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SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast

SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast

Titel: SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast
Autoren: Lisa McMann
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aufwecken? Wollt ihr noch einmal zum Krankenhaus?«
    »Oh Gott, ich hoffe nicht!«
    »Janie!«
    »Ja, ich weiß.«
    »Zumindest haben sie da eine Klimaanlage.«
    »Die hat dein Auto auch. Wir könnten doch stattdessen in der Einfahrt rumknutschen?«
    Carl lacht. »Vielleicht, wenn es dunkel wird. Also, eigentlich auf jeden Fall, wenn es dunkel wird. Aber im Ernst, Janie, ich glaube, du solltest mit deiner Mutter reden.«
    Seufzend verdreht Janie die Augen. »Ja, wahrscheinlich.«

09:49 Uhr
    Vorsichtig klopft sie an die Zimmertür ihrer Mutter.
    Sieht Carl an.
    Für Janie gehört dieser Raum eigentlich gar nicht zum Haus. Es ist eher wie die Tür zu einer anderen Welt, ein Portal zu Sorgen, durch das Dorothea gelegentlich ein und aus geht. Nur dann kann Janie einen Blick ins Innere des Zimmers erhaschen, bevor sich die Tür wieder schließt.
    Sie wartet. Dann tritt sie ein und macht sich auf einen möglichen Traum gefasst. Doch Janies Mutter träumt im Augenblick nicht. Langsam stößt Janie den Atem aus und sieht sich um.
    Durch den alten verschlissenen Vorhang dringt gedämpftes Sonnenlicht. Es stehen nicht viele Möbel im Zimmer, trotzdem herrscht das reinste Chaos. Pappteller, Flaschen und Gläser liegen auf dem Boden verstreut. Es ist heiß und stickig. Abgestandene Luft.
    Janies Mutter liegt auf dem Rücken im Bett und schläft, das dünne Nachthemd eng um die knochige Gestalt gewickelt.
    »Mum«, flüstert Janie.
    Sie erhält keine Antwort.
    Janie ist unsicher. Sie wippt auf den Zehenspitzen. Die Bodendielen knarren.
    »Mum?«, versucht sie es ein wenig lauter.
    Janies Mutter grunzt und sieht blinzelnd zu ihr auf. Mühselig hievt sie sich auf einen Ellbogen hoch.
    »Isses das Telefon?«, murmelt sie.
    »Nein, ich … es ist fast zehn Uhr und ich habe mich gefragt, ob …«
    »Hast du keine Schule?«
    Janie fällt der Unterkiefer herunter. Das soll doch wohl ein Scherz sein, oder? Sie holt tief Luft und überlegt, ob sie ihre Mutter anschreien und sie an die Abschlussfeier erinnern soll, bei der sie nicht gewesen ist, und an die Tatsache, dass es Sommer ist, aber schließlich entscheidet sie, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist. Bevor Dorothea sie wieder unterbrechen kann, stößt sie hervor: »Nein, äh, heute ist keine Schule. Ich habe mich gefragt, wie die Sache mit Henry ist und ob du vielleicht wieder ins Krankenhaus musst oder so. Ich will nicht …«
    Bei der Erwähnung von Henry holt Janies Mutter erschrocken Luft.
    »Oh mein Gott«, stöhnt sie, als fiele ihr gerade erst wieder ein, was passiert ist. Sie rollt sich herum und steht zitternd auf, schlurft an Janie vorbei aus dem Zimmer. Janie folgt ihr.
    »Mum?«
    Janie weiß nicht, was sie tun soll. Als sie die Küche erreichen, wirft sie Carl einen hilflosen Blick zu. Er zuckt mit den Achseln. »Mutter!«
    Dorothea nimmt Orangensaft aus dem Kühlschrank, Eis und Wodka aus dem Gefrierfach und gießt sich ihr Frühstück ein.
    »Was?«, fragt sie schniefend.
    »Ist dieser Henry mein Vater?«
    »Klar ist er dein Vater. Ich bin doch keine Hure.«
    Carl gibt im anderen Zimmer einen erstickten Laut von sich.
    »Okay. Also, stirbt er?«
    Janies Mutter nimmt einen kräftigen Schluck aus dem Glas.
    »Das haben sie zumindest gesagt.«
    »Und? Hatte er einen Unfall, oder ist es eine Krankheit, oder was?«
    Dorothea zuckt mit den Schultern und winkt abwehrend mit der Hand. »Sein Gehirn ist explodiert. Oder ein Tumor. Irgendsowas.«
    Janie seufzt. »Soll ich mit dir heute noch einmal zum Krankenhaus fahren?«
    Zum ersten Mal sieht ihre Mutter Janie in die Augen.
    »Noch einmal? Du warst doch gestern gar nicht mit mir da.«
    »Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte, Mum.«
    Janies Mutter trinkt ihr Glas leer und schaudert. Sie steht an der Küchenzeile, hält in der einen Hand das leere Glas und in der anderen die Wodkaflasche und starrt sie an. Ruckartig stellt sie beides ab und schließt die Augen. Eine Träne rinnt ihr über die Wange.
    Janie verdreht die Augen. »Gehst du ins Krankenhaus oder nicht? Ich …« Sie wird mutig. »Ich habe keine Lust, den ganzen Tag herumzusitzen und zu warten.«
    »Geh, mach doch, was du willst, wie immer, du kleine Schlampe«, zischt Dorothea. »Ich gehe sowieso nicht noch einmal dahin.« Schwankend schlurft sie an Janie vorbei den Flur entlang, verschwindet in ihrem Zimmer und knallt die Tür hinter sich zu.
    Janie stößt einen Seufzer aus und geht wieder ins Wohnzimmer zu Carl, der alles mitbekommen
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