Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche
Autoren: Jeff Somers
Vom Netzwerk:
schmiert, dass das überhaupt passieren kann.«
    Er versuchte, sich beiläufig wieder zurückzulehnen und dabei die Hände hinter dem Kopf zu verschränken. Doch sein beachtlicher Bauch stieß gegen die Tischplatte und brachte ihn dazu, einen gequälten Grunzlaut auszustoßen. Mir entging nicht, dass seine Zigarette mittlerweile fast nur noch aus Asche bestand, und ich starrte sie fasziniert an. Es interessierte mich einfach, wann die Asche denn nun endlich herunterfiele. »Ich hab’s dir ja gerade schon gesagt, Avery: Das ist wirklich ein ganz schlechter Zeitpunkt.«
    Ich blickte zu Glee hinüber, die diesen Blick erwiderte und nur die Achseln zuckte. Eine Sekunde lang fiel mir wieder auf, wie erwachsen und selbstsicher sie inzwischen doch wirkte – als hätte sich die Metamorphose einfach so über Nacht vollzogen. Erneut schaute ich Reg an, grinste über das ganze Gesicht und achtete dabei sorgsam darauf, mir ausschließlich Belustigung anmerken zu lassen. Dieser fette Scheißkerl da glaubte wirklich, er hätte alle Karten in der Hand. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn tatsächlich sogar riechen konnte: Regs säuerlicher Schweiß überforderte jedes Reinigungsmittel.
    »Reggie, wir wollen das Ganze doch sicher friedlich ablaufen lassen. Wir sollten uns einfach unterhalten, und wenn wir fertig sind, dann wirst du sagen: Ave, das geht dieses Mal aufs Haus! Schließlich habe ich mich wie ein Arschloch verhalten, als du hier aufgetaucht bist. Und dann sage ich: Ach Scheiße, Reggie, ich habe dich halt überrascht, also warst du vielleicht nicht gerade in Topform! Und dann gehen wir wieder als Freunde auseinander. Okay?«
    Er mühte sich immer noch nach Kräften, völlig entspannt zu wirken, auch wenn es unverkennbar war, dass er sich dafür immens anstrengen musste. »Raus! Was hast du denn jetzt vor? Willst du mir wieder eine scheuern? Du bist unbewaffnet, Avery! Mit einer Waffe wärst du doch niemals an den Sicherheitsvorkehrungen auf dem Dach vorbeigekommen.« Er hob die Augenbrauen. »Du denkst über irgendwelche Geschichten nach, die du mir erzählen könntest, um mich einzuschüchtern. Verpiss dich!«
    Er hatte recht: Ich hatte wirklich keine Schusswaffe dabei. Es war zwar möglich, an den Sicherheitsvorkehrungen eines Gebäudes vorbeizukommen, selbst wenn sich darin eine unbedeutende Regierungsbehörde befand – schließlich war alles möglich. Aber dergleichen war aufwändig … und unnötig.
    »Glee«, sagte ich. Sie trat einen halben Schritt vor und streckte ruckartig den Arm vor: Eine handgemachte Klinge aus Knochenmaterial sprang ihr auf die Handfläche. Eine ähnliche Waffe hatte ich in meinem Stiefel versteckt. Mit einer geübten Bewegung zog sie die Waffe quer über Regs Gesicht und erzeugte eine winzige leuchtend rote Wunde genau auf der Spitze von Reggies wulstiger Nase. Sie grinste ihn an; ihre weit aufgerissenen blauen Augen strahlten.
    »Von einem Ohr zum anderen, fetter Mann«, sagte sie und hustete verschleimt. »Sobald Avery es will.«
    Reggie zitterte; seine schlaffe Haut schlug sonderbare, fast unnatürliche Wellen, während ein winziger roter Blutstropfen auf seiner Nasenspitze erschien. Sein Blick zuckte zu mir, dann zu Glee und wieder zurück. Er leckte sich über die Lippen und starrte mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Was, du willst einen offiziellen Regierungsmitarbeiter in seinem eigenen Scheiß-Büro umbringen, Avery?« Er schüttelte den Kopf. »Das wird niemals passieren!«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Du hast noch zehn Sekunden Zeit, Reggie. Dann werden wir's ja sehen.«
    Glee, die immer noch neben mir stand, seufzte leise, ein erregter, äußerst weiblicher Laut. Einen Moment lang starrte Reggie sie nur an. Dann wirkte es, als würde aus ihm jegliche Luft entweichen – als würde hier und jetzt, in unserem Beisein, diese Fettabsauge-Prozedur durchgeführt. »Verdammte Scheiße! Aber du bezahlst mich doch trotzdem, oder?«
    »Reggie«, sagte ich und zog meinen tragbaren Dateninterface-Würfel aus einer Tasche, »darüber werden wir noch nachdenken müssen.«
    Ziemlich bedrückt nahm er den Würfel entgegen und schob ihn in die Leseeinheit seines Schreibtischs; seine Finger bewegten sich sehr geschickt. Glee trat einen Schritt zurück und lehnte sich gegen die Wand. Ein Hustenanfall ließ sie am ganzen Leib zittern.
    »Okay, okay«, murmelte Reggie, jetzt ganz sachlich, und seine Wurstfinger bewegten sich schnell. Sein Bildschirm flackerte, so rasch ging er einige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher