst. Aber dann hab ich kapiert, dass er es ganz anders meint   – sie sei doch genau die Richtige für
mich.
Absurde Idee!
    Ich ließ ihn stehen. Er lief hinter mir her. Es passte mir nicht, mir ging sein Gerede auf den Zeiger. Ich wollte ihm das gerade sagen, da haben wir das Schluchzen gehört.«
    »Ginie hat geweint? Das hat Jonas uns gar nicht erzählt!«
    »Hat sie aber! Sie saß auf einem umgestürzten Baumstamm, hatte den Kopf in den Händen vergraben und uns nicht bemerkt. Jonas wollte, dass ich hingehe und sie tröste. Nicht aus Menschenfreundlichkeit! Nein, als Mittel zum Zweck, als gute Gelegenheit, um an sie ranzukommen. So ist er, unser charmanter Strahlemann!
    ›Rüdiger‹, sagte er zu mir, ›du kannst Mädels nicht immer nur mit Blicken anschmachten und dann, wenn sie endlich mal zurückgucken, rot werden und im Boden versinken. Rüdiger, du musst auch mal was tun, was riskieren! Wenn du sie tröstest, findet sie dich nett und verständnisvoll, und dann hast du so gut wie gewonnen! Los, Rüdiger, jetzt schnapp sie dir schon!‹«
    »Das hat er nicht wirklich gesagt?!«
    »Und ob! Mein Fehler war nur, dass ich ihm nicht gleich gefolgt bin, als er gegangen ist. Warum, weiß ich auch nicht. Vielleicht war ich ja doch ein bisschen in Ginie verliebt? Sah ja nicht schlecht aus in ihrem engen roten T-Shirt mit den schwarz glänzenden Haaren. Ichhab wirklich überlegt, ob ich hingehe und sie tröste, hab mich aber nicht getraut und sie nur blöd angeglotzt. Da hat sie sich plötzlich umgedreht, gemerkt, dass jemand hinter ihr steht, und sich furchtbar erschrocken. Deshalb hat sie auch so geschrien.«
    »Geschrien?«
    »Ich hab nichts gemacht! Aber ich bekam kein einziges Wort heraus und sie legte sofort mit Vorwürfen los: ›Was fällt dir ein, mich so zu erschrecken? Machst du das öfter, heimlich Mädchen begaffen? Holst du dir dabei einen runter, oder was? Wie lange stehst du schon da? Die ganze Zeit? Das gibt’s ja wohl nicht! Hat man hier denn nirgends
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