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So muss die Welt enden

So muss die Welt enden

Titel: So muss die Welt enden
Autoren: James Morrow
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Arzneikasten findet man Penicillin-G-Tabletten, Tetanustoxoidimpfstoff, Hydrokortison und zur Anästhesie eine Flasche Lachgas. Und natürlich enthält jeder Tornister einen Artikel aus unserem Basissortiment an Selbstverteidigungswaffen. Gary führt ein zerlegtes leichtes Armalite-Sturmgewehr AR-Einhundertachtzig. Es verschießt… Erklär’s unserem Kunden, Gary.«
    »Die Fünf-Komma- Sechsundfünfzig-Millimeter- Standardmunition des Militärs der Vereinigten Staaten. Die effektive Reichweite beträgt vierhundert Meter.«
    »Ganz genau richtig. Und unser Lance hier hat alle Teile für ein Gewehr Remington Achthundertsiebzig Kaliber Zwölf dabei. Am nützlichsten von allem« – Johns Hand strich über Nickis Tornister – »ist das schwere Sturmgewehr Heckler & Koch HK Einundneunzig mit abklappbarem Kolben. Das ist die Waffe, die du mit Hollys Montur bekommst. Effektive Reichweite achthundert Meter.«
    George mußte zugeben, daß ihm gelegentlich sorgenvolle Gedanken an einen nuklearen Schlagabtausch durch den Kopf gingen und er dann nicht wußte, was zu seiner Beruhigung beitragen könnte. Sich von dieser Furcht, die ihn in den unvermutetsten Momenten packte, einfach freizukaufen, wäre eine wunderbare Errungenschaft. Wenn es gelang, jeden Monat einhundert Dollar von Justines Gehalt abzuzweigen, sprach alles dafür, so eine Montur unter den Weihnachtsbaum zu legen.
    »Kann ich ihn nach Hause mitnehmen, wenn ich heute die erste Rate zahle?«
    Auf Johns Gesicht erschien ein einstudiertes Lächeln. »Freilich kannst du ihn mit heimnehmen. Mann, als nächstes wirst du eine Montur für deine Schöne bestellen, und danach eine für dich, und von da an wirst du erheblich besser schlafen. Denkt ihr an weitere Kinder?«
    »Gesprochen haben wir darüber, ja.«
    »Also halt dich ran.«
    George zückte sein Scheckheft. John spielte mit dem Kaufvertrag.
    »Es ist wie in der Fabel von der Grille und der Ameise«, sagte der ARES-Monturen-Händler. »Die Grille vergeudet den ganzen Sommer mit Singen und Spielen, sie macht sich ’ne tolle Zeit – etwa so ähnlich wie hier dein versoffener Chef –, während die Ameise sich den Arsch abrackert, um Nahrung zu sammeln. Und als der Winter anbricht, möchte die Grille von den Vorräten der Ameise was abhaben. Natürlich sagt die Ameise der Grille, sie soll sich ins Knie ficken. Tja, wenn du mich fragst, in Wirklichkeit hat der alte Äsop ’ne Fabel über Nuklearkonflikte geschrieben. Aber einen Fehler hat er begangen. Weißt du, wie er sie hätte nennen sollen?«
    »Wie denn?«
    »›Die Fabel von der Grille und der Küchenschabe.‹«
    Und so wurde George Paxton zum glücklichen Besitzer einer Autarkes-Rettungs-und- Einsatz-System-Montur.

 
KAPITEL 2
     
    Worin der Tochter unseres Helden die Wahrheit über Seemöwen erspart bleibt

Wie sich erwies, hätte George für den Einkauf einer ARES-Montur keinen ungünstigeren Tag aussuchen können. Am Morgen desselben Tags verlor nämlich seine Frau ihren Arbeitsplatz, weil sie eine Tarantel zerklatschte.
    Ihre Stelle bei der Fa. Freund des Menschen, einer konzessionierten Heimtierhandlung im Wildgrover Einkaufszentrum, hatte Justine noch nie so recht behagt. Die Tätigkeit umfaßte alle Nachteile der Arbeit in einem Waisenhaus und kaum welche ihrer netten Seiten. Justine hatte das Gefühl, daß kein Kätzchen, kein Welpe je an einen passablen Halter geriet; sie begegnete sogar den Motiven jeder Person mit Argwohn, die bei der Fa. Freund des Menschen kaufte, solange es zahlreiche, für Tiere seelisch gesündere, allerdings weniger bequem erreichbare Örtlichkeiten gab, wo man ein Schoßtier ausfindig machen konnte: Gehöfte, Züchter, ja die Straße. Und natürlich hausten stets viele Tiere im Geschäft, die überhaupt kein Zuhause fanden, jede Woche an Alter zulegten und deutlich an Putzigkeit abnahmen, deren Leben auf ihre Glaskäfige beschränkt blieb (die die Betreiber der Ladenkette als ›Milieus‹ bezeichneten), bis der Tag kam, an dem Harry Sweetser sie zum Firmenhauptsitz zurückverfrachtete, wo sie weiß Gott welches Schicksal erwartete. Diese unverkäuflichen Geschöpfe bedeuteten für Justine eine ständige Versuchung, aber George wollte keine Tiere mehr in einem Haus, in dem die nichtmenschliche Bewohnerschaft schon bei sechs lag.
    Der fette Bub hätte gerne die Tarantel gehabt, wollte sie wirklich sehr, und anscheinend widerte diese Idee seine Mutter weit weniger an, als es bei anderen Müttern der Fall gewesen wäre.
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