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So sinnlich wie dein Kuss

So sinnlich wie dein Kuss

Titel: So sinnlich wie dein Kuss
Autoren: Yvonne Lindsay
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nicht beim Essen bleiben musste. Sie spürte, wie sich ihre Muskeln vor Erwartung anspannten. Sie zwang sich zu einem charmanten Lächeln. So schwierig hatte sie sich ihren Auftrag nicht vorgestellt!
    Auf der Fahrt nach Hahndorf gingen ihr Charles’ Worte nicht aus dem Kopf. Ich muss meinen Sohn wiederhaben. Unerwartete Wut stieg in ihr auf. Vor lauter Besessenheit, was seinen verlorenen Sohn anging, vergaß er völlig, dass er auch eine Tochter hatte! Eine Tochter, die von Wein und Vertrieb fast noch mehr verstand als er selbst. Eine Tochter, die sich schon ihr ganzes Leben lang darum bemühte, die Leere auszufüllen, die Cynthia und Judd in seinem Herzen hinterlassen hatten.
    Zum wiederholten Male fragte sich Anna, was genau in dem Brief stand. Sie wusste, dass Charles seinem Sohn darin einen Anreiz bot, damit er zurückkam – aber was das im Einzelnen war, konnte sie nur ahnen. Was bedeutete das für die Schwester, die sich an Judd nicht einmal erinnerte? Die hart arbeitete, um es ihrem Vater recht zu machen? Die sich nach seiner Anerkennung und Liebe sehnte?
    Anna ließ nichts auf Charles kommen, schließlich war er die einzige Vaterfigur in ihrem Leben. Aber jetzt hatte sie Angst, dass er den Bogen überspannte und womöglich die Beziehung zu Nicole für immer zerstörte.
    „Was arbeitest du, wenn man dich sogar im Urlaub anruft?“ Judds Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Vor dieser Frage hatte sie schon die ganze Zeit Angst gehabt.
    „Oh, ich bin Sekretärin“, antwortete sie unverbindlich.
    „Aber eine ziemlich wichtige, ohne die der Chef nicht klarkommt“, mutmaßte er.
    Anna gelang ein Lächeln. „Ich arbeite für ihn, seit ich mit der Schule fertig bin. Wir stehen uns näher als es sonst üblich ist.“
    Einen Moment sah Judd sie durchdringend an, dann achtete er wieder auf den Straßenverkehr. Als sie Hahndorf erreichten, fuhr er langsamer, und Anna konnte einen Ausruf des Entzückens nicht unterdrücken.
    Entlang der Hauptstraße standen mächtige alte Bäume und altmodische Häuschen aus längst vergangenen Tagen. Nur die moderne Kleidung der Menschen und die Autos verrieten, dass sie sich nicht auf einer Zeitreise befanden.
    Judd parkte den Aston Martin und ging zur Beifahrerseite, um ihr die Tür zu öffnen.
    „Wenn ihr euch so nahesteht, wundert es mich, dass er dich überhaupt aus den Augen gelassen hat.“
    „Ich kann doch tun und lassen, was ich will!“
    „Freut mich, das zu hören“, sagte Judd, nahm ihre Hand und legte sie fest in seine Armbeuge. „Ich teile nämlich nicht gern.“
    „Ich dachte immer, nur Einzelkinder sind so.“ Sie lachte und versuchte, die plötzliche Wärme zu ignorieren, die seine Worte in ihr ausgelöst hatten.
    „Wie kommst du darauf, dass ich keines bin?“
    Sie erschrak bis ins Mark. Verzweifelt überlegte sie, ob nicht irgendjemand in Adelaide ihr gegenüber seine Familienverhältnisse erwähnt hatte – aber das war nicht der Fall.
    „Oh, keine Ahnung. Ich habe nur angenommen, dass du mit deinen vielen Cousins das Teilen gelernt hast.“
    Sie hielt den Atem an, während sie auf seine Reaktion wartete.
    Glücklicherweise lachte er. „Ja, eine naheliegende Schlussfolgerung.“
    „Also, bist du ein Einzelkind?“, fragte sie. Wie fühlte er sich – mit einer Schwester, die er seit vielen Jahren nicht gesehen hatte?
    Er zuckte die Achseln. „Das ist kompliziert. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich sechs war und meine Schwester erst ein Jahr. Wir wurden aufgeteilt …“
    „Seltsam, dass dein Vater nur deine Schwester behalten hat.“
    „Er wollte mich nicht.“
    Diese einfachen Worte verrieten so viel Schmerz, dass es ihr tief ins Herz schnitt. Sie wollte widersprechen, ihm versichern, dass Charles ihn durchaus wollte – aber das ging ja nicht.
    „Hast du je versucht, Kontakt zu deiner Schwester aufzunehmen?“
    „Wieso fragst du?“
    „Ach, nur so. Vielleicht weil ich gern Geschwister hätte.“
    „Ja, so sind wir Menschen. Immer will man das, was man nicht hat.“
    Sie nickte nur. Schade, dass er ihrer Frage ausgewichen war …
    Zusammen gingen sie über den schattigen Gehsteig und sahen sich die Geschäfte und Galerien an. Dann überquerten sie die Straße und setzten sich in einem gut besuchten Restaurant unter einen der Sonnenschirme an einen Tisch. Anna löste ihren Knoten und schüttelte ihr Haar. Als sie Judds bewundernden Blick bemerkte, schlug ihr Herz unwillkürlich schneller.
    „Möchtest du eine Speisekarte?“,
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