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Soehne des Lichts

Soehne des Lichts

Titel: Soehne des Lichts
Autoren: Alexandra Balzer
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Schwierigkeiten haben würde, sich zu erinnern, falls er es wirklich wollte.
    Als endlich ihr Werk getan war, löste sie erschöpft die geistige Verbindung. Warum sie das auf sich genommen hatte, sie wusste es nicht.
    „Du gefällst mir. Und du verwirrst mich. Wer hat dich gesegnet? Ti? Gewiss, aber was ist da noch? Du besitzt solch starke Erdmagie, warum hat Pya sie dir gegeben?“ Sie küsste zart seine Stirn und wandte sich wieder zum Fenster. Bevor sie sich zurück in eine Schlange verwandelte, betrachtete sie noch einmal die nun friedlich schlafende Gestalt. „Du gefällst mir ...“
     

 
29.
     
    „Leidenschaft ist, was eine Dunkle Tochter ausmacht. Leidenschaft ist, was sie von allen anderen unterscheidet. Was auch immer eine Hexe tut, es wird von Leidenschaft getrieben. Verwechsle aber nie Leidenschaft mit Fanatismus oder gar Wollust. Hexen lieben gerne, doch sie wissen sich zu beherrschen.“
    Yosi von Rannam, „Töchter der Dunkelheit“
     
     
    Stöhnend lehnte Inani sich zurück. Es war anstrengend, sich an ein Leben zu erinnern, das so verzweigt und bewegt gewesen war wie das ihre. Es noch einmal zu durchleben, die guten und die schlechten Tage ...
    Aus dieser Entfernung wirkte eigentlich alles wie ein einziger, langer, wirklich schlechter Tag. Sicher, die guten, die frohen Stunden, die schönen Augenblicke, sie waren da. Als sie Janiel im Turm besucht hatte, ihn von der Last des Krieges heilte, das war einer von solchen schönen Augenblicken gewesen. Doch die schweren Zeiten, die schmerzhaften Erinnerungen hatten einen viel tieferen Eindruck hinterlassen.
    „Ah, ich jammere“, rief sie und lachte über sich selbst. „Ich jaule wie das alte Weib, das ich eben geworden bin.“ Es schien ihr wie ein Wunder, was ihr Körper mit ihr machte. Jahrhundertelang war sie eine schöne starke Frau gewesen, und nun zerfiel die äußere Hülle. Ihr Lebenswerk war erfüllt. Sie drehte die knochigen Hände, von pergamentdünner Haut überzogen, versuchte, trotz ihrer stetig schwächer werdenden Sicht zu erkennen, wie sie verfiel.
    Draußen läuteten die Abendglocken zum Gebet. Roen Orm! Dieser Stadt hatte sie ihr Leben gewidmet. Ihre ganze Kraft, all ihre Taten und Entscheidungen, alle Wege hatten sich immer nur hier gekreuzt und stets hier das Ziel gefunden. Sie war froh, dass ihr Leben nun hier enden würde.
    Aber die Geschichte ihres Lebens war noch nicht zu Ende! Loéys würde bald kommen. Ihre Enkelin. Inani lachte leise, sie hatte damals viel auf sich genommen, um eine echte Hexengeburt zu erzwingen. Es war nicht gerne gesehen, dass eine Tochter der Dunkelheit schwanger wurde, allerdings auch keine Seltenheit. Meistens waren es magisch unbegabte Kinder, die dabei zur Welt kamen. Eine Schwangerschaft so zu planen, mit Magie nachzuhelfen, um die Geburt zur Hexenstunde stattfinden zu lassen, das war strikt gegen die Gesetze. Inani hatte so etwas weder gekümmert noch aufgehalten, sogar freiwillig auf den Thron der Hexenkönigin verzichtet. Sie hatte gewusst, dass sie ihr Kind auf diese Weise gebären und von Pya segnen lassen musste, und die Zeit hatte ihr Recht gegeben. Ihre Tochter war später dem Beispiel gefolgt, und Loéys war ebenfalls eine solche Hexengeburt gewesen.
    Doch sie griff vor, das war nicht die richtige Reihenfolge der Erinnerungen.
     
    Ah, der Winter war lang gewesen in diesem Jahr. Thamar hatte in einer winzigen Provinzstadt festgesessen, Corin hatte wunderschöne Monate bei den Elfen verbracht, während Inani sich in Roen Orm aufhielt. Ilat hatte an weiteren Feldzügen geplant, sich aber von Rynwolf überreden lassen, wenigstens bis zum Frühjahr zu warten. Als der Frühling kam, hatte Ilat aus irgendeinem Grund keine Lust mehr gehabt und überraschenderweise Unterhändler in jene Provinz geschickt, die er eigentlich hatte angreifen wollen. Irgendwann war Inani schließlich aus der Stadt geflohen. Sie hatte sich durch das Land treiben lassen, erfasst von einer seltsamen Unruhe, die sie zwang, zu laufen, egal wohin. Der Ort war gleichgültig, Hauptsache, sie musste niemals dort verharren, wo sie gerade war. Zerrissen war ihr Herz, von zu vielen Wünschen und Sehnsucht erfüllt. Wann immer es nötig schien, hatte sie in die Ordnung der Welt eingegriffen, so, wie es Pya gefällig war. Genau aus diesem Grund war sie nach Rannam gegangen ...
     
    Inani lächelte. Ja, das waren gute Zeiten gewesen! Wenn man genau hinsah, waren es eigentlich alles gute Zeiten gewesen, selbst die wirklich
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