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Snuff: Roman (German Edition)

Snuff: Roman (German Edition)

Titel: Snuff: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Palahniuk
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Arm um die Schultern. Die Maschen ihres Pullovers zittern. Ich schlinge den anderen Arm um sie herum, bis ich sie fast ganz umhülle. Bis sie zu zittern aufhört. Mein Kinn auf ihrer Schulter, ihr Kopf an meiner Brust, blicke ich nach unten und sehe die Schrift auf meinem Arm.
    Ich streichle ihr mit einer Hand übers Haar und sage: »In Wirklichkeit heiße ich nicht Nummer 72...«
    Also ich weiß nicht.
    Abgestorbene Schuppen von ihrem Kopf kleben an meiner Hand und rieseln zu Boden. Das Stoppuhrmädchen zerbröselt. Ich rieche an meinen Fingern und sage, der Duft ihres Shampoos gefällt mir. Ich sage, wenigstens sie kennt ihre richtige Mutter. Ihre Stoppuhr liegt kalt an meinem Nabel. Ich halte sie, bis sie wieder gleichmäßig atmet, und frage, wie sie heißt.
    Und das Mädchen weicht ein wenig zurück. Das silberne Kreuz an meiner Halskette klebt an ihrer Wange, hat sich in die Haut gedrückt. Sie weicht zurück, und die Goldkette hängt zwischen uns, verbindet uns beide. Noch ein Atemzug, und das Kreuz schält sich ab, fällt auf meine Brust zurück und hinterlässt einen roten Abdruck in ihrem Gesicht.
    Ihre Stoppuhr hat eine runde Uhrform um meinen Nabel geprägt.
    Immer noch in meinen Armen, sagt sie: »So sehr hat meine Mutter mich gehasst...« Sie sagt: »Ich sage den Leuten, dass ich Sheila heiße, aber nur, weil meine richtige Mutter mir den hässlichsten Namen gegeben hat, der ihr einfiel.«
    Den Namen auf ihrer Geburtsurkunde, bevor Cassie Wright sie weggegeben hat.
    Sie wischt sich mit dem Zeigefinger die Tränen von den Wangen, schnell wie Scheibenwischer, und sagt: »Das Miststück hat mich Zelda Zonk genannt.« Sie lächelt und sagt: »Das nenne ich Hass.«
    Solange ich sie so in den Armen halte, spielt es keine Rolle, dass ich außerhalb dieses Augenblicks, außerhalb dieses Raums nichts besitze. Dass ich keine Ahnung habe, wie ich wirklich heiße oder wer ich bin. Hier und jetzt reicht es mir, ihren Pullover an meiner Haut zu spüren.
    Und dieser Dan Banyan sagt: »Hast du gesagt ›Zelda Zonk‹?« Nummer 137 lächelt und sieht mit seinem Ohr zu uns rüber und sagt: »Hat sie dich wirklich Zelda Zonk genannt?« Und dann fängt er kopfschüttelnd zu lachen an.
    Und ich sage, mein richtiger Name ist Darin, Darin Johnson, und halte Zelda fest, bis ihre Wange sich wieder an das Kreuz auf meiner Brust schmiegt. Bis ihre Stoppuhr wieder an meine Bauchwand tickt.

30
     
    Mr. 137
     
    Die Castingleiterin von Metro-Goldwyn-Mayer lehnte Roy Fitzgerald dreimal ab. Als sie ihn bat, in ihrem Büro ein paar Schritte zu gehen, stolperte der Schauspieler, stolperte so oft, dass sie fürchtete, er werde die Glasplatte ihres Sofatischs zertrümmern. Fitzgerald, ein ehemaliger Marinesoldat, der jetzt als Lkw-Fahrer arbeitete und tiefgefrorene Möhren auslieferte, zeigte zu viel Zahnfleisch, wenn er lächelte. Und das Schlimmste: Er kicherte. Fitzgerald sprach mit der Piepsstimme eines kleinen Mädchens, und jedes Mal, wenn er stolperte, kicherte er.
    Niemand wollte der großen Heulsuse eine Rolle geben, bis sein Agent Henry Willson ihm beibrachte, seine Lippen beim Lächeln an die Zähne zu pressen. Willson brachte Fitzgerald mit einem Schauspieler in Kontakt, der gerade Mandelentzündung hatte. Als Fitzgerald sich angesteckt hatte und sein Hals stark entzündet war, wies der Agent ihn an, so lange laut zu schreien, bis seine Stimmbänder einen dauerhaften Schaden davontrugen. Von da an war seine Stimme tiefer, ein raues Knurren. Eine Männerstimme. Und er legte sich einen neuen Namen zu: Rock Hudson.
    Es gefällt mir, dass Cassie Wright diese Anekdote aus der Geschichte Hollywoods kannte. Dass wir beide gemeinsam so viele solcher Sachen wussten – über Tallulah, die zerstoßene Eierschalen trank, oder Lucy, die ihre Gesichtshaut nach hinten zog -, das war es, was meine Liebe zu ihr geweckt hatte. Die meisten Ehen gründen auf sehr viel weniger.
    Cassie wusste, dass Marilyn Monroe unterschiedlich hohe Absätze an ihren Stöckelschuhen trug, um beim Gehen besser mit dem Hintern wackeln zu können. Cassie wusste, dass Marilyn sehr wahrscheinlich nur deshalb ständig an Lungenentzündung und Bronchitis litt, weil sie die Gewohnheit hatte, sich vor jedem Auftritt, sei es im Film oder in der Öffentlichkeit, in eine mit zerstoßenem Eis gefüllte Badewanne zu legen. Vollgepumpt mit Schmerzmitteln, lag sie stundenlang unter Eis begraben, um zu bekommen, was sie für ihre Arbeit brauchte: feste, aufrecht stehende Titten
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