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Snuff: Roman (German Edition)

Snuff: Roman (German Edition)

Titel: Snuff: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Palahniuk
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und einen strammen Arsch.
    Sag ich doch.
    Cassie kannte auch Marilyns geheimen Namen, die Person, die zu sein sie sich erträumte. Nicht diese kindlich plappernde, hüftenschwingende Blondine. Monroe träumte davon, eine Intellektuelle zu sein, ein Mensch wie Arthur Miller, eine nach der Stanislawsky-Methode ausgebildete, geachtete Schauspielerin. Ein Mensch, der Würde ausstrahlte. Und zu einem solchen Menschen wurde die Monroe, wenn sie ungeschminkt auf Reisen ging, ohne ihre von Filmstudios ausgeliehenen Designerklamotten, ein Kopftuch um die berühmte Frisur gebunden, eine dicke Hornbrille im Gesicht. Diese schlichte, intelligente, gebildete Schauspielerin nannte sich Zelda Zonk. Wenn sie Flugtickets buchte oder sich in Hotels eintrug. Zelda Zonk. Eine Frau, die Bücher las. Die Kunst sammelte. So sah sich Marilyn Monroe, die blonde Sexgöttin, in ihren Träumen.

31
     
    Sheila
     
    Ms. Wright hat es gewusst. Die Frau hat die ganze Zeit gewusst, wer ich bin. Wer sie ist. Sie hat mitgespielt, sie hat gewusst, dass sie sterben würde. Cassie Wright hat mit vollem Bewusstsein sechshundert Spargelstecher gefickt, um mich reich zu machen.
    Tatsache. Das ist wohl auch eins dieser letzten Dinge, um die es hier geht: Wirklichkeit.
    Was macht man, wenn man von einem Augenblick auf den anderen seine Identität verliert? Wie wird man damit fertig, wenn sich die eigene Lebensgeschichte plötzlich als komplett falsch herausstellt?
    Dieses Miststück .

32
     
    Mr. 600
     
    Auf den Monitoren läuft der allererste Film, in dem Cassie überhaupt mitgewirkt hat. Gedreht noch auf Video, nur wenig besser als die Aufzeichnung irgendeiner Überwachungskamera im Supermarkt an der Ecke. Man sieht sie und mich, jung wie Sheila und Nummer 72. Cassie verdreht die Augen, dass nur noch das Weiße zu sehen ist, ihre Arme wedeln schlaff herum, ihr Kopf rollt hin und her, ihr Mund steht weit offen, Sabber trieft von ihren Lippen.
    Schlapp wie eine Cassie-Aufblaspuppe selbst.
    Falls es jemand interessiert: Bei diesem ersten Film, den ich mit Cassie gemacht habe, habe ich ihr eine mit Betaketamin und Demerol versetzte Diätlimo untergejubelt. Die Kamera auf einem Stativ neben der Matratze; dann habe ich ihr meinen Schwanz überall reingeschoben, wo es nur ging.
    Weil ich sie so sehr geliebt habe.
    Dieser erste Film hieß Frisky Business . Nachdem sie berühmt geworden war, wurde der Film in bearbeiteter Fassung unter dem Titel Lay Misty for Me noch einmal herausgebracht. Später noch einmal als Lust Horizons .
    Falls das jemanden interessiert: Cassie hatte niemals vor, diesen ersten Film zu machen.
    Und dieser Film läuft jetzt in dem leeren Kellerraum.
    Nummer 72 ist auf dem Klo und schrubbt sich das Gift von den Keimdrüsen, schrubbt sich ab, wie der Teddymann sich vorher die Stirn geschrubbt hat.
    Sheila kommt heulend die Treppe runter. Wischt sich mit den Ärmeln ihres Pullovers über die Augen, schmiert Rotz und was weiß ich noch alles bis zu ihren Ohren, ihre Schneidezähne stehen senkrecht aufeinander, und die Muskeln an ihren Kinnbacken treten zuckend hervor. Sie sagt: »Scheißkerl...« Sheila schleudert ihr Clipboard durch den Raum, es klatscht an die Wand und zerstiebt zu einem Regen aus bedrucktem Papier. Eine flatternde Wolke aus Fünfzig- und Zwanzigdollarscheinen, die Sheila als Bestechungsgeld angenommen hat.
    Der Junge kommt aus der Toilette und sagt: »Nicht weinen.« Er sagt: »Miss Wright hat es selbst so gewollt...«
    Sie war gerade mit der Missoula Highschool fertig, Cassie, träumte davon, auf die Schauspielschule zu gehen. Sie wollte bei ihren Eltern wohnen, fleißig studieren und später Karriere machen, ob am Theater oder beim Film war ihr egal – Hauptsache, sie konnte im Showbusiness arbeiten. Eins wollte sie jedenfalls nicht: mich heiraten. Dafür seien ihre Noten einfach zu gut, erklärte sie mir. Wenn sie unbegabt wäre, sagte Cassie, ein hoffnungsloser Fall, wenn sie es nötig hätte, sich an jeden Strohhalm zu klammern, dann würde sie meinen Antrag annehmen – und das gab mir immerhin ein wenig Hoffnung.
    Das Dumme war, dass ihre Eltern sie mit all diesem Gefasel von wegen Selbstachtung und so gegen mich eingenommen hatten.
    An dem Freitagabend, an dem Cassie mir das erklärte, sagte ich, das kann ich verstehen. Ich sagte, ja, sie solle alles dafür tun, sich ihren Lebenstraum zu erfüllen. Und ich fragte, ob sie eine Diätlimo wolle?
    Wie wenn man sich von hinten nach vorn abwischt, ganz in Gedanken, auf
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