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Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring

Titel: Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring
Autoren: Susanne U. Wiemer
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fahrbaren Thron stand, und schließlich zu Chan hinüber.
    »Wir haben es geschafft«, bestätigte der Oberpriester. »Seht ihr nun, daß wir uns zu wehren wissen? Seht ihr, daß wir unsere Feinde zerschmettern können, wenn wir nur wollen?«
    »Wir sehen es, Herr«, murmelte Chan, während er das kastenförmige Gerät vorsichtig auf einen Mauervorsprung stellte.
    Bar Nergals dünnen Lippen verzerrten sich zu einem Lächeln.
    Mit einem Schritt stand er neben dem jungen Mann und legte ihm die knochige Rechte auf die Schulter. Tief verwurzelter Machtinstinkt ließ ihn erspüren, daß dies der Augenblick war, den anderen für immer an sich zu binden.
    »Chan hat es geschafft«, sagte der Oberpriester. »Er allein, denn ohne ihn wäre es uns nie gelungen. Wir alle haben dir zu danken, Chan. Von jetzt an wirst du an meiner Seite sein, und die Gurrst der Götter wird dich nie mehr verlassen.«
    Der Junge schluckte. Das Blut schoß ihm in die Wangen. Stolz vertrieb den Ausdruck von Zweifel und Furcht aus seinen Augen, als er den Kopf neigte.
    »Wie du befiehlst, Herr. Ich diene dir. Den Willen der Götter zu erfüllen, ist für mich die höchste Ehre.«
    »Danke, Chan! Danke! Und nun - fühlst du dich müde, oder bist du bereit, eine neue ehrenvolle Aufgabe zu übernehmen?«
    »Ich bin bereit, Herr.«
    Bar Nergal verbarg seinen Triumph.
    Immer noch lag seine Hand auf Chans Schulter. Der Blick der schwarzen, tiefliegenden Augen wanderte über die anderen und blieb schließlich an dem Tempeltal-Mann mit dem Namen Olant hängen.
    »Ich will Klarheit haben«, sagte der Oberpriester. »Ich will wissen, ob unsere Feinde, die anderen Feinde, wirklich nicht mehr leben. Es wird schwer sein, mit einem Flugzeug in jenem Tal auf der anderen Seite des Erdballs zu landen. Aber es ist möglich, und wir werden schaffen, was möglich ist. Bist du wirklich bereit, Chan?«
    »Ja, Herr.«
    »So wirst du starten. Und Olant wird dich begleiten, damit er sieht, wie viel er noch zu lernen hat, obwohl auch er ein Pilot ist.«
    Der Tempeltal-Mann duckte sich unter dem dolchscharfen Blick.
    Er hatte nie den Ehrgeiz gehabt, ein Pilot zu werden. Jetzt war er es wider Willen und zitternd bei dem Gedanken, daß er jemals in die Lage kommen könnte, allein mit einem der schrecklichen Flugzeuge fertig werden zu müssen. Du kannst es, hatte Chan gesagt. Olant dagegen erschien jeder seiner Versuche in der Erinnerung als Alptraum. Er war dankbar, daß er Chan nur begleiten mußte, daß er mit dem eigentlichen Flug und der Landung in dem Hochtal im Himalaya nichts zu tun hatte.
    »Bist auch du bereit, Olant?« fragte Bar Nergal mit einer Stimme, die jeden Widerspruch ausschloß.
    »Ich bin bereit, Herr«, sagte der Tempeltal-Mann.
    Aber er hatte das Gefühl, als habe er damit sein eigenes Todesurteil besiegelt.
    *
    Wie die Wogen eines gefrorenen Ozeans zogen sich die Gipfel der blauen Eisriesen dahin.
    Charru bediente die Steuerung des Beibootes. Camelo hatte die Strahlenschutz-Schirme aktiviert. Je näher sie dem Tal kamen, desto höher wurde die Konzentration der radioaktiven Stoffe. Der Geigerzähler arbeitete, und sein Ticken schwoll zum erregten Stakkato an, als die letzte Bergkette zurückblieb.
    Charru starrte gebannt in das Tal hinunter.
    Er konnte die Felswand sehen, hinter der sich das unterirdische Reich der Clones verborgen hatte. Die schwarzen, verkohlten Gestalten, die den Talgrund bedeckten wie achtlos weggeworfene Puppen. Und den Riß in der Wand. Einen breiten, klaffenden Riß, der sich von oben nach unten durch das Gestein zog, das offene Tor nicht mehr erkennen ließ und tief in den Bereich von Stahl und Technik schnitt, als hätten Gigantenfäuste den Berg zerschmettert.
    Die Festung war gefallen.
    Vielleicht, weil das Tor offengestanden hatte, vielleicht auch, weil nicht einmal der dickste Stahl der Zerstörungskraft einer Atombombe widerstehen konnte. Das Ende für ein ganzes Volk, für eine Rasse, die sogar die Große Katastrophe vor zweitausend Jahren überstanden hatte. Charru wußte, daß es keine Rolle spielte, ob das Schattenreich vollständig zerstört worden war oder nicht. Auf jeden Fall hatten sich die Clones nicht mehr gegen Strahlung und Hitze schützen können, und das war das Todesurteil für alle.
    Langsam folgte das Boot der abfallenden Linie der Hänge.
    Charru landete auf der grasbewachsenen Ebene mitten im Tal - oder vielmehr an der Stelle, die noch vor kurzem mit Gras bewachsen gewesen war. Jetzt dehnte sie sich
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