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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition)
Autoren: Julian Fellowes
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allem aber traurig. Und wie wohl unvermeidlich schwang auch Resignation mit. »Wie ich Ihnen gesagt habe, glaube ich nicht, dass sie glücklich sein werden, und warte bang darauf, dass sich meine Befürchtungen hoffentlich als falsch herausstellen. Allerdings …« – sie winkte mit ihren kleinen Krallenhänden, dass die Steine ihrer Ringe im Kaminfeuer aufblitzten – »… die Sache ist nun einmal geschehen, und wir müssen das Beste daraus machen. Zeit, zum nächsten Feld vorzurücken. Hoffen wir wenigstens, dass sie nicht weniger glücklich sein werden als alle anderen.« Schon war sie wieder fort.
    Würden sie weniger glücklich sein als alle anderen? Das war sicher die Frage. Edith war zwar ohne Wenn und Aber zu Charles zurückgekehrt, hatte ihm jedoch erhebliche Zugeständnisse abgerungen. Nachdem sie ihren Irrtum begriffen hatte, es sei ungefährlicher, sich auf dem Land zu langweilen, als sich unter die Londoner Gesellschaft zu mischen, hatte sie Charles zu einem Haus in Fulham überredet, das mehr oder weniger mit dem Verkauf der kleinen Wohnung am Eaton Place finanziert wurde. Nun nahm sie sich heraus, jede Woche ein, zwei Tage in London zu verbringen. Sie hatte auch einige Ausschüsse ausfindig gemacht, bei denen sie mitarbeitete, und engagierte
sich in Sussex im Alltagsbetrieb eines Pflegeheims bei Lewes. Alles in allem hatte sie sich ein Leben eingerichtet, das sie auch noch mit sechzig führen würde, wenn sie – ganz zu schweigen von allen anderen – die kleine Störung in den Anfangsjahren ihrer Ehe längst vergessen hätte. Bei näherer Betrachtung fand ich, dass sich alles recht gut anließ.
    Wir kamen zwei-, dreimal im Jahr nach Broughton. Zwischen Adela und Edith entwickelte sich nie mehr als ein liebenswürdiger Umgang, aber Charles fasste eine große Zuneigung zu meiner Frau, und so waren wir, wie ich glaube, unkomplizierte Gäste. Wir genossen die Besuche schon deshalb, weil wir ein Kleinkind im Schlepptau hatten und es nicht viele Häuser gab, wo wir ohne das Gefühl bleiben konnten, wir hätten einen kleinen Anarchisten eingeschmuggelt. Unser Sohn Hugo war etwa fünf Monate älter als Anne, so dass die Kleinen einiges miteinander anfangen konnten, was bei den beiden Müttern für viel Heiterkeit sorgte. Es ist zwar eine Binsenweisheit, aber deshalb nicht weniger wahr, dass es bei längerer Bekanntschaft immer unwichtiger wird, ob einem ein Mensch gleich auf Anhieb sympathisch war oder nicht. Wie ich durch meine Freundschaft mit Isabel Easton weiß, gibt es keinen Ersatz für gemeinsam erlebte Geschichte, und es zeichnete sich ab, dass in zehn Jahren meine Frau und Lady Broughton sich für enge Freundinnen halten würden, ohne sich dabei unbedingt mehr zu mögen als zu Beginn ihrer Bekanntschaft.
    Es überrascht wohl kaum, dass Edith mir bald nach der großen Aussöhnung zu verstehen gab, sie hätte kein Interesse an tiefschürfenden Gesprächen über ihre Entscheidungen, weder ihre früheren noch ihre jetzigen. Sie hätte unbesorgt sein können, da ich in diesem Punkt sehr mit ihr einverstanden war. Ich weiß nur zu gut, wie unerquicklich es ist, den Empfänger einstiger intimer Geständnisse immer noch im näheren Umkreis zu haben, wenn jene Geständnisse längst zu peinlichen Belanglosigkeiten geworden sind. Meiner Einschätzung nach war Edith zur Vernunft gekommen und ich hatte nicht das leiseste Bedürfnis, ihren Entschluss in Frage zu stellen.
    Sie stellte mich ein paar Mal auf die Probe und wartete, wenn wir zufällig allein waren, ob ich auf Simon oder Charles oder ihre Ehe oder, schlimmer noch, ihre Tochter zu sprechen kommen würde, doch das tat ich nie und kann nun erfreut sagen, dass sie langsam zu unserer entspannten Vertrautheit von früher zurückfindet.
    Selbst wenn sie mich gefragt hätte, hätte ich wenig von der Simon-Kampflinie zu berichten gehabt. Ich weiß nicht, wie erpicht seine Frau darauf war, ihn wieder zurückzunehmen, als sie die überraschende Nachricht vom Ende seiner großen Affäre erhielt; jedenfalls hat sie es getan, mit welchen Gefühlen auch immer. Ein paar Monate später habe ich ihn bei einem Vorsprechtermin getroffen und er hat mir erzählt, er wolle nach Los Angeles übersiedeln, um sein »Glück zu versuchen«. Das überraschte mich nicht, denn ein solcher Schritt ist für einen Schauspieler nach einer enttäuschenden Karriere nicht unüblich. Solche Hollywood-Versuche laufen für englische Schauspieler meist nach einem einfachen Muster ab. Sie
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