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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot
Autoren: Jane Withcomb
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auf der seidenen Decke ineinander gefaltet.
       Viele Kerzen standen um sie herum und verwandelten die Tafel in einen Altar, auf dem das Opfer bereits auf seine Peiniger wartete. Ein Grauen ging davon aus, das unwirklicher erschien als der furchtbarste Alptraum.
       „Alanis“, flüsterte Melanie tonlos. Sie wusste nicht, ob die Schwester tot war oder nur betäubt. Totenblass sah ihr schönes Gesicht aus. Die Augen hatte sie geschlossen, aber sie sah ganz entspannt aus. Ihre Lippen waren fast weiß.
       Dann entdeckte Melanie das Blut an der Schläfe, das auch die Haare verklebt hatte. Es war längst getrocknet und hatte die Wunde wieder geschlossen. Für einen kurzen Moment durchzuckte sie ein Bild, das ihr Übelkeit verursachte. Sie sah Mr. Patterson, der einen Stock erhob und damit gnadenlos auf das wehrlose Mädchen einschlug.
       Langsam beugte sich die Frau zu der Liegenden hinunter. „Sag doch was, Liebes“, schluchzte sie. „Bitte, mach die Augen auf. Ich hab dich doch lieb.“ Sie hob die Hand und streichelte über das kühle Gesichtchen.
       „Sie wird dir nicht mehr antworten.“ Die Stimme kam aus der Dunkelheit, aus der sich jetzt ein schattenhafter Körper löste und auf sie zukam. „Sie ist tot, es war ein Versehen.“ Die Worte klangen fast traurig.
      Melanie zuckte zusammen. Ihr Blick suchte den Sprecher, dessen Stimme ihr bekannt vorkam. „Wo sind Sie?“ Atemlos wartete sie auf die Antwort.
       Schweigen breitete sich aus, das von leisen Schritten unterbrochen wurde, die sich ihr näherten. Dann erkannte sie ihn. Es war tatsächlich Mr. Patterson. Sein Gesicht war starr wie eine Maske, seine großen Augen schienen von innen heraus zu glühen.
       „Barbara“, flüsterte er und starrte sie an. „Du bist wieder da, Barbara. Jetzt, da es zu spät ist, stehst du reumütig vor mir.“ Er hob beide Arme und wollte sie an sich ziehen.
       Melanie wich zurück. „Ich bin nicht Barbara“, sagte sie. „Ich bin Melanie.“
       „Sie ist tot. Das Mädchen ist tot. Ich wollte es nicht umbringen. Sie ist die falsche gewesen.“ Die Mundwinkel des Mannes zogen sich ein wenig nach unten, er begann, verhalten zu schluchzten.
       Das Entsetzen in Melanie wurde unerträglich. Es war zu viel Leid auf einmal. Sie spürte, wie die Beine unter ihr nachgaben. Das letzte, das sie noch denken konnte war, dass ihre kleine Schwester tot war. Dann wurde es Nacht um sie.
       Ein süßer Geruch drang in ihr Bewusstsein. Sie fühlte sich kalt und müde, schaffte es nicht, die Augen zu öffnen. Der Geruch wurde intensiver, beißender.
       Jetzt gelang es ihr, die Lider zu heben. Es war nicht dunkel und nicht hell. Ihr Blick fiel auf ein Tischchen, das vor einem großen Spiegel stand. Es war voll brennender Stumpenkerzen, die sich im Spiegel vervielfältigten.
       Mit einem Schlag war auch die Erinnerung wieder da – der Tisch – Alanis – tot. Der Mann, der ihr die grausame Wahrheit gnadenlos mitgeteilt hatte und dann in Weinen ausgebrochen war – befand er sich auch in diesem Raum?
       Suchend schaute sich Melanie um, ohne ein Geräusch dabei zu verursachen. Jetzt erst erkannte sie, dass sie sich in einem Schlafzimmer befand. Sie lag in einem Doppelbett und hatte ein zartes Spitzennachthemd an. Also musste Mr. Patterson sie umgezogen haben.
       Ihre Angst war kaum mehr zu steigern. Was hatte der Mann mit ihr angestellt, was hatte er vor mit ihr? Wollte er sie umbringen genau wie Alanis?
       „Du bist wach, Barbara Darling.“ Lächelnd, mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern in den Händen, betrat Charles Patterson das Zimmer. „Wir wollen deine Rückkehr feiern.“ Sein Blick war verschleiert, und obwohl er sie anschaute merkte sie, dass sein Blick ins Leere ging.
       „Lassen Sie mich in Ruhe, Mr. Patterson.“ Ihre Stimme klang kräftig und entschlossen, obwohl sie vor Angst zitterte. „Ich bin nicht Barbara.“
       „Ich weiß, mein Liebling.“ Er lächelte, dann stellte er die Flasche und die Gläser auf den Tisch zu den Kerzen. „Das macht nichts, Hauptsache wir sind zusammen. Lass uns Abschied feiern, dann gehen wir gemeinsam dahin zurück, woher du gekommen bist.“
       „Ich bin nicht zu Ihnen gekommen, Mr. Patterson“, jammerte Melanie verzweifelt. „Ich habe meine Schwester gesucht. Sie haben Alanis umgebracht. Warum denn?“, schluchzte sie. Hastig schwang sie ihre langen Beine aus dem Bett und bemerkte erschrocken, dass es ein sehr langes
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