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Slant

Slant

Titel: Slant
Autoren: Greg Bear
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nur ein spezieller Typ Grabräuber, der glaubt, er könne die Fallen überwinden, die Siegel aufbrechen und die Mumien auswickeln.
    »Sie befinden sich nun im Atrium des bestgesicherten Gebäudes der westlichen Welt. Die Konstruktion widersteht katastrophalen Erdbeben, vulkanischen Aktivitäten und selbst thermonuklearen Explosionen oder Mikro-Streudetonationen…«
    Giffey hört nicht zu. Er hat einen recht guten Übersichtsplan des Gebäudes im Kopf und einen viel detaillierteren in seinem Pad. Er weiß, wie sich die Arbeiter zwischen den zwei Eingängen des Gebäudes bewegen. Er weiß sogar, wer die Arbeiter hergestellt hat und wie sie aussehen. Und er weiß noch mehr. Er ist für sein Vorhaben bereit und hat diese letzte Besichtigung eigentlich gar nicht nötig. Giffey ist hier, um einem bemerkenswerten Monument seinen berechtigten Respekt zu erweisen.
    »Bitte hier entlang. Wir haben Modelle der Hibernarien und Ausstellungsstücke, die gewöhnlich nur künftigen Kunden unserer Einrichtung vorbehalten sind. Aber heute gestatten wir Ihnen exklusiv den Zutritt zu einer neuen und vitalen Vision der Zukunft…«
    Giffey verzieht das Gesicht. Er hasst die großen Lügen des heutigen Tages – exklusiv, ausschließlich, ich liebe nur dich, vertrauen, bewundern, doch letztlich immer bezahlen. Vollmundige Verbraucherverarschung. Er ist froh, dass er zum letzten Mal dafür bezahlt hat.
    Er lächelt über die Staffeln von Sensoren, die die Besucher nach verdächtigen Beulen und Verhaltensweisen abtasten. Das System leitet sie zum Ausstellungsbereich weiter. Der Schreinsaal. Liegen Sie bis in alle Ewigkeit in seidenem Luxus.
    Die jungen Touristen in Jeans und warmem, hochklassigem Nandex stehen staunend vor dem Hibernarium aus eisblauer Emaille und Flexfuller. Es ist eine lange, platt gedrückte Röhre, die wie ein an beiden Enden im Trockendock einzementiertes U-Boot in der Kabine steckt. Giffey weiß, was die Touristen, die jungen Studenten denken. Sie alle fragen sich, ob sie sich jemals diese Art von Unsterblichkeit leisten können, eine Chance auf den Großen Abstrom.
    Giffey ist es gleichgültig. Selbst Reichtum und Highlife spielen für ihn keine Rolle, weil er im Gegensatz zu seinen Partnern ernsthafte Zweifel hegt, ob sie jemals Hehler für Waren finden, die nahezu komplett mit unauslöschlichen Indikatoren markiert sein dürften. Außerdem hat Gold nicht mehr die Bedeutung wie in früheren Zeiten. Datenfluss ist alles.
    Er ist hier, um einigen Leuten eins auszuwischen und gegen die Maschine zu spielen, deren verborgene Existenz er vermutet. Die kaum noch als Maschine zu bezeichnen ist…
    »Unsere exklusive Methode der Biovitrifizierung und Kryokonservierung wurde erstmals von vier Ärzten in Sibirien eingesetzt und vor fünfzehn Jahren perfektioniert. Normalerweise kristallisieren die Körperflüssigkeiten beim Einfrieren, doch durch die Verifizierung, die behutsame Verglasung, können wir die Kristallbildung vollständig eliminieren…«
    Giffey glaubt, dass er gegen eine illegale künstliche Intelligenz antreten wird – gegen Omphalos’ hochentwickelten Petaflop-INDA oder vielleicht sogar einen Denker. Er hat sich schon immer gewünscht, sich einmal mit einem Denker zu messen.
    Er vermutet, dass er verlieren wird. Aber vielleicht auch nicht.
    Was für ein Spiel!

 
M/F, F/M, M/M, F/F
     
     
    / ist was zwischen uns geschieht
    / ist was uns trennt.
     
    Jeder von uns hat ein anderes Geschlecht, aber nur in zwei verschiedenen Grundausstattungen.
    - The Kiss of X, Liebesleben, Lebenslügen
(Alive Contains a Lie)
     
     
2 / Steinhammer
     
    Alice Grale glaubt, im Kataspace zu leben – nur Interaktion und keine Bewegung. Im kleinen schwarzen Zimmer des langen schwarzen Studios kann das Warten zu einem dumpfen leeren Zeitklumpen werden. Sie plaudert mit ihrem Partner Minstrel, während sie auf den Bühnenumbau warten. Minstrel liegt entspannt und nackt auf der alten niedrigen Couch, anmutig wie ein Leopard. Sein Körper scheint nur aus Anmut und stumpfen Winkeln zu bestehen.
    »Warum gefallen dir diese Worte nicht?«, fragt Minstrel. »Sie entstammen einer uralten Tradition und sie beschreiben das, was wir tun.«
    »Sie sind hässlich«, sagt sie. »Ich spreche sie, wenn ich Lust dazu habe oder wenn ich dafür bezahlt werde, aber ich habe noch nie Gefallen daran gefunden.« Alice sitzt vor ihm auf dem Metallklappstuhl, im Licht eines sanften weißen Spots, und trägt einen knappen schwarzen Bademantel, der ihre
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