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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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neugierig.
    Hanno überflog die Zeilen, dann brach er in schallendes Gelächter aus.
    »Nun sag schon, was ist denn so lustig?«
    »Ich glaube es nicht! Dein Bruder will heiraten.« Er musste schon wieder lachen.
    Carla war aufgesprungen, das Buch fiel zu Boden. »Das ist ja wunderbar, endlich! Schreibt er, wer es ist?« Sie zögerte. »Was ist denn daran eigentlich so komisch?«
    Hanno hatte seine Fassung wiedergefunden. »Die Braut wird dir nicht besonders gefallen …«
    »Um Gottes willen, nun sag schon, wer ist es?«
    »Natascha Orlowski aus St. Petersburg, die Tochter des Fürsten Orlowski. Du weißt doch, Kölichen hat uns erst kürzlich von ihm erzählt. Er hat einen ziemlich zweifelhaften Ruf.«
    Aus Carlas Gesicht war alle Farbe gewichen. »Ihr Ruf ist auch nicht viel besser.« Aufgeregt lief sie im Zimmer auf und ab. »Was Irina mir alles über die erzählt hat!« Irina war Carlas beste Freundin.
    »Woher weiß denn Irina etwas über Natascha Orlowski?«, fragte Hanno.
    »Ihr Mann ist doch ständig in St. Petersburg. Diese Person ist dort Tagesgespräch! Sie soll ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann haben, einem Verwandten des Zaren, sagt man. Ein Skandal ist das.«
    Hanno erinnerte sich dunkel, davon gehört zu haben, hatte es aber als Weibergewäsch abgetan. »Aber sie soll sehr schön sein …«, warf er zaghaft ein.
    »Schön, was heißt das schon!« In Carlas blassem Gesicht hatten sich rote Flecken gebildet. »Wir müssen das verhindern, Hanno«, sagte sie laut und stampfte mit dem Fuß auf. »Leopold darf diese Frau nicht heiraten. Sie wird ihn unglücklich machen.« Sie war den Tränen nahe.
    »Nun beruhige dich erst mal«, sagte Hanno und nahm seine aufgebrachte Frau in den Arm. »Leopold schreibt, dass er zurück auf Troyenfeld ist und uns morgen zum Mittagessen erwartet. Dann wird er uns alles erzählen.«
    »Musst du morgen nicht nach Königsberg?«
    »Ach Gott, ja, ich kann unmöglich den Termin bei der Bank ausfallen und Kölichen im Berliner Hof sitzen lassen. Er kommt extra aus Insterburg.«
    »Dann reite ich allein. Mit Mandy bin ich in fünfzehn Minuten dort. Ich muss so schnell wie möglich mit Leopold reden. Am besten sofort! Natascha Orlowski, das ist ein Albtraum.«
    »Bei dem Wetter? Bist du noch bei Trost?« Hanno wurde energisch. »Das erlaube ich nicht. Du wirst dir den Tod holen.«
    Es hatte zu regnen begonnen, und jetzt erst bemerkte Carla das klatschende Geräusch des gegen die Fensterscheiben prasselnden Wassers.
    »Wenn du darauf bestehst, allein zu gehen, nimmst du die Kutsche. Auf keinen Fall wirst du reiten, und schon gar nicht heute.« Hanno goss seiner Frau einen Cognac ein. »Trink das«, sagte er. »Einen guten Rat möchte ich dir mitgeben. Dein Bruder ist erwachsen. Überleg dir genau, was du über seine Braut sagst. Was du über sie weißt, ist nichts als Klatsch. Also sei vorsichtig.« Er erhob sich. »Lass uns zu Bett gehen.« Der Cognac und die Aufregung hatten ihn schläfrig gemacht. »Etwas Schlaf wird uns guttun.«
    Während sie sich auskleideten und auch als die Lampen längst gelöscht waren, hörte Carla nicht auf, über das in ihren Augen Entsetzliche zu lamentieren.
    »Gute Nacht, Liebes, schlaf gut«, sagte Hanno nur, und an seinen gleichmäßigen Atemzügen merkte sie kurz darauf, dass er tief und fest schlief.
    »Wie soll ich eine gute Nacht haben und auch noch gut schlafen«, dachte sie wütend, »der Mann hat vielleicht Nerven!«
    Sie wälzte sich hin und her, ihre Gedanken kreisten um die bevorstehende Hochzeit. Wie konnte sie Leopold nurdiese Frau ausreden? Als die Glocke an ihrer Hauskapelle zwölf schlug, nahm sie einen Löffel Baldriantropfen und fiel in einen unruhigen Schlaf.
    Als Carla erwachte, fühlte sie sich wie gerädert. Natascha Orlowski , war ihr erster Gedanke, eine Frau mit Vergangenheit. Einfach grauenhaft! Sie konnte nicht glauben, dass ihr Bruder nichts davon wusste. Sie musste ihm die Augen öffnen. Hastig kleidete sie sich an. Es war noch dunkel, und sie versuchte, so wenige Geräusche wie möglich zu machen. Hannos leises Schnarchen verriet ihr, dass er noch fest schlief. Bevor er aufwachte, musste sie mit Elfriede sprechen.
    »Du willst doch wohl deinen Bruder nicht zu nachtschlafender Zeit überfallen!« Hanno war hochgeschreckt. Das Geräusch ihres zu Boden gefallenen Kammes musste ihn geweckt haben.
    »Nein, nein.« Carla lächelte. »Ich werde noch zusammen mit dir frühstücken. Ich erwarte dich dann in der
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