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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben
Autoren: Ian Rankin
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war, sich an deren Suche zu beteiligen. Sie gehörten ihrer Vergangenheit an, und nur selten tauchten Menschen, die man von ehemaligen Ermittlungen her kannte, wieder auf. Der Beruf eines Polizisten brachte es zwangsläufig mit sich, dass man tief in das Leben anderer Leute eindrang – tiefer, als es manchen lieb war –, jedoch immer nur für kurze Zeit. Rebus hatte ihr einmal anvertraut, dass er sich von Gespenstern umgeben fühlte: zerbrochene Freundschaften und Beziehungen und dazu noch all die Opfer, deren Leben beendet worden war, ehe er sich für sie zu interessieren begann.
    Das kann einen total fertig machen, Shiv…
    Diese und andere Worte waren ihr bis heute im Gedächtnis geblieben:
in vino veritas.
Sie hörte im Schankraum ein Handy klingeln. Das veranlasste sie, ihr eigenes herauszuholen, um zu überprüfen, ob Nachrichten eingegangen waren. Aber sie hatte vergessen, dass man in diesem Raum keinen Empfang hatte. Die Oxford Bar befand sich nur wenige Gehminuten von den Läden der Innenstadt entfernt, dennoch war es im Nebenraum nicht möglich zu telefonieren. Die Bar lag versteckt in einer schmalen Nebenstraße. In den oberen Etagen des Hauses befanden sich Büros und Wohnungen. Dicke Steinmauern, erbaut, um Jahrhunderte zu überdauern. Sie hielt das Handy in verschiedene Richtungen, aber auf dem Display blieb hartnäckig die Meldung »Kein Empfang« stehen. Nun tauchte Rebus – ohne Getränke – in der Tür auf. Stattdessen schwenkte er sein Handy in ihre Richtung.
    »Wir werden gebraucht«, sagte er.
    »Wo?«
    Er ignorierte ihre Frage. »Haben Sie Ihr Auto dabei?«
    Sie nickte.
    »Besser, wenn Sie fahren. Gut, dass Sie nur Limonade getrunken haben.«
    Sie zog die Jacke an und schnappte sich ihre Tasche. Rebus besorgte sich beim Barkeeper Zigaretten und Pfefferminzbonbons, von denen er sich eins in den Mund steckte.
    »Ist das Fahrtziel etwa ein Geheimnis?«, fragte Siobhan.
    Er schüttelte den Kopf. »Fleshmarket Close«, antwortete er. »Da gibt’s zwei Leichen, die für uns vielleicht von Interesse sind.« Er zog die Tür auf. »Sind allerdings schon länger tot als der Typ in Knoxland…«
    Fleshmarket Close war eine schmale Fußgängergasse, die von der High Street bis zur Cockburn Street reichte. Rechts und links der Einmündung in die High Street befanden sich ein Pub und ein Fotogeschäft. Es gab weit und breit keine freie Parklücke, deshalb bog Siobhan in die Cockburn Street ein und stellte den Wagen vor der Ladenzeile ab. Sie überquerten die Straße und gingen in die Fleshmarket Close hinein. An diesem Ende gab es an der Einmündung auf der einen Seite einen Buchmacher und auf der anderen ein Geschäft, das Kristalle und so genannte Traumfänger verkaufte. Das alte und das neue Edinburgh, dachte Rebus. Der zur Cockburn Street gelegene Teil der Gasse war Wind und Wetter ausgesetzt, in der anderen Hälfte erhob sich ein fünf Stockwerke hohes Gebäude, vermutlich mit Wohnungen. Die dunklen Fenster schienen düster auf das Treiben unten zu starren.
    In der Gasse gab es mehrere Türen. Eine führte wohl zu den Wohnungen und eine andere, direkt gegenüber, zu den Leichen. Rebus erkannte ein paar Gesichter vom Tatort in Knoxland wieder: weiß gekleidete Männer von der Spurensicherung und Polizeifotografen. Die Tür war schmal und niedrig, erbaut vor langer Zeit, als die Bewohner der Stadt noch sehr viel kleiner als heutzutage gewesen waren. Rebus duckte sich beim Hineingehen. Siobhan folgte dicht hinter ihm. Um die Beleuchtung zu verbessern, die von einer schwachen Vierzig-Watt-Birne an der Decke kam, stand eine Bogenlampe bereit, für die allerdings noch ein Verlängerungskabel besorgt werden musste.
    Rebus blieb an einer der Wände stehen, bis ihn jemand von der Spurensicherung zu sich rief.
    »Die Leichen liegen hier schon eine Weile; Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass Sie irgendwelche Spuren vernichten.«
    Rebus nickte und ging zu dem kleinen Kreis aus weißen Overalls. Zu Füßen der Männer gähnte ein Loch im Betonboden. Dicht daneben lag eine Spitzhacke. In der Luft schwebte immer noch Staub.
    »Der Betonboden sollte entfernt werden«, erklärte jemand. »Sieht nicht so aus, als wäre er besonders alt, aber man wollte aus irgendeinem Grund den Boden absenken.«
    »Wozu dient dieser Raum?«, fragte Rebus und schaute sich um. Kisten auf dem Boden, Kartons in einem Regal. Alte Fässer und Werbeschilder für Bier und Whisky.
    »Als Vorratslager des Pubs über uns. Jenseits der
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