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Sommer in Venedig

Sommer in Venedig

Titel: Sommer in Venedig
Autoren: Joleen Carter
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nutzen. Eigentlich hatte sie vorgehabt, sich in dem
Gärtchen des Innenhofes ein wenig mit ihrem Venedig-Reiseführer vertraut zu
machen. Sie war schon auf halbem Weg, als sie Gregorio dort mit Emilia reden
sah. Er stand da, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben und blickte
auf Emilia herab. Als diese Rebecca bemerkte, zog sie Gregorio zu sich hinab
und tuschelte ihm etwas ins Ohr. Dann lachte sie anzüglich und drehte sich in
Rebeccas Richtung. Rebecca stellte sich vor, wie Emilia ihm davon berichtete,
wie sie sich bei der Arbeit angestellt hatte. Auch war sie sicher, nicht gut
dabei wegzukommen. Sie spürte plötzlich, wie müde sie war. Die ungewohnte körperliche
Arbeit hatte sie angestrengt. Sie ging zurück in ihr Zimmer, legte sich aufs
Bett und blätterte im Reiseführer.

 
    Italienische Rockmusik riss sie aus ihren Träumen.
Oh mein Gott! Sie war eingeschlafen. Die Arbeit! Emilia! Entsetzt riss sie die
Augen auf und starrte direkt in das Gesicht von Gregorio.
    »Ma, che cavolo ... was zum Teufel tust du hier?«
    Sie setzte sich auf und strich ihren Rock glatt.
    »Das frage ich dich!«, erwiderte er. »Hat Emilia
dir für den Nachmittag freigegeben?«
    Unglücklich schüttelte Rebecca den Kopf.
    »Natürlich nicht! Jetzt wird sie noch mehr an mir
auszusetzen haben.«
    »Ecco! Genau! Und deshalb bin ich hergekommen, um
dir meinen Radiowecker zu borgen. Ich kann dich schließlich nicht jedes Mal
wecken kommen.«
    Er zwinkerte ihr zu. »Und außerdem möchte ich,
dass Emilia so wenig Gründe wie möglich findet, dich bei meiner Mutter in
schlechtem Licht dastehen zu lassen.«
    Dankbar lächelte Rebecca ihn an, stand auf und
trank einen Schluck aus der Wasserflasche.
    »Ich muss mich erst an die körperliche Arbeit gewöhnen«,
sagte sie. »Ich arbeite sonst mehr im Sitzen.«
    Sie stand vor dem Spiegel und entwirrte ihre
weizenblonden Locken mit den Fingern, während der Italiener das Radio auf ihrem
Nachtschränkchen platzierte und die Musik leiser stellte.
    »Du bist kein Zimmermädchen aus Deutschland? Eine
Hotelfachfrau?« Gregorio rieb sich das markante Kinn, auf dem sich bereits am
frühen Nachmittag wieder ein leichter Bartschatten zeigte. »Was bist du dann?«
    »Ich bin Studentin. Mein Bruder und sein Freund,
mit denen ich in Berlin zusammenwohne, haben mir diesen Job besorgt. Ich wollte
unbedingt Venedig kennenlernen.«
    »Das wollen viele«, bemerkte Gregorio.
    »Aber ich studiere Kunstgeschichte. Und ich
dachte mir, wenn ich in einem Hotel wie diesem arbeiten kann, ist das eine
Chance, etwas über diese Stadt zu erfahren. Ich möchte durch die engen Gassen
streifen, ich möchte die alten Mauern sehen, riechen und fühlen ...«
    Leidenschaft blitzte in Rebeccas Augen auf und
sie fühlte, wie ihre Wangen rot wurden. Sichtlich fasziniert hing Gregorio an
ihren Lippen.

 
    Eine Faust hämmerte gegen die Tür. Emilias Stimme
zerschnitt den Moment. Genervt riss Gregorio die Tür auf. »Sie kommt gleich«,
knurrte er.
    Noch bevor Emilia etwas erwidern konnte, zeigte
er auf den Wecker.
    »Den habe ich ihr gebracht. Damit sie nicht jeden
Tag verschläft.«
    Grußlos ließ er die beiden Frauen stehen und
verschwand um die Ecke. Emilia starrte hinterher, wirkte dann aber sichtlich
zufrieden.
    »Gregorio hat also auch schon bemerkt, dass du
keine Leuchte bist.«
    Sie lächelte zufrieden. Dann seufzte sie. »Allora,
vieni! Also komm! Wir müssen die Hotellounge herrichten. Heute Abend findet
eine kleine Modenschau statt. Alles muss perfekt sein, wenn die Gäste
eintreffen«.
    Nur wenig später klopften sie Sessel aus,
wischten die flachen Tische ab und reinigten die Böden, bis sie glänzten.
Rebecca sah, wie Matteo und weiteres männliches Hotelpersonal eine kleine Bühne
mit Laufsteg aufbauten. Zum Schluss tippelte Signora Savera persönlich durch
die Reihen, um noch einmal alles zu prüfen. Kerzengerade schob sie ihren
runden, aber stocksteifen Körper voran. Hier und da rümpfte sie die Nase.
    »Wo bleibt nur dieser Taugenichts mit den Blumen?«
Hektisch blickte sie sich um. Rebecca ahnte, dass Signora Savera ihren Sohn
meinte. Und irgendwie machte diese Frau sie wütend.

 
    Als Rebecca vom Abendessen - eine Suppe, ein
wenig Pasta, Fleisch und ein Salat - aufbrach, gestattete sie sich noch einen
flüchtigen Blick in die Hotellounge. Die ersten Gäste strömten aus dem
Speisesaal, um sich die besten Plätze für die Show zu sichern. Auf jedem der
Tische stand jetzt ein kleines Blumenbouquet,
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