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SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast

SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast

Titel: SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast
Autoren: Lisa McMann
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»Also, heute Nachmittag, so gegen drei Uhr, höre ich jemanden draußen herumbrüllen. Ich habe es ignoriert, schließlich blökt in unserer Nachbarschaft ständig irgendjemand herum, oder? Ich falte Wäsche auf meinem Bett und sehe durch das Fenster auf einmal Janies Mum, was seltsam ist, denn sie geht doch nie raus, es sei denn zur Tankstelle oder zum Kiosk, um sich neuen Stoff zu besorgen, stimmt’s? Aber heute ist sie im Nachthemd im Garten herumgelaufen …«
    Janie wird rot und schlägt die Hände vors Gesicht. »Oh Gott!«
    »… und sie ruft ständig Janie! Janie! Dann stolpert sie und ich laufe hinaus, um nachzusehen, was los ist. Und Dorothea heult und ruft: Das Telefon! Ich muss ins Krankenhaus! Und das mindestens zwanzigmal. Also habe ich dich angerufen und dir Nachrichten hinterlassen, und schließlich habe ich sie hierher gefahren, weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte. Wir haben ungefähr eine Stunde in der Notaufnahme gesessen und mit der Schwester am Empfang gesprochen, bevor sie … äh … sich so weit beruhigt hatte, dass sie erklären konnte, sie sei nicht krank, sondern dass sie einen Anruf erhalten habe und Henry sehen müsse.«
    Janie sieht auf. »Henry?«
    »Ja. Henry Feingold. So heißt der Kerl.«
    »Henry Feingold«, wiederholt Janie. Der Name klingt leer. Er hat keine Bedeutung für sie. Er klingt nicht so, wie sie sich den Namen ihres Vaters vorgestellt hat.
    »Woher soll ich eigentlich wissen, dass er es ist? Dorothea«, sagt sie und betont dabei jede Silbe, »hat sich nie die Mühe gemacht, mir irgendetwas über ihn zu erzählen.«
    Carrie nickt ernst. Sie weiß es.
    Janie blinzelt die Tränen weg, als ihr die Wahrheit dämmert.
    »Wenn sie ihn hierher gebracht haben, muss er in der Nähe wohnen. Wahrscheinlich hatte er nie Lust, mich kennenzulernen.«
    »Es tut mir leid, Liebes.« Carrie sieht zu Boden.
    Abrupt steht Janie auf und wendet sich an ihre Freunde. »Ich kann nicht fassen, dass sie uns den Urlaub ruiniert hat. Und Carrie, es tut mir so leid, dass du den ganzen Nachmittag und Abend hier verschwendet hast. Du bist so eine gute Freundin. Bitte geh nach Hause oder zu Stu oder so.«
    Dann wendet sie sich an Carl.
    »Carl, ich übernehme das hier jetzt. Wenn ich meine Mutter geholt habe, fahren wir mit dem Bus nach Hause. Geh, ruh dich aus.«
    Sie geht zur Tür, in der Hoffnung, dass die beiden ihr folgen, damit sie sie hinausführen und mit ihrer Scham allein sein kann. Ihre Unterlippe zittert. Mein Gott, was für eine Scheiße.
    Carl steht auf und gleich darauf auch Carrie.
    »Weißt du, was mit ihm los ist?«, fragt er Carrie, als sie Janie zur Tür folgen.
    »Irgendein Hirnschaden oder so. Ich weiß nicht viel. Ich habe nur gehört, wie der Arzt Dorothea erzählt hat, dass er den Notruf gewählt hatte und noch bei Bewusstsein war, als er eingeliefert wurde, aber jetzt wacht er nicht mehr auf. Vor einer halben Stunde haben sie Dorothea endlich zu ihm gelassen. Und Janie …«, fährt Carrie fort, »es war kein Problem, okay? Wenn meine Mutter Hilfe brauchen würde, würdest du das Gleiche tun, stimmt’s?«
    Janie spürt einen Kloß im Hals und Tränen, die sie kaum noch zurückhalten kann. Sie kann nur nicken. Als Carrie sie umarmt, schluchzt sie erstickt.
    »Danke«, flüstert sie Carrie ins Ohr.
    Carrie wendet sich ab. »Ruf mich an.«
    Wieder nickt Janie und sieht Carrie auf dem Weg zum Aufzug nach. Dann dreht sie sich zu Carl. »Geh.«
    »Nein.«
    Er wird nirgendwo hingehen.
    Janie seufzt unsicher. Weil es einerseits schön ist, dass er ihr hilft, aber diese Situation so völlig irreal ist. Und sie hat keine Ahnung, was sie erwartet.
    Manche Dinge sind allein leichter.
    Es ist still hinter den Schwingtüren zum dürftig beleuchteten Gang der Intensivstation. Janie spürt den schwachen Sog eines entfernten Traumes und kämpft sofort ungeduldig dagegen an. Sie entdeckt die Tür des Schuldigen, die leicht offen steht, und verflucht ihn. Es ist frustrierend, dass sie den Träumen anderer Menschen nie entfliehen kann, selbst wenn ihr Gehirn mit tausend anderen Dingen beschäftigt ist.
    Sie gehen zum Schwesternzimmer. Janie räuspert sich.
    »Henry, äh … Fein… stei…«
    »Feingold«, beendet Carl für sie.
    »Gehören Sie zur Familie?«, fragt die Schwester und sieht sie misstrauisch an.
    »Ich, hm …«, beginnt Janie. »Ja. Er ist mein … Vater … offenbar.«
    Die Schwester legt den Kopf schief. »Wenn man sich in ein Krankenzimmer schummeln will, muss man
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