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So hoch wie der Himmel

So hoch wie der Himmel

Titel: So hoch wie der Himmel
Autoren: Nora Roberts
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auf die braungebrannte Wange. »Machen Sie sich keine Gedanken, Mr. Templeton.«
    »Es fällt mir schwer, zu akzeptieren, dass mein Baby inzwischen erwachsen ist und ein anderer Mann an meine Stelle tritt.«
    »Das könnte er niemals. Niemand wird das schaffen. Aber ich verstehe Sie. Auch für mich ist es nicht leicht. Ich habe mir den ganzen Tag selbst leid getan, statt mich für sie zu freuen.«
    Im Flur wurden schnelle Schritte laut. Kate mit ihrer Kamera, dachte Margo, oder ein Dienstbote, dem in letzter Minute noch eine Kleinigkeit eingefallen war. Es waren immer Menschen in Templeton House, überlegte sie, stets war das Gebäude von Geräuschen, Bewegung und Licht erfüllt. Man fühlte sich hier nie einsam.
    Bald ginge sie fort von hier, wäre zum ersten Mal auf sich gestellt. Doch neben ihrer Angst nahm sie eine beinahe schwindelerregende Freude wahr. Wie bei ihrem ersten Schluck aus dem Champagnerglas, als das vollmundige Prickeln auf ihrer Zunge zerbarst. Wie bei ihrem ersten Kuß, als ihr Mund auf ein weiches, begehrliches Lippenpaar gestoßen war.
    Und sicher gäbe es noch unendlich viele andere Neuheiten zu erleben.
    »Alles ändert sich, nicht wahr?«
    »Nichts bleibt immer dasselbe, egal, wie sehr man es sich bei manchen Dingen wünscht. In ein paar Wochen werdet du und Kate auf dem College und Josh wieder an der Uni sein. Laura ist dann eine Ehefrau, und Susie und ich bewohnen dieses Haus allein.« Was einer der Gründe dafür war, dass das Ehepaar eine erneute Europareise in Erwägung zog. »Ohne euch lebt es sich hier zu still.«
    »Das Haus wird für alle Zeit bleiben. Das ist ja gerade das, was es so herrlich macht.« Wie sollte sie ihm sagen, dass sie noch heute abend davonziehen würde in Richtung einer Zukunft, die sie so deutlich wie ihr eigenes Gesicht im Spiegel vor sich sah. »Der alte Joe wird weiterhin seine Rosenbüsche pflegen, Mrs. Williamson weiter in der Küche regieren; Mum kümmert sich in alle Ewigkeit um das Silber, weil sie denkt, dass es außer ihr niemand richtig kann; Mrs. Templeton wird Sie jeden Morgen auf den Tennisplatz zerren und Ihnen zeigen, was eine Harke ist! Sie selbst werden weiterhin ständig am Telefon hängen und Termine koordinieren oder Befehle bellen.«
    »Ich belle nie«, widersprach er mit blitzenden Augen.
    »Sie bellen immer, was eins der Dinge ist, die ich an Ihnen so sympathisch finde.« Am liebsten hätte sie geweint, weil ihre Kindheit, von der sie gedacht hatte, dass sie niemals enden würde, so schnell vergangen war. Weil dieser Teil ihres Lebens unwiderruflich dem Gestern angehörte, obgleich sie selbst stets auf das Erwachsenwerden so versessen gewesen war. Weil sie zu feige war, ihm zu sagen, dass sie ihr Heim verließ. »Ich liebe Sie, Mr. Templeton.«
    »Margo.« Da er ihre Rührung falsch verstand, küßte er sie zärtlich auf die Stirn. »Nicht lange, und ich gehe mit dir an meinem Arm das Kirchenschiff hinab und übergebe dich einem attraktiven jungen Mann, der sicherlich nicht gut genug für dich ist.«
    Sie zwang sich zu lachen, denn wenn sie jetzt weinte, verdürbe sie ihm bestimmt den Augenblick. »Ich heirate niemanden, der nicht genauso ist wie Sie. Aber jetzt müssen wir los. Laura erwartet Sie bereits.« Sie trat einen Schritt zurück und sagte sich, dass er nicht ihr, sondern Lauras Vater war. Dass dies nicht ihr großer Tag, sondern der von Laura sein sollte. »Ich sehe mal nach, ob die Wagen schon vorgefahren sind.«
    Eilig huschte sie die Treppe ins Foyer hinab. Und dort traf sie Josh, in seinem umwerfenden Frack, der sie grimmig anfunkelte. »Fang jetzt bloß keinen Streit mit mir an«, zischte sie. »Laura kommt jeden Augenblick.«
    »Ich hatte gar nicht vor, mit dir zu streiten. Aber wir beide sprechen uns noch.«
    »Wie du meinst!« Ganz sicher spräche sie nicht mit ihm. Sobald das letzte Reiskorn durch die Luft geflogen wäre, machte sie sich unauffällig aus dem Staub. Sie trat vor den Spiegel und rückte mechanisch den breiten, blauen Rand des Hutes, den sie trug, zurecht.
    Dies ist die Garantie für meinen Ruhm und meinen Reichtum, überlegte sie, und studierte ihr Konterfei. Damit würde sie es schaffen; entschlossen reckte sie das Kinn und war überzeugt, am Anfang einer großen Karriere zu stehen.

1
    Zehn Jahre später
    Margo stand auf den wilden, zerklüfteten Klippen über dem rastlosen Pazifik und schaute zu, wie der Sturm schwarze Wolken über den Himmel trieb, deren Massen auch den letzten Funken Sternenlicht
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