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Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde
Autoren: Tiffany Reisz
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Bruder eines der Mädchen – und die Ehre seiner Schwester war eine todernste Sache für ihn. Also zog er das Messer und zielte auf Kingsleys Herz. Die anderen kriegten es mit der Angst zu tun, zerrten Troy davon und ließen Kingsley liegen, blutend, verwundet, mit blauen Flecken übersät, aber lebendig.
    Doch als er sich jetzt im Speisesaal umschaute und nur auf Jungen blickte – große und kleine, dicke und dünne, gut aussehende und unscheinbare, allesamt zwischen zehn und achtzehn Jahren –, wäre er gern wieder hinter dem Stadion seiner alten Highschool gewesen und hätte sich verprügeln lassen. Diesmal würde er ins Messer laufen, statt ihm auszuweichen.
    Er seufzte tief auf und trank einen Schluck von seinem Tee. Was für ein scheußliches Gesöff. Bei seinen Eltern hatte es immer Wein zum Abendessen gegeben. Schöne Zeiten …
    „Das Zeug schmeckt wie Katzenpisse, stimmt’s“, fragte Father Henry, der plötzlich hinter ihm stand.
    Kingsley hätte fast genickt, erinnerte sich aber gerade noch rechtzeitig, dass er ja kein Englisch konnte. Also drehte er sich mit fragender Miene zu Father Henry um.
    Der deutete auf Kingsleys Tee, zog eine angewiderte Grimasse und würgte. Jetzt ließ Kingsley sich zu einem Lachen herab. Schließlich verstand jeder die internationale Zeichensprache des Ekels.
    „Kommen Sie mit, Mr Boissonneault“, sagte Father Henry, zog Kingsleys Stuhl zurück und gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er ihm folgen möge. „Mal sehen, ob wir einen Übersetzer für Sie finden.“
    Einen Übersetzer? Kingsleys Herz klopfte wie wild, als er sich von seinem Platz erhob. Father Henry hatte gesagt, dass keiner außer Mr Stearns französisch sprach. Und obwohl sich momentan sämtliche Mitschüler hier im Saal über ihre Tomaten-Basilikum-Suppe zu beugen schienen, fehlte doch einer: Mr Stearns. Nicht dass Kingsley nach ihm Ausschau gehalten hätte – oh nein, er hatte nicht ständig das Kommen und Gehen an der Tür beobachtet und auch nicht nach jedem Schluck Katzenpisse-Tee seinen Blick suchend durch den Raum schweifen lassen.
    Father Henry führte ihn in die Küche, durch eine Wand aus Dampfschwaden. Vor einem riesigen schwarzen Herd stand ein junger Priester und wedelte mit dem Pfannenwender, während er immer wieder einen Satz wiederholte. Es sah aus, als ob er sich selbst dirigieren würde, seine Worte waren die Musik, sein Pfannenwender der Taktstock.
    „Und jetzt sind Sie dran: Você não terá nenhum outro deus antes de mim.“
    „Si , Father Aldo.“ Die Worte kamen von einem Tisch, der etwa einen Meter entfernt stand. „ Você não terá nenhum outro deus antes de mim .“
    Kingsley erbebte beinahe beim Klang dieser Stimme – ein eleganter Tenor, wohltönend und gebildet, aber gleichzeitig kalt, distanziert und unnahbar. Er machte zwei Schritte vorwärts und spähte an einem sperrigen Kühlschrank vorbei, um den Besitzer der Stimme zu sehen. Es war Stearns, der blonde Pianist. Zu seinen Füßen lag eine schwarze Katze, die sich zu einem geschmeidigen Ball zusammenrollte und Kingsley anstarrte. Ihre Augen waren grün und klug und boshaft. Stearns rieb ihren Kopf sanft mit der Spitze seines Schuhs und wiederholte die Worte einer Sprache, die Kingsley nicht kannte.
    „Muito bom“ , sagte der Priester, hielt sich den Pfannenwender schräg vor die Brust und verbeugte sich. „Father Henry, was machen Sie schon wieder in meiner Küche? Wir haben doch darüber gesprochen, dass das aufhören muss.“
    „Es tut mir leid, dass ich Sie unterbreche, Father Aldo, Mr Stearns.“
    „Nein. Es tut Ihnen nicht leid. Sie lieben es, andere zu unterbrechen. Darin sind Sie richtig gut.“ Father Aldo begleitete seine Schimpftirade mit einem breiten Lächeln. Kingsley versuchte, den Akzent einzuordnen. War er vielleicht Brasilianer? Wenn das stimmte, wäre die Sprache, die er Stearns beibrachte, Portugiesisch. Aber warum wollte irgendwer hier am Arsch der Welt ausgerechnet Portugiesisch lernen?
    „Father Aldo, ich unterbreche Sie nur, weil Sie so viel reden. Ich muss Sie einfach unterbrechen, wenn ich vor Sonnenuntergang zu Wort kommen will.“
    „Die Sonne ist bereits untergegangen, und Sie reden immer noch.“
    „Jetzt unterbrechen Sie meine Unterbrechung, Aldo. Und es tut mir wirklich sehr leid, Mr Stearns Unterricht zu stören. Aber es ist gerade sein Sprachtalent, das wir jetzt brauchen. Das hier ist unser neuer Schüler Kingsley Boissonneault. Er spricht leider kein Englisch. Wir
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