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Sokrats für Manager

Sokrats für Manager

Titel: Sokrats für Manager
Autoren: Andreas Drosdek
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Untersuchungsgegenstände und seiner Neudefinition erstrebenswerter Ziele eine entscheidende neue und für Jahrtausende wichtige langfristige Sichtweise entwickelt. Diese unterschiedlichen Lehrgegenstände hat Sokrates nie formal gelehrt. Er hat auch selbst nichts zu seiner Methodik und Thematik niederge-schrieben, angeblich, weil er weder das eine noch das andere für so vollkommen hielt, dass es ein per-manentes, schriftliches Festhalten bereits verdien-te. So blieb den Schülern von Sokrates schon damals allein das Lernen an seinem Beispiel. Da uns durch Platon und andere Berichterstatter durchaus eindrucksvolle Beispiele von Sokrates’ Wirken überliefert wurden, können auch wir heute noch Schüler von Sokrates werden und ihn zu unserem Mentoren machen. Das soll hier nachfolgend geschehen. Wir wollen Sokrates’ Weisheit entdecken, uns durch sie inspirieren lassen und von ihr profitieren. Zu diesem Zweck wollen wir untersuchen, welche entscheidenden Wenden Sokrates in das westliche Denken einführte, und was wir aus ihnen lernen können.

    Die dreifache sokratische Wende
    Wir alle kennen die Kopernikanische Wende. Aber schon lange vor Kopernikus hat Sokrates eine entscheidende, dreifache Wende im Denken der Menschen herbeigeführt, eine Wende, ohne die wir heute wahrscheinlich in einer völlig anderen Welt leben würden. Zum einen hat Sokrates, wie Cicero später diag-nostizierte, die Philosophie »vom Himmel auf die Erde geholt«. Die meisten Philosophen vor Sokrates befassten sich mit buchstäblich kosmischen Fragen. Sie interessierten sich vor allem für das Universum und die Frage, wie alles entstanden ist und woraus sich alles zusammensetzt. Sokrates’ Überlegungen hatten einen radikal anderen Schwerpunkt. Entgegen den Trends seiner Zeit machte er den Menschen zum Fokus seiner Forschungen. Dabei war er pragmatisch. Es interessierte ihn weniger, wo der Mensch herkam. Sein grundsätzliches Interesse galt der Frage: Was stellt ein gelungenes Leben dar und wie können wir dieses erreichen? Sokrates Hinwendung zum Menschen kann uns wesentliche Anhaltspunkte für eine neue, zukunftsgerechte Menschenführung in einer Zeit bieten, in der der Mitarbeiter mit seinem Wissen und seiner Kreativität in den Mittelpunkt des Manage-mentinteresses rückt. Diese Hinwendung zu Fragen des echten menschlichen Erfolgs brachte eine noch über-raschendere Wende in Sokrates’ Denken mit sich. Statt sein vorgebliches Wissen mit allen Mitteln zu verteidigen, begann Sokrates, sich auf sein Nichtwissen zu konzentrieren. Was wusste er wirklich sicher? Was wusste überhaupt jemand genau? Als er mit dieser Frage an seine Mitbürger herantrat, erlebte er eine große Überraschung: Auf fasst alle wichtigen Fragen des menschlichen Lebens wussten weder er selbst noch seine angeblich hochkompetenten Gesprächspartner eine überzeugende Antwort. Also machte Sokrates es sich zu seiner Lebensaufgabe, Scheinwissen zu entlarven und Nichtwissen aufzudecken. Auch unsere heutige Welt ist von umfassendem Nichtwissen geplagt. Je mehr wir über die Zusammenhänge komplexer Systeme lernen, desto deutlicher wird, dass wir kaum in der Lage sind, Entwicklungen in unserer globalen Wirtschaftswelt mit ausreichender Sicherheit vorherzusehen. Gerade ein geschärftes Bewusstsein für solche Lücken in unserem Verständnis kann uns dabei helfen, produktiver an die ständigen Entscheidungen heranzugehen, die wir bei aller Unsicherheit kontinuierlich fällen müssen. Die dritte Wende in Sokrates’ Denken, neben der Hinwendung zum Menschen und zum Nichtwissen, war seine Überzeugung, dass das Ziel des menschlichen Handelns neu definiert werden muss. Es geht nicht um vorübergehende kurzfristige Erfolge, sondern um eine tiefgreifende Orientierung auf das, was Sokrates das Gute nannte. Zu einem geglückten Leben gehört ein unablässiges Streben nach dem, was nicht nur temporär angenehm und hilfreich ist, sondern nach dem, was langfristig und ganzheitlich zum Guten führt.

    Die erste Wende:
    Die Erkenntnis des Nichtwissens
    Das Orakel von Delphi
    Das Orakel von Delphi spielte eine wichtige Rolle in der Welt der Antike. Für die Griechen war es ei-ne wichtige, göttlich inspirierte Autorität. Für diese Überzeugung gab es durchaus entsprechende Er-folgsgeschichten. So riet das Orakel etwa den Athenern, sich hinter einer »hölzernen Burg« gegen die anstürmende Übermacht der Perser zu verteidigen. Der Athener Führer Themistokles interpretierte das
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