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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Techniker und der Rest der Besatzung drängten sich stumm und erschrocken hinter ihm.
    Sie wußten alle, daß es ihre Pflicht gewesen wäre, Widerstand zu leisten. Sie waren dazu erzogen, dem Staat zu dienen und ihre eigenen Interessen, selbst ihr Leben hintenan zu stellen. Aber keine Ausbildung hatte sie je darauf vorbereitet, einer Horde verzweifelter, zu allem entschlossener Barbaren in die Hände zu fallen, einem Volk von Verurteilten, deren Zorn und Bitterkeit die marsianischen Gefangenen als kalte Drohung spürten.
    Coradis Blick glitt über die Menschen, die schweigend das havarierte Schiff umstanden.
    Halbnackte Krieger, immer noch mit Schwertern bewaffnet, obwohl sie inzwischen den Umgang mit Lasergewehren und Betäubungspistolen gelernt hatten. Eine Gruppe blonder, bärtiger Hünen - die Nordmänner. Jene anderen - schlanker, sehniger und weniger wild anzusehen - von denen Coradi wußte, daß die marsianischen Wissenschaftler Züge einer alten irdischen Rasse in ihnen gezüchtet hatten, die sich Kelten nannte. Zuchtergebnisse, das waren sie. Dazu bestimmt, für immer in der Spielzeug-Welt unter dem Mondstein zu leben, ohne zu ahnen, daß es außerhalb ihres Kerkers noch eine andere Welt gab.
    Und jetzt standen hier, mit geballten Fäusten und zornigen Augen, Erben der Erde, trotzten der gewaltigen Übermacht der Vereinigten Planeten, behaupteten sich zäh in einer fremden Welt und schleuderten dem Machtanspruch des Staates ihren Anspruch auf Freiheit entgegen - weil sie das waren, was die Wissenschaftler aus ihnen gemacht hatten.
    Coradi erschauerte.
    Sekundenlang sog sich sein Blick an der schlanken blonden Venusierin fest: Conal Nords Tochter Lara, die ein Kind in den Armen hielt - Charru von Mornags Kind. Andere Frauen standen neben ihr, andere Kinder. Der feingliedrige blonde Junge mit den gelben Katzenaugen und sein Bruder, der den gebrochenen Arm in der Schlinge trug, gehörten dem Volk der toten Stadt New York an. Der dunkelhäutige Mann mit dem lockigen blauschwarzen Haar hieß Yattur und war der einzige Überlebende aus dem Fischerdorf, das die Priester mit ihren Bomben ausradiert hatten. Sie alle wollten nur leben. Niemand konnte ihnen verdenken, daß sie diejenigen haßten, die ihnen dieses einfache Lebensrecht streitig machten.
    Die marsianischen Gefangenen spürten genau, wie viele ihrer Gegner fast am Ende der Beherrschung waren.
    »Ich kann nichts dafür«, wiederholte John Coradi heiser. »Ich habe selbst keine Erklärung. Das Schiff war in Ordnung. Und ich schwöre, daß ich Ihnen keine falschen Informationen gegeben habe.«
    Charru nickte nur.
    Er glaubte nicht, daß die Marsianer versucht hatten, ihn, Camelo und die anderen beim Start umkommen zu lassen. Sie hätten es gar nicht gekonnt. Zwischen der alten »Terra« und der »Solaris« lagen zweitausend Jahre Fortschritt, aber selbst jene wissenschaftlichen Wunder, die wie Zauberei anmuteten, waren den Menschen aus der Welt unter dem Mondstein nicht mehr völlig fremd. Beryl von Schun, der drahtige blonde Tiefland-Krieger mit seiner natürlichen Begabung für alles Technische, begriff mehr, als die Marsianer ahnten. Die Instrumente waren unbestechlich. Und unter den Augen von Shaara mit ihrem fotografischen Gedächtnis hatte es ganz sicher keine Chance gegeben, den Bordcomputer zu manipulieren.
    Charru fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn.
    Neben ihm kämpfte Camelo immer noch gegen den nachklingenden Schrecken. Unbewußt glitten seine Fingerkuppen über die Saiten der kleinen dreieckigen Grasharfe - eine charakteristische Gebärde. Unter dem Mondstein hatte er Pansflöten geschnitzt und Balladen gedichtet: Camelo, der Sänger, der das Leben leichter nahm als sein Blutsbruder Charru, der selbst im Kampf lachen konnte und nie aufhörte, den Zauber der Dinge zu sehen. Jetzt lag auch in seinen Augen etwas von der Bitterkeit, die der Preis ihrer Freiheit war, von dem Wissen, daß zu viele Menschen hatten sterben müssen für eine Hoffnung, die vielleicht schon morgen zerschellen würde.
    »Wir schaffen es trotzdem«, sagte Camelo gepresst. »Notfalls mit dem Schiff der Merkur-Siedler! Sie werden uns bestimmt nicht im Stich lassen.«
    Charru hob die Achseln. »Nein, das werden sie nicht. Aber sie würden vermutlich zweimal fliegen müssen, um uns alle aufzunehmen. Und ihre Fähre ist unbewaffnet.«
    Er brach ab, preßte die Lippen zusammen.
    Sein Gesicht verriet deutlich, daß es ihm widerstrebte, die Hilfe der Rebellen überhaupt in
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