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Sommergewitter

Sommergewitter

Titel: Sommergewitter
Autoren: Kristina Dunker
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Es gab ein Verfahren?«, fragte Ginie.
    »Man sagte, ihr Mann hätte den Unfall verhindern können oder sogar herbeigeführt. Sie waren am Abend wohl zuerst auf der Dorfkirmes und dann mitten in der Nacht noch am See. Vielleicht wollte er sie ja loswerden . . .«
    »Ach, Rüdiger, deine Familiendramen interessieren doch keinen. Du siehst immer alles so psychologisch. Dabei wird mit ein bisschen Fantasie alles viel spannender: Ginie, du musst dir vorstellen, dass das hier ein besonderer See ist, mit Strudeln, Sandabbrüchen, Ungeheuern . . .« Jonas kam richtig ins Schwärmen, seine Augen leuchteten, er stand auf, malte Figuren in die Luft. »Das Werk dahinten ist nämlich in Wirklichkeit eine Drachenburg! Dort herrscht noch heute der böse Drache König-Kieswerk, jede Vollmondnacht raubt er sich ein schönes Mädchen. Da muss erst der tapfere Ritter Jonas von Jupiter und Jägermeister kommen, um den Kampf mit ihm aufzunehmen!«
    Steffi und ich lachten, Rüdiger verzog erst das Gesicht, rang sich dann aber auch zu einem Lächeln durch. Nur Ginie schien sich nicht über Jonas zu amüsieren, sie war plötzlich noch blasser geworden, sah richtig schlecht aus, ihre Lippen zitterten und ihre Augen wirkten glasig.
    »Alles klar?«, fragte ich besorgt.
    Ginie reagierte nicht, krallte die Finger in die Oberarme.
    »Hey?«, fragte jetzt auch Jonas und stupste sie an. »Magst du keine Märchen?«
    »Ach, Jonas, jetzt lass mal den Quatsch! Sie verträgt bestimmt die Hitze nicht! Mensch, Ginie, warum hast du auch keinen Sonnenhut mitgenommen? Und baden wolltest du auch nicht! Vielleicht solltest du jetzt wirklich mal in den See gehen, aber vorsichtig, nicht dass . . .«
    »Annika!« Steffi stieß mich an. »Ginie ist alt genug«, sagte sie leise. »Du musst nicht auf sie aufpassen!«
    Ich wurde rot. Schon wieder den Muttityp rausgekehrt. Wie ich das an mir hasste!
    »Wer hat gesagt, dass das ein See ist? Das ist ein Plumpsklo von Außerirdischen!«, sagte Ginie völlig unerwartet. Obwohl das ziemlich barsch klang und wahrscheinlich auch so gemeint war, mussten wir alle lachen.
    Ich war erleichtert. Wenn ihr so ein Witz einfiel, würde sie wahrscheinlich nicht gleich mit einem Hitzschlag zusammenklappen.
    »Geht’s wieder besser?«, fragte Steffi sie noch.
    »Ja, ja.« Ginie nickte. »Es ist die Hitze. Beim nächsten Mal höre ich wirklich auf Annika und nehme mir einen Hut mit. Vielleicht gehe ich später auch noch ins Wasser.«
    Sie lächelte mir zu und ich beruhigte mich. Also nahm sie mir meine Fürsorge nicht übel.
     
    Der Nachmittag dümpelte dahin. Mit halbem Ohr bekam ich mit, wie Jonas Ginie weiterhin Storys von der Rettungsschwimmerei erzählte und Rüdiger, der das Thema satthatte, die beiden zum Kartenspielen überreden wollte. Aber Jonas hatte Ginie total in Beschlag genommen und Steffi und ich wollten uns einfach nur bräunen. Also gab Rüdiger es schließlich auf und beschloss,wenn auch etwas mürrisch, Brennholz für ein Lagerfeuer zu sammeln.
    Das machten wir eigentlich immer so: baden, Karten spielen, dösen, Kekse futtern, wieder baden und zum Abschluss ein kleines Feuerchen. Rüdiger zog sein Messer, das wir ihm mal geschenkt hatten und mit dem er seine Bögen und manchmal auch Figuren in Äste schnitzte, aus der Tasche und ging. Jonas rief ihm hinterher, er käme gleich nach, um ihm zu helfen. Steffi lag auf dem Bauch und war in einen Horrorroman mit blutrot glänzendem Einband vertieft. Ich hatte vergessen, etwas zum Lesen einzustecken, und döste deshalb mit halb geschlossenen Augen vor mich hin.
    »Ich verschwinde mal kurz in die Büsche«, hörte ich Ginie irgendwann sagen und bekam mit, wie sie aufstand, sich anzog und auf mich heruntersah. Ich dachte wohl daran, sie wegen der Spanner bis zum Waldrand zu begleiten, aber ich erinnerte mich noch rechtzeitig an Steffis Worte, dass Ginie schließlich alt genug sei. Diesmal würde ich nicht die Glucke spielen!
    Meine Cousine wandte sich nach rechts, stapfte den Sandberg hoch, Richtung Kiefernschonung. Jonas stand ebenfalls von der Decke auf, legte die Hand an die Augen, sagte: »Ich helf mal Rüdiger, sonst ist er nachher noch beleidigt«, und entfernte sich in die andere Richtung.
    Kaum waren wir allein, machte Steffi sich an den C D-Player . »Schnell was Kuscheliges auflegen, solange die Jungs nicht da sind.«
    »Tu das«, murmelte ich, schloss die Augen und überlegte kurz, ob ich meinen nassen Bikini jetzt schnell gegen den zweiten, trockenen
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