Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
sich die Tür. Kerzenlicht blendete Chantelle, dann sah sie voller Schrecken den seltsamen fremdartigen Mann, der hereingekommen war.
    Er besaß eine dunkle Hautfarbe, eine scharfe Adlernase und schwarze, normalerweise geschlitzte Augen, die sich momentan jedoch bei Chantelles Anblick vor Erstaunen rundeten. Er war klein, kleiner als die junge Frau, und dünn, hatte ein weißes Tuch um den Kopf gebunden und trug weite Hosen, sonst nichts, nicht einmal Schuhe.
    Die nackte Brust des Mannes beleidigte Chantelle, ebenso wie sein Starren, und die größte Beleidigung bestand darin, daß Chantelle sich überhaupt hier befand. Während sie den seltsamen Fremden betrachtete, stieg höchster Widerwille in ihr hoch, und sie vergaß ihre Angst. Der Knebel in ihrem Mund fiel ihr ein, und sie zog ihn mit einem Ruck heraus. Flüchtig stellte sie fest, daß er dem Tuch glich, das der Bursche um den Kopf trug.
    »Sprechen Sie Englisch?« fragte Chantelle gebieterisch. »Wenn nicht, rate ich Ihnen, schnellstens einen Dolmetscher herbeizuschaffen. Ich verlange …«
    »Ich spreche Englisch.«
    Chantelles Kampfgeist wich einer großen Erleichterung. »Gott sei Dank! Ich fürchtete schon, kein Mensch hier würde mich verstehen. Hören Sie, Sir, ein Irrtum ist passiert. Ich muß sofort den Burschen sprechen, der das Kommando über dieses Schiff führt.«
    »Alles zu seiner Zeit, Lalla.« Er grinste und enthüllte eine Reihe überraschend weißer Zähne. »Sie können sicher sein, daß er Sie auch sprechen will. Beim Atem Allahs, er wird entzückt sein, daß ihm so ein Geschenk in den Schoß gefallen ist.«
    Chantelle erstarrte deutlich merkbar. »Ein Geschenk? Was für ein Geschenk? Falls Sie mich meinen …«
    »Natürlich Sie.« Sein Grinsen wurde noch breiter. »Sie werden uns ein Vermögen einbringen …«
    »Reden Sie keinen Blödsinn«, unterbrach Chantelle ihn scharf. »Sie wissen nicht, wer ich bin. Sie können nicht ahnen, ob meine finanziellen Verhältnisse ein Lösegeld gestatten.«
    »Lösegeld?« Er lachte in sich hinein, und es klang ehrlich amüsiert. »Nein, Lalla, Frauen werden selten wegen eines Lösegeldes gefangengehalten, schon gar nicht eine, die so schön ist wie Sie.«
    Chantelle trat einen Schritt zurück, als hätten seine Worte ihr einen Hieb versetzt. Sie verstand nicht, was der Bursche meinte -das heißt, sie fürchtete, daß sie es sehr wohl verstand.
    »Dieses Schiff – warum ist es hier? Warum hat man mich an Bord gebracht?«
    »Kein Grund zur Angst«, versicherte er. »Ihnen wird nichts geschehen.«
    Sie war nicht beruhigt. Panik ergriff sie. »Wer sind Sie?«
    Sie wich zurück, als er einen Schritt auf sie zukam, und er blieb stehen. Ihre Furcht irritierte ihn. Hakeem Bektash war noch nie beauftragt worden, sich um eine Gefangene zu kümmern, und dies war keine gewöhnliche Gefangene. Beim ersten Blick auf ihre aristokratischen Züge hatte er das gewußt, und ihr gebieterisches Auftreten hatte es bestätigt. Sie war eine Dame. Doch wer sie war, zählte nicht, nicht einmal ihr Name, denn sie würde von ihrem Herrn einen neuen bekommen. Hakeem besaß keine Erfahrung im Umgang mit Damen, deshalb hatte er sich hinreißen lassen, sie »Lalla« zu nennen, was der Titel für eine Frau von vornehmer Herkunft war, obwohl sie eine Sklavin sein würde.
    Er wußte einfach nicht, wie er sie behandeln sollte. Rais Mehmed, sein Kapitän, bestand darauf, daß die Enthüllung der Wahrheit nicht auf die lange Bank geschoben werden sollte. Er meinte, Gefangenen gebühre die höchstmögliche Zeit, sich an ihre neuen Lebensumstände zu gewöhnen. Allah mochte ihm, Hakeem, helfen, warum war er auch der einzige an Bord, der Englisch sprach?
    Ehe er etwas sagen konnte, bewegte sich das Schiff, da der Anker gelichtet wurde. »Was war das?« rief Chantelle und lehnte sich haltsuchend gegen die Wand hinter ihr.
    »Wir laufen aus.«
    »Nein!« schrie sie, dann fragte sie: »Wohin? Verdammt, reden Sie: Was geht hier vor?«
    »Wie sind Seeräuber, Lalla.«
    Das Wort war so wohlbekannt und gefürchtet, daß es keiner weiteren Erklärung bedurfte. Doch Chantelle schien es nicht zu begreifen. Ihr Gehirn war für einige Augenblicke blockiert, bis es den Sinn des eben Gehörten erfaßte. In diesem Moment wich der letzte Rest von Farbe aus Chantelles Gesicht. »Piraten? Türkische Piraten?«
    Er zuckte die Schultern. »Piraten, Händler – das macht keinen Unterschied an der Barbarenküste.«
    »Zum Teufel mit dem Unterschied! Seeräuber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher