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Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt

Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt

Titel: Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt
Autoren: Susanne U. Wiemer
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machte sich seine eigenen Gedanken.
    *
    Mircea Shar lehnte mit verschränkten Armen an einem Felsen.
    Noch gestern hatte Charru in dem schweigsamen Tempelhüter einen Menschen gesehen, der ihm vielleicht helfen konnte, die Kluft zwischen den Priestern und den Tiefland-Kriegern zu überbrücken. Mircea Shar war jünger als Bar Nergal, dachte klarer und vernünftiger, war vor allem nicht gleichgültig gegen das Geschick der Menschen, die den Priestern so lange Jahre gedient hatten. Aber nicht einmal Mircea Shar konnte sich aus den uralten Ketten des Gehorsams befreien. Er hatte den Verrat nicht verhindert, und jetzt vermied er es, dem Fürsten von Mornag in die Augen zu sehen.
    »Du hast mit den Priestern und den Tempeltal-Leuten gesprochen, Mircea Shar«, sagte Charru ruhig.
    »Ja. « Der Tempelhüter nickte.
    »Sie können gehen, wenn sie wollen. Niemand zwingt sie, hier mit uns zu kämpfen oder zu sterben. Wenn sie sich ergeben, werden sie vielleicht am Leben bleiben.«
    Mircea Shar schüttelte den Kopf.
    »Sie wollen nicht«, sagte er leise. »Bar Nergal hätte zu den Marsianern fliehen können und ist als gebrochener Mann zurückgekommen. Jetzt fürchten sie das, was sie dort drüben erwartet, mehr als den Tod. Sie wollen sich nicht mehr ergeben, nicht einer.«
    »Nicht einer? Auch nicht Zai-Caroc?«
    »Auch nicht Zai-Caroc. Er haßt nicht wirklich die Tiefland-Krieger. Er hat Angst; seine Welt ist zerbrochen; er will nicht begreifen, daß seine Götter tot sind. Irgend jemanden muß er dafür hassen, und die wirklich Schuldigen sind zu weit weg.«
    »Und du, Mircea Shar?«
    Der Tempelhüter hob die Augen. Ihre Blicke kreuzten sich. »Ich wollte das Volk des Tempeltals retten. Die beiden Marsianer hatten uns Hilfe und Sicherheit versprochen. Deshalb.«
    Charru nickte.
    Gestern noch waren die Priester besessen von dem Gedanken gewesen, sich den Marsianern, den »Göttern«, zu Füßen zu werfen. Die Tiefland-Krieger hatten sie nicht gehenlassen können, weil sie wußten, daß Bar Nergal sie sofort verraten hätte, daß auch noch die letzte verzweifelte Hoffnung zerschellt wäre, die sich an das alte Schiff knüpfte. Jetzt gab es nichts mehr zu verraten, da die marsianische Armee in Sichtweite stand. Und jetzt wollten die Priester nicht mehr gehen, jetzt endlich begannen sie zu ahnen, welches Schicksal sie bei ihren vermeintlichen Göttern erwartete.
    Die bittere Ironie, die darin lag, ließ Charru den Kopf schütteln. Er wollte etwas sagen, doch im gleichen Augenblick wurde hinter ihm sein Name gerufen.
    Er wandte sich um.
    Sein Bruder Jarlon, Gillon von Tareth, Gerinth und Karstein kamen auf ihn zu. Und Camelo von Landre, dem er nicht ganz glaubte, daß die Bewegung seiner Schulterverletzung tatsächlich guttat. Alle vier wirkten erregt, und jenseits der Senke hatten sich die Wachen zwischen den Felsen aufgerichtet und starrten nach Süden.
    Charrus Magenmuskeln zogen sich zusammen.
    War es jetzt soweit? Warteten die Marsianer nicht einmal die Antwort auf ihr Ultimatum ab? Griffen sie an - ohne Rücksicht darauf, daß Lara Nord und Helder Kerr hier waren?
    »Der Gouverneur der Venus«, sagte Gillon gepreßt.
    Charru hob die Brauen. »Conal Nord?«
    »Ja. Er hat sich mit einem einzelnen Jet ziemlich nah herangewagt. Jetzt steht er neben dem Fahrzeug und scheint zu warten, bis wir von selbst darauf kommen, was er will.«
    Charru lächelte matt. »Es ist nicht schwer zu erraten, oder? Er will verhandeln, und er braucht keine Rückendeckung, weil er weiß, daß wir ihn wieder gehenlassen werden.«
    »Möglich«, sagte Camelo. »Aber vertrau' ihm nicht zu sehr, Charru! Seine Tochter ist hier und...«
    »Er weiß, daß wir sie nicht als Geisel benutzen.«
    »Aber er kann nicht gegen Jessardins Pläne handeln, nicht offen! Wenn es eine Falle ist...«
    »Es ist keine Falle.«
    Camelo stöhnte abgrundtief. Gerinth lächelte und klopfte ihm auf die unverletzte Schulter.
    »Bemüh dich nicht«, sagte der Alte ruhig. »Gegen den harten Kopf der Mornags wirst auch du nichts ausrichten.«
    »Aber es könnte eine Falle sein! Und wenn sie zuschnappt, ist es alles andere als gleichgültig, wer drinsitzt! Auf mich zum Beispiel könntet ihr viel eher verzichten als...«
    Er schwieg abrupt.
    Einfach, weil Charru nicht mehr zuhörte, sondern sich bereits abgewandt hatte und die Senke durchquerte. Camelo preßte die Lippen zusammen und atmete hörbar aus.
    »Ich habe recht«, knurrte er. »Du kannst sagen, was du willst, aber ich
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