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Soko Mosel

Soko Mosel

Titel: Soko Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Notizbuch des Wachmannes fand er unter P eine vierstellige Nummer; es war der Pin seines Kontos oder Handys und der Schlüssel zu den geheimen Aufzeichnungen. Lorenz war ein wenig enttäuscht, dass es so leicht war.
    Der FARMERS-Ordner war überraschend umfangreich. Lorenz beschränkte sich auf die Dateien jüngeren Datums. Hauptsächlich enthielten sie Personalien und Hunderte von Autokennzeichen mit Uhrzeit und Datum. Der Mann hatte anscheinend jedes Fahrzeug notiert, das an der Fabrik vorfuhr, und mit den registrierten Nummern der Mitarbeiter verglichen. So war er wohl auf ihn gestoßen. Mit Hilfe der Funktion Suchbegriff stieß Lorenz vier Mal auf die Nummer des Autos seines Freundes Wieckmann, das er seit Monaten benutzte. Er veränderte die Nummern.
    Als er mit der Festplatte fertig war, wandte er sich einer Box mit Disketten zu.
    Lorenz zog einen Koffer vom Schrank und warf Kleidung, Toilettenzeug, Schuhe und was ihm sonst noch für eine Reise mitnehmenswert erschien, hinein. Durch seine vielen Dienstreisen hatte er reichlich Erfahrung im Packen. In einem Buch aus dem Regal fand er Schecks und zehn Hundertmarkscheine. Den spartanischen Kühlschrankinhalt stopfte er in eine Tüte. Im Bad hing über der Toilette ein Foto. Es zeigte eine Gruppe grinsender Polizisten in Uniform. Ein gelber Zettel pappte darauf. LECKT MICH AM ARSCH las Lorenz. Als er die handgeschriebene Notiz abriss, entdeckte er den Bulligen darunter. Er war etwas jünger und schlanker, hatte aber bereits den unverkennbaren Schnurrbart samt Narbe unter der Nase. Lorenz klebte den Zettel mitten auf den Tisch.
    Es begann zu dämmern, als er das Gebäude verließ. Die Tüte mit den Lebensmitteln warf er in den Container neben der Haustür. Unterwegs hielt er an einer Kleidersammelbox an. Er zog die schwarze Lederjacke aus und stopfte sie mitsamt den Kleidern aus dem Koffer in die Klappe. Es war kühl, gut dass er selbst noch eine Jacke mitgenommen hatte.
    Über die Grenze fuhr er bei Sonnenaufgang. Das war für ihn früher die schönste Zeit des Tages gewesen. Da fühlte er sich manchmal unbesiegbar. Besonders, wenn er vom Nachtdienst nach Hause fuhr und sich darauf freute, ins warme Bett zu kriechen, zu Isabelle …
    Er stellte den Wagen des Bulligen auf dem großen Parkplatz des Luxemburger Flugplatzes Findel ab. Der erste Linienbus brachte ihn zum Bahnhof in die Stadt. Den Koffer mit dem Toilettenbeutel ließ er im Bus stehen. Als er an einem Bahnhofskiosk die Kaffeetasse zum Mund führte, meldete sich der Schmerz wieder. Für einen Moment tat ihm jeder einzelne Knochen so weh, dass er hätte schreien können. Der Gedanke an Isabelle tröstete ihn.
    *
    »Gratulation!«, der Kollege hinter der Glasscheibe im Eingang des Präsidiums grinste breit. Die Schlappe von der Entführung hatte sich also bereits herumgesprochen.
    Harry und Walde ignorierten die Häme.
    Die Glastür glitt zu. Sie verzichteten auf den stark frequentierten Fahrstuhl und wandten sich zum Treppenhaus.
    Nach wenigen Stufen hörten sie lautes Geklapper. Das erste, was sie von der ihnen entgegen kommenden Person sehen konnten, waren die Schuhe. Ausgetretene, hochhackige Damenschuhe, die Fußspitzen nach außen gestellt, als ob jemand versuchte, eine Hühnerleiter vorwärts hinunterzusteigen.
    Beiden war sofort klar, wem sie in die Arme liefen. Sie hätten nicht erst die muskulösen Waden unter dem viel zu kurzen Rock abwarten müssen. Gabi von der Sitte kam ihnen säbelbeinig entgegen. Auf den ersten Blick wirkte sie wie ein Mann in Frauenkleidern. Nicht wie ein Transvestit. Der gab sich in der Regel mehr Mühe mit seinem Äußeren. Sie glich eher einem Akteur aus einem lieblos ausstaffierten Männerballett. Gabi verfügte über einen Händedruck, der Steine zum Weinen bringen konnte. Wirklich berüchtigt war ihr gefürchteter Schulterschlag, mit dem sie meist ahnungslose Kollegen begrüßte. Wer in einer friedlichen Gesprächsrunde in der Polizeikantine plötzlich das Gefühl hatte, von einem Baseballschläger im Kreuz getroffen zu werden, konnte sicher sein, das Klappern von Gabis Stöckelschuhen überhört zu haben.
    »Scheiße«, zischte Harry.
    »Kopf hoch, Jungs, einen Exhi zu schnappen, ist auch nicht schöner.«
    Was sie nicht erwähnte, war, dass es nichts Schlimmeres für einen Exhibitionisten geben konnte, als von Gabi erwischt zu werden.
    »He, ihr zwei, macht nicht so betrippelte Gesichter!«
    Die beiden schalteten die Ohren auf Durchzug.
    Oben hatte die
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