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Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Titel: Sir Rogers himmlischer Kreuzzug
Autoren: Poul Anderson
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über uns schienen plötzlich sehr fern. Ich kannte nur den schnellen Schlag meines Herzens, und plötzlich war mir wieder klar, wie wenige wir doch waren und wie schwach und wie weit von zu Hause. „Was ist denn?“
    „Ich weiß nicht“, sagte der Knappe. „Über den Weitsprecher kam eine Botschaft; eines unserer Streifenschiffe hat sie aus dem Weltraum übernommen. Sir Owain wünscht ein Gespräch mit meinem Herrn. Ich weiß nicht, was gesprochen wurde. Aber Sir Roger torkelte wie ein Blinder aus seinem Zelt und brüllte nach dir. Oh, Bruder Parvus, es war schrecklich anzusehen!“
    Ich dachte, ich sollte für uns alle beten, da wir ohne Zweifel dem Untergang geweiht waren, wenn die Kraft und die Schlauheit des Barons uns nicht länger stützen konnten. Aber gleichzeitig war ich voll Bedauern für ihn allein. Er hatte soviel ertragen und zu lange und nie eine Seele gehabt, die die Last mit ihm teilen konnte. All ihr tapferen Heiligen, dachte ich, steht ihm jetzt bei.
    Red John Hameward hielt vor dem tragbaren Jair-Unterschlupf Wache. Er hatte erspäht, daß sein Meister litt, und war vom Schießplatz herbeigeeilt. Mit gespanntem Bogen brüllte er die Menge an, die sich um ihn drängte, und murmelte: „Zurück! Zurück an eure Plätze! Beim Tode Gottes, diesen Pfeil jage ich dem ersten durch die Brust, der meinen Lord belästigt, und dem nächsten breche ich den Hals! Geht, hab’ ich gesagt!“
    Ich schob den Hünen beiseite und trat ein. Drinnen war es heiß. Das Sonnenlicht fiel gefiltert herein, obwohl das durchscheinende Dach eine dicke Farbschicht trug. Die Behausung war vorwiegend mit vertrauten Dingen ausgestattet, Leder, Teppichen, Rüstungen. Aber auf einem Regal standen Instrumente fremder Herkunft, und über dem Boden war ein großer Weitsprecher aufgestellt.
    Davor saß Sir Roger zusammengesunken in einem Sessel, das Kinn auf der Brust. Seine großen Hände hingen schlaff herunter. Ich stahl mich von hinten herein und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Was ist, Sire?“ fragte ich so leise ich konnte.
    Er bewegte sich kaum.
    „Geh weg“, sagte er. – „Ihr habt nach mir gerufen.“
    „Ich wußte nicht, was ich tat. Das ist nur zwischen mir und – geh weg.“
    Seine Stimme war ausdruckslos, und doch mußte ich meine ganze schwache Courage einsetzen, um vor ihn zu treten und zu sagen: „Ich nehme an, Euer Empfänger hat die Botschaft wie üblich aufgezeichnet?“
    „Ja. Ohne Zweifel. Am besten lösche ich sie aus.“
    „Nein.“
    Sein grauer Blick hob sich mir entgegen. Ich erinnerte mich an einen Wolf, den ich einmal in der Falle gesehen hatte, in jenem Augenblick als die Stadtleute ihren Ring um ihn schlossen, um ihm ein Ende zu machen. „Ich will dir nicht weh tun, Bruder Parvus“, sagte er.
    „Dann tut es nicht“, antwortete ich brüsk und beugte mich vor, um die Aufnahme abzuspielen.
    Er sammelte seine Kräfte, unendlich müde. „Wenn du jene Botschaft siehst“, warnte er mich, „muß ich dich um meiner Ehre willen töten.“
    Ich dachte zurück an meine Zeit als Knabe. Damals waren verschiedene kurze, eindringliche, rein englische Worte in Gebrauch gewesen. Ich wählte eines davon und sprach es aus. Während ich vor den Skalen kauerte, sah ich aus dem Augenwinkel, wie seine Kinnlade herunterfiel. Er sank in seinen Sessel zurück. Ich fügte ein zweites englisches Wort hinzu.
    „Eure Ehre liegt darin, daß Euer Volk sich wohlbefindet“, fügte ich hinzu. „Ihr seid nicht imstande, etwas zu beurteilen, das Euch so erschüttern kann wie dieses. Setzt Euch und laßt mich hören.“
    Er kauerte sich zusammen. Ich legte einen Schalter um. Sir Owains Gesicht sprang auf die Scheibe. Ich sah, daß er ebenfalls abgemagert war, und sein ebenmäßiges Gesicht war nicht mehr so auffällig, seine Augen waren trocken und brennend. Er sprach in formeller höflicher Weise, konnte aber seine Erregung nicht verbergen.
    An seine genauen Worte vermag ich mich nicht zu erinnern. Nicht daß sie wichtig gewesen wären. Er sagte seinem Herrn, was geschehen war. Er befand sich jetzt im Weltraum mit dem gestohlenen Schiff. Er hatte sich New Avalon genähert, um diesen Spruch abzusenden, hatte aber sofort darauf wieder kehrtgemacht. Es gab keine Hoffnung, ihn in jener Weite zu finden. Wenn wir nachgäben, so sagte er, würde er dafür sorgen, daß unser Volk nach Hause transportiert wurde. Branithar habe ihm versichert, daß der Wersgor-Kaiser versprechen würde, Terra in Frieden zu lassen. Wenn
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