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Skandal um Lady Amelie

Skandal um Lady Amelie

Titel: Skandal um Lady Amelie
Autoren: Juliet Landon
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Mutter, fortgedrängt, doch Amelie war es gelungen, von ihr zu erfahren, um was es ging, und hatte in einem Anfall akuten Mitleids ihre Hilfe zugesagt.
    Schon zuvor waren solche Rettungsaktionen durchgeführt worden, doch stets von dem einen oder anderen ihrer Bediensteten, sodass Amelie selbst bisher keine Entdeckung hatte fürchten müssen. Diese Mal hatte sie ihre Pläne für sich behalten, da die Begleiterin der Frau nur sie kannte und keinem anderen vertraut hätte.
    Der Weg den Hügel hinauf würde sich ziehen, und da sie kaum in einer Kutsche vorfahren konnte, wählte Amelie als Reittier ihre Eselin Isabelle. Das war unauffälliger als ein Pferd, aber bequemer, als zu Fuß zu gehen. Während sie den holprigen, morastigen Weg hinaufritt, der fern der beleuchteten Straßen lag, sog sich ihr schwerer Schal, den sie um den Kopf geschlungen hatte, immer voller, denn inzwischen hatte es heftig zu regnen begonnen. Endlich erreichte sie das eiserne Portal mit dem Häuschen des Torhüters, aus dem das schwache Licht einer einsamen Kerze flackerte. Als sie sich von Isabelles Rücken gleiten ließ, stellte sie dankbar fest, dass sie in einer so grässlichen Nacht nicht lange zu warten brauchte, denn es näherte sich eine dunkle Gestalt in Frauenkleidern. Bald würden sie alle warm und sicher dort sein, wo das neue Leben willkommen war, anstatt nur eine Last zu bedeuten.
    „Ah, da sind Sie ja“, sagte sie. „Wie geht es Ihrer Tochter?“
    „Ah, ihr geht’s gut“, krächzte die Alte. „Das Kind is’ noch nich’ da.“
    „Und haben Sie den Torhüter gesprochen? Er wird doch mitspielen, oder?“
    „Der Türsteher im Haus will auch Geld“, brabbelte die Frau. „Wie viel ha’m Sie dabei, M’lady? Äh, wenn die Frage erlaubt is’.“
    „Kommen Sie fort aus dem Regen, hierher, unter den Baum“, bat Amelie, während sie den Esel hinter sich her unter das Blätterdach zog. Dann holte sie ihr Retikül zwischen den Falten des durchnässten Umhangs hervor und wandte, es auf dem Sattel ablegend, der Alten den Rücken zu. In diesem unachtsamen Moment, in dem sie all ihre Geistesgegenwart benötigt hätte, griff die Frau blitzschnell nach dem Beutel und entriss ihn ihr. Amelie stürzte sich auf die Alte, die sich heftig wehrte, verhedderte sich jedoch in dem groben Umhang der Person. Ein kurzes Gerangel, in dem die Gegnerin sich als mit allen Wassern gewaschen erwies, dann glitt Amelie auf einer Wurzel aus und stürzte, von der anderen nachdrücklich gestoßen, das Gesicht voran in den Matsch.
    Sie hatte einer Frau in Not helfen wollen und war beraubt worden! Wie demütigend und gemein! Und eine Chance vertan!
    Sich mühsam aufrappelnd, rief sie: „Isabelle! Isabelle!“
    Zaumzeug klirrte, dann erklang eine Männerstimme, die drängend auf das Tier einsprach.
    „Hallo, hier bin ich!“, rief Amelie und versuchte, auf die Füße zu kommen, doch ihre nassen Kleider hatten sich ihr um die Beine gewickelt, sodass sie auf die Hilfe des sich nähernden Mannes bauen musste.
    „Verzeihen Sie, Madam“, sagte der Mann höflich. „Erlauben Sie – reichen Sie mir Ihre Hand.“
    „Wer … Wer sind Sie? Woher weiß ich, dass Sie ein Freund sind?“
    „Nun, auch wenn Sie das nicht wissen – Sie können nicht die ganze Nacht dort liegen bleiben. Sehen Sie, hier ist Ihr Esel. Lassen Sie sich aufhelfen. Sind Sie verletzt?“
    „Ich glaube nicht, zumindest nicht schlimm. Diese Alte ist wohl fort?“
    „Ja, leider. Hat sie Sie beraubt? Was hat sie gestohlen?“
    „Mein Retikül ist fort. Geschieht mir recht!“
    Der Fremde half ihr hoch, ließ sie jedoch sofort los und beugte sich nieder, um, soweit es die Dunkelheit erlaubte, den Boden abzusuchen. „Leider! Nichts zu finden! Also, ich hätte nicht gedacht, dass selbst in einer so scheußlichen Nacht Räuber unterwegs sind! Soll ich den Torhüter verständigen?“
    „Nein … nein, nicht nötig. Ich reite lieber gleich heim. Danke für Ihre Hilfe, Mr. …?“
    „Todd, Madam. Nichts zu danken. Soll ich Sie begleiten?“
    „Oh nein, danke sehr, Mr. Todd, doch ich habe es nicht weit, und Isabelle wird mich ja tragen.“
    „Nun, wenn Sie meinen. Kommen Sie, ich halte das Tier, während Sie aufsteigen. So! Sie sitzen gut? Guten Abend, Madam. Ah, wie, sagten Sie gleich, ist Ihr Name?“
    „Ginny“, entgegnete sie hastig, merkte aber sofort, dass ihre Aussprache mit ihrer Erscheinung nicht in Einklang stand. „Ginny Hodge. Einen guten Abend, Mr. Todd, und noch einmal
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