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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens
Autoren: Johanna Lindsey
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sind weiße Sklavenhändler!«
    »Gelegentlich.«
    »Dann sind Sie … Nein, bei Gott, das nicht auch noch!«
    Er war so fasziniert von dem flammenden Rot, das nun in ihre Wangen stieg, daß er ihre Bemerkung nicht beachtete. Er war auch nicht darauf vorbereitet, daß sie plötzlich nach vorn springen könnte. Er wurde mit Wucht zur Seite gestoßen, verlor das Gleichgewicht und landete auf dem Boden. Die Kerze flog ihm aus der Hand und erlosch. Er sah gerade noch, wie Chantelle durch die Tür floh. Zutiefst erschrocken raffte er sich auf und folgte ihr. Falls sie vom Schiff sprang, würde Rais Mehmed ihn gewiß hinterherschicken.
    Er kam zu spät. An Deck beobachtete er gerade noch, wie ein Mann Chantelle packen wollte und mit dumpfem Krach und leeren Händen auf die Planken polterte; er sah, wie die junge Frau mit kühnem Sprung über die Reling sprang, ohne sie erst zu erklimmen.
    Als er nun selbst an die Reling stürzte, erhaschte er noch einen Blick auf den silberhellen Kopf, der die Oberfläche des Wassers durchbrach, und – Wunder über Wunder – die junge Person konnte schwimmen. Nur wenige Männer an Bord vermochten das von sich zu behaupten, er selbst inbegriffen, sonst wäre er sofort nachgesprungen.
    Seine Kumpel neben ihm riefen durcheinander, sie waren ebenso erstaunt wie er, daß das englische Mädchen nicht ertrank, sondern auf die Küste zuschwamm. Dann befaßte sich Rais Mehmed mit Hakeem.
    »Du idiotisches Stück Dreck! Ich stelle dir die einfachste Aufgabe der Welt, und du verpfuschst sie.« Die Faust des Kapitäns begleitete diese Rede, und Hakeem schlitterte über das Deck. Rais Mehmed stellte sich vor ihm auf, und in seinen dunklen Augen spiegelten sich Mordgelüste. »Ich sollte …«
    »Ich sollte ihr folgen«, meinte Hakeem mutig.
    »Du bist wohl verrückt?« schrie Mehmed ungläubig. »Ein wertloses Weib wieder einfangen? Die Haie können sie haben«, schloß er angewidert.
    Hakeem rollte zur Seite, um Mehmeds Tritt zu entgehen, und hob eine Hand. »Sie hatte silbernes Haar und Augen wie Amethyste. Eine Göttin würde sie um ihre Schönheit beneiden.«
    Mehmed blieb stehen, und sein Zorn ergoß sich erneut über Hakeem. »Idiot! Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
    Hakeem seufzte, als das Kaperschiff gewendet und das kleine Boot zum Herablassen klargemacht wurde. Er hatte sich vor weiteren Mißhandlungen gerettet, doch was war mit dem Mädchen? Beinahe wünschte er, sie würden es nicht finden – warum, wußte er selbst nicht.

4

    »Ein Bursche wartet im Haus auf Sie, mein Lord. Fünf Minuten, nachdem Sie ausgeritten waren, kam er zu Fuß an. Er hat Sie knapp verfehlt.«
    Der Graf von Mulbury stieg vom Pferd. Er händigte seinem Stallmeister die Zügel des preisgekrönten Vollblutes aus. Die schwarzen Brauen über den smaragdgrünen Augen des Grafen zogen sich zusammen, als er den schmalen Pfad entlang zum Haus blickte. Er erwartete niemanden, und seine Freunde waren Harry alle bekannt. Also war momentan sein Interesse geweckt.
    »Sind Sie sicher, daß er mich und nicht den Marquis sprechen will?«
    »Er hat Ihren Namen genannt und Ihren Großvater nicht erwähnt, überhaupt hat er sonst nichts von sich gegeben, und ich würde sagen, daß er nicht Englisch spricht. Er hat so ein gewisses Aussehen … wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Der Graf nickte und unterdrückte ein Lächeln. Harry traute keinem Ausländer, seit seine Tochter vor vielen Jahren mit einem Franzosen davongelaufen war. Was Harry betraf, war jeder verdächtig, der auch nur den leichtesten Akzent besaß. Der Freund des Grafen, Marshall Fielding, hatte sich immer über Harry beschwert, weil der Stallmeister die Kuriere, die hier Depeschen abgaben, oft schlecht behandelte. Doch der Bursche, der im Haus wartete, konnte keiner von Marshalls Agenten sein, denn der Graf hatte, auf Wunsch des Marquis, nichts mehr mit dem Britischen Nachrichtendienst zu tun. Eigentlich hatte er auch nie ernsthaft damit zu tun gehabt.
    Es war müßig, nun solche Überlegungen anzustellen. Der Graf benützte den Pfad, der vom Stall zur rechten Seite des Herrenhauses führte, des Familienbesitzes des Marquis von Huntstable, seines Großvaters. Der Graf besaß ein eigenes Anwesen in York, das er jedoch nur einmal im Jahr besuchte, um zu sehen, ob der alte Bau noch stand und die Pächter sich unter der Fuchtel seines Verwalters wohl fühlten. In der übrigen Zeit lebte er hier in Kent bei seinem Großvater. Das geschah auf gegenseitigen Wunsch.
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