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Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Titel: Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring
Autoren: Susanne U. Wiemer
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werden wir unserem Kind einen Namen geben können.«
    Charru lächelte. Sie hatten nie über diesen Punkt gesprochen. »Welchen Namen?«
    »Cora, wenn es ein Mädchen wird. Meine Mutter hieß Cora. Ich habe sie nicht gekannt.«
    »Und wenn es ein Junge wird?«
    »Erlend. So hieß dein Vater, nicht wahr? Wenn wir einen zweiten Sohn bekommen, werden wir ihn nach meinem Vater Conal nennen. Aber dieser Sohn soll Erlend heißen.«
    Charru nickte nur.
    Erlend, wiederholte er in Gedanken. Der Name des letzten Tiefland-Fürsten unter dem Mondstein. Ein Name, der ein Symbol dafür sein würde, daß sie die Ketten abgeschüttelt hatten, daß sie jetzt in Freiheit lebten.
    Sanft streichelte er Laras Haar.
    »Erlend oder Cora«, sagte er. »So soll es sein. Alles wird gut gehen, Lara. Und unser Kind wird nichts mehr von der Welt unter dem Mondstein wissen. Unser Kind wird frei sein.«
    »Ja«, flüsterte sie.
    Ihr Körper verkrampfte sich. Aber auf ihrem schmalen, blassen Gesicht lag immer noch das glückliche Lächeln.
    *
    Ciran duckte sich tief in den Schatten des Beibootes.
    Niemand achtete auf ihn. Seit der Konfrontation mit Charru ging jeder davon aus, daß er, Ciran, freiwillig aufhören würde, sich gegen die schmähliche Gefangenschaft zu wehren, weil er keine andere Wahl hatte. Aber der Junge dachte nicht daran. Er wollte fort. Zurück in die tote Stadt. Zu seiner Mutter, seinen Geschwistern, seinem Volk. Und zu Bar Nergal, der ein Gott von den Sternen war. Ciran wußte nicht genau, was er eigentlich von ihm erwartete, was ihn in seiner unverbrüchlichen Treue so sicher machte. Er wußte nur, daß die Legenden seines Volkes die Rückkehr der Götter geweissagt hatten, daß nach den Legenden alles besser werden sollte - und daß er immer von der Erfüllung dieser Prophezeiung geträumt hatte.
    Bar Nergal würde Charilan-Chis Volk aus der toten Stadt führen, irgendwann.
    Bar Nergal würde den Frieden bringen, auch wenn es jetzt noch nicht so aussah. Er konnte nicht anders handeln, als er es tat. Nicht, solange seine Feinde lebten. Ciran würde nie vergessen, was geschehen war, was sein Bruder Cris gesagt hatte, aber er wehrte sich mit aller Kraft gegen die Zweifel, weil das Wissen, so viel Blut für den Haß eines Wahnsinnigen vergossen zu haben, unerträglich gewesen wäre.
    Jetzt nutzte er die Tatsache, daß niemand auf ihn achtete.
    Langsam, so unauffällig wie möglich, näherte er sich dem Zelt, vor dem eine Gruppe Tiefland-Krieger miteinander debattierte. Cris hatte den Arm um die Schultern von Malin gelegt, die er liebte. Robin, der zwölfjährige Blinde, erzählte etwas, das vielleicht wieder mit seiner besonderen, nicht ganz erklärbaren Gabe der Voraussicht zusammenhing. Gerinth war dabei, Brass, Beryl, außerdem die beiden rothaarigen Tarether. Noch vor kurzem hatte sich Erein mit Cris einen erbitterten Kampf geliefert, weil Malin als Gillons zukünftige Frau galt. Jetzt schien dieser Punkt vergessen zu sein. Ciran spürte, daß sich sein Bruder die Achtung der anderen erworben hatte, daß er dazugehörte, und einen Augenblick empfand der Junge etwas wie Neid, weil er instinktiv erfaßte, daß diese Zusammengehörigkeit eine Sicherheit bot, die er selbst nie kennengelernt hatte.
    Eine Weile blieb er stehen und hörte dem Gespräch zu.
    Er hatte lange beobachtet und wußte, daß in dem leeren Zelt dort drüben eine Betäubungspistole lag. Es konnte nicht zu schwer sein, unauffällig hineinzugelangen. Ciran preßte die Lippen zusammen und wartete. Sein Bruder lächelte ihm zu, zögernd und unsicher. Cris hoffte immer noch, den Jüngeren überzeugen zu können. Ciran lächelte zurück. Ein paar Blicke hatten ihn gestreift, aber niemand schenkte ihm besondere Aufmerksamkeit.
    Für die Tiefland-Krieger bedeutete die Geburt von Laras Kind mehr als ein alltägliches Ereignis.
    Denn für sie war das Königtum von Mornag in all den Jahren mehr gewesen als eine von marsianischen Wissenschaftlern willkürlich eingesetzte Institution. Das Königtum von Mornag war das Symbol für die Freiheit der Stämme. Zweihundert Jahre lang hatten sich die Menschen des Tieflands unter der Führung der Mornag gegen die Priester behauptet. Der erste Tiefland-Fürst war es gewesen, der in der Welt unter dem Mondstein die Stämme zu einem Zeitpunkt einte, als die marsianischen Wissenschaftler einen erbitterten Machtkampf zwischen dem keltischen und nordischen Element erwarteten. Charru, der letzte Tiefland-Fürst, hatte den Weg aus dem
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