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Skandal um Lady Amelie

Skandal um Lady Amelie

Titel: Skandal um Lady Amelie
Autoren: Juliet Landon
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wer dahintersteckt?“
    „Nein. Außerdem sind auf diese Art nämlich auch zwei Schuldner und ein Kind nachts hinausgeschleust worden. Wie du weißt, spricht nichts dagegen, dass man jemandem seine Schuld ablöst, damit er wieder frei kommt, aber es sollte auf regulärem Weg geschehen und nicht, indem man Schlösser aufbricht oder einem Aufseher die Hand schmiert. Es muss aufhören!“
    „Also möchten Sie, dass ich nachforsche. Könnte es jemand aus dem Magistrat sein, der den anderen grollt?“
    „Unwahrscheinlich, denn die Beschwerde kommt ja vom Magistrat. Wir müssen den Täter erwischen und möglichst etwas Kompromittierendes über ihn herausfinden, womit man ihn … sagen wir … überreden kann, weitere gute Taten zu unterlassen. Ich will das nicht an die große Glocke hängen; ich wäre zufrieden, wenn wir die Sache mit einer kleinen Erpressung aus der Welt schaffen könnten. Meinetwegen, indem wir mit Strafverfolgung drohen. Immerhin ist es eine Straftat.“
    „Tatsächlich?“ Nicholas lächelte.
    „Ja, sicher, Entführung“, sagte der Marquis leichthin.
    „Und Behinderung der Justiz natürlich.“
    „Übertreiben Sie nicht ein wenig, Vater?“ „Nun … mag sein. Aber ich kann nicht zulassen, dass der
    Gemeinderat verstimmt ist. Immerhin sorgen seine Mitglieder in meiner Abwesenheit dafür, dass alles ordnungsgemäß läuft. Sie sehen ihre Tüchtigkeit gern anerkannt.“
    „Tüchtig sind sie bestimmt. Ich werde mich um die Sache kümmern. Wird sicher nicht viel Zeit kosten. Sie hören von mir, Sir.“ Nicholas, der sich mittlerweile umgekleidet hatte, erlaubte dem Hausdiener, die Revers und Manschetten und das schneeweiße Krawattentuch zurechtzuzupfen. Dann ließ er sich Biberhut und Handschuhe reichen und griff nach dem glänzenden Spazierstock mit dem Silberknauf.
    „Sehen wir dich beim Dinner?“, fragte der Marquis.
    „Ich weiß es noch nicht. Soll ich später Nachricht geben?“
    „Aber sicher. Und vergiss nicht den Geburtstag deiner Schwester – in diesem Monat.“
    „Himmel! Haben wir schon August?“
    „Nein, mein Junge, seit zwei Tagen bereits September.“
    „Wirklich? Wie alt wird sie?“ „Herrgott, Bürschchen! Was weiß ich! Frag heute Abend deine Mutter.“
    Sie nickten einander verabschiedend zu und trennten sich mit einem Blickwechsel, der deutlich zeigte, dass ihre Unwissenheit bezüglich familiärer Feste nur gespielt war.
    In den von edlen Materialien blitzenden Geschäftsräumen von Rundell, Bridge and Rundell herrschte eine gedämpfte, fast erhabene Atmosphäre. Die weiß beschürzten Gehilfen in ihren schwarzen Westen sprachen in ehrerbietigem Flüsterton und stimmten unter wiederholten Verneigungen in allem der wohlbetuchten Kundschaft zu, die es nicht nötig hatte, den Preis der Waren zu erfragen. Hier einzutreten war sinnlos, wenn man finanzielle Probleme hatte, denn Rundell’s war Londons elegantester, meistbesuchter Juwelier und Goldschmied. Billige Artikel gab es hier nicht, und wenn es sie gegeben hätte, wäre kein Käufer dafür gefunden worden.
    Das zumindest hatte Lady Amelie Chester dem Ladies’ Magazine entnommen und beschlossen, der Hauptstadt, die sie zum ersten Mal besuchte, nicht den Rücken zu kehren, ohne diese heiligen Hallen gesehen zu haben. Seit einer Stunde ließ sie nun ihre Kalesche schon warten, und immer noch hatte sie nicht alle Kaufentscheidungen getroffen. Ihre ursprünglich lächerlich kurze Liste hatte sie längst fortgelegt und lächelte nun ihre beiden Gefährtinnen entschuldigend an, denen es das Pretiosenparadies bei Weitem nicht so angetan hatte wie ihr selbst.
    Die schlicht gekleidete Frau mit dem Kaschmirschal über dem Arm erwiderte das Lächeln. „Miss Chester wird langsam zappelig, Mylady“, flüsterte sie mit einem Blick auf das kindlich in Rüschen gehüllte Persönchen, das eben hinter einer der Vitrinen verschwand.
    Miss Caterina Chester, die gelangweilte siebzehnjährige Nichte der begeisterten Käuferin, hatte endlich etwas entdeckt, das ihr gefiel, jedoch besser zwischen ein paar silbernen Kandelabern hindurch betrachtet werden sollte. Zwei Herren waren nämlich eingetreten, aus deren Gespräch die junge Dame so viel hatte entnehmen können, dass die beiden verwandt und der eine um die dreißig, der andere einige Jahre jünger war. Beide waren zweifellos von hohem Rang und die attraktivsten Gentlemen, die ihr heute vor die Augen gekommen waren.
    Aus den gängigen Modemagazinen wusste sie, wie ein beispielhaftes
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