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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition)
Autoren: Julian Fellowes
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verbissenen Wunsch, mich zu heiraten. Aber nur, weil ich die Tochter eines Marquess bin. Das habe ich nicht erkannt. Oder nicht als einzigen Grund erkannt.«
    Edith sagte nichts. Das Gespräch bewegte sich auf gefährliches Gelände. Sie hörte unter ihren zögernden Schritten das Eis schon knacken. »Aha«, murmelte sie.
    Aber Caroline war noch nicht fertig. »Ziemlich aus den gleichen Gründen, aus denen du Charles heiraten wolltest«, sagte sie. Als Edith nichts dazu bemerkte, fuhr sie fort: »Nicht dass ich dir das vorwerfe. So herum macht es viel mehr Sinn. Du bist durch die Heirat mit Charles wenigstens zur Countess geworden. Ich begreife immer noch nicht, was Eric sich davon versprochen hat.«
    Eine Weile fuhren sie schweigend weiter. Dann setzte Edith wieder an: »Wenn du so denkst, warum fährst du mich dann nach Feltham?«
    Caroline dachte kurz nach und runzelte die Stirn, als hätte sie gerade einen ganz neuen Gedanken gehabt. Fast stockend antwortete sie: »Weil Charles so unglücklich ist.«
    »Ist er das wirklich?«, fragte Edith. Sie war wie elektrisiert.
    »Ja.« Caroline zündete sich eine Zigarette an und einen Augenblick lang glaubte Edith, sie würden die Mittelplanke rammen. »Ich weiß, Lady Uckfield glaubt, es wird sich schon geben. Sie hat dieses Hirngespinst, dass er dich vergisst und die Tochter eines Peers heiratet, die ihm vier Kinder schenkt, und zwei davon werden von den Verwandten ihrer Mutter Landgüter erben.« Caroline lachte ironisch. Dies war natürlich eine vortreffliche Zusammenfassung von Lady Uckfields Träumen.
    »Bist du dir ganz sicher, dass sie sich täuscht?«
    »Wie wenig du meinen Bruder kennst«, sagte Caroline und verfiel wieder in Schweigen. Edith brannte natürlich darauf, mehr über diesen todunglücklichen Mann zu hören, dessen Leben ohne sie so elend war und mit dem sie durch eine wunderbare Fügung bereits verheiratet war. Sie warf Caroline einen fragenden Blick zu, und die ließ sich erweichen. »Erst einmal glaube ich nicht, dass Charles die Vorstellung meiner Mutter von deiner perfekten Nachfolgerin teilt. Um es mal direkt zu sagen: Wenn er so etwas gesucht hätte, dann hätte er es mühelos finden können. Aber darum geht es gar nicht mehr. Charles ist ein einfach gestrickter Mann. Er ist zu Gefühlen fähig, aber diese Gefühle sind schlicht, ungekünstelt und tief. Er kann sich kaum mitteilen, und flirten schon gar nicht.« Edith dachte erstaunt an ihre andere Liebe, die nichts anderes konnte als sich mitteilen und flirten. Simons Problem war das genaue Gegenteil von Charles’ Problem: Er war zu Gefühlen unfähig. Caroline redete immer noch. »Charles hat seine Wahl getroffen: dich. Du bist seine Frau. Das steht tief in seinem Inneren fest – aus, Ende, Amen. Ich sage nicht, dass er sich nicht irgendwann mit einer anderen als Zuchtstute
zufrieden geben würde, wenn du dich von ihm scheiden lässt, aber in seinem Herzen würde er sich nie damit abfinden und immer denken, dass seine wirkliche Frau irgendwo mit einem anderen herumläuft. Und das, meine Liebe, wärst du.«
    Den Rest der Fahrt schwiegen sie. Es war fast, als müssten sie das nächste Ereignis in diesem Drama abwarten, bevor sie ihr Gespräch fortsetzen könnten. So durchquerten sie die flache Landschaft Norfolks, bis sie schließlich in eine gepflegte, aber schattige Einfahrt einbogen, die zwischen hohen Rhododendrenhecken bis zum breiten, gekiesten Hof des Haupthauses führte.
    Feltham Place war 1811 an die Broughtons gefallen, als der damalige Lord Broughton Anne Wykham geheiratet hatte, das einzige Kind Sir Marmaduke Wykhams, des sechsten und letzten Baronets seines Geschlechts. Das Haus war Anfang des siebzehnten Jahrhunderts erbaut worden und mehr die Wohnstätte eines einfachen Landadligen als ein großer Adelssitz, mehr malerisch als prachtvoll mit seinen Dächern, die vor kleinen Kaminen strotzten, und vielleicht lag es daran, dass die Familie sich nie so recht dafür erwärmte. Wie viele Häuser aus jener Zeit lag es in einer Senke (bevor die neue Pumptechnik des späten siebzehnten Jahrhunderts Höhenlagen mit herrlicher Aussicht ermöglichte), hatte aber in der flachen Landschaft am Ende des Tals dennoch etwas Offenes. Es hätte als Broughtonscher Witwensitz oder Sitz des Erben dienen können, doch es gab andere, näher bei Uckfield gelegene Häuser, die diesen Zweck zumindest bis zum Zweiten Weltkrieg erfüllten, und wie wir wissen, hatte sich der jüngste Erbe dafür
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