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Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Titel: Sir Rogers himmlischer Kreuzzug
Autoren: Poul Anderson
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die ganze Zeit, als er die einzige Person ihres Ranges auf diesem Planeten war, der einzige, mit dem sie frei sprechen konnte. Sie erinnerte sich an verkohlte Leichen in den Festungsruinen, sie dachte daran, wie die kleine Matilda während der Belagerung Darovas jedesmal geschrien hatte, wenn eine Granate die Mauern erzittern ließ, an die grünen englischen Wälder, wo sie in den ersten Jahren ihrer Ehe mit ihrem Herrn auf Falkenjagd gegangen war, an die Jahre, die er jetzt im Kampf um ein Ziel, das sie nicht begreifen konnte, verbringen wollte. Sie hob ihr Gesicht dem Mond entgegen, und das Licht schien auf ihre Tränen, und sie sagte: „Ja.“

 
19
     
    Ich kann nicht sagen, was Sir Owain zu seinem Verrat trieb. In seiner Brust hatten schon immer zwei Seelen miteinander gekämpft; tief im Herzen mußte er sich stets erinnert haben, wie das Volk seiner Mutter unter dem seines Vaters gelitten hatte. Zum Teil waren seine Gefühle ohne Zweifel wirklich das, was er Catherine gegenüber behauptete: Schrecken über die Situation, Zweifel an unserem Sieg, Liebe, die er für ihre Person empfand, und Besorgnis um ihre Sicherheit. Und zum Teil gab es auch ein weniger ehrenwertes Motiv, das vielleicht als ein beiläufiger Gedanke seinen Anfang genommen haben mußte, mit der Zeit aber angewachsen war – was konnte man nicht alles auf Terra mit ein paar Wersgorwaffen ausrichten! Leser meiner Chronik, wenn Du für die Seelen von Sir Roger und Lady Catherine betest, dann sprich auch ein Gebet für den unglücklichen Sir Owain Montbelle.
    Was auch immer in seinem geheimen Ich stattfand, der Ruchlose handelte äußerlich kühn und intelligent. Er bewachte die Wersgorix scharf, die man zur Unterstützung Branithars herbeigeholt hatte. Während der Wochen ihrer Mühen, während das, was Branithar vergessen hatte, aus seinen Träumen gelöst und mit mathematischen Geräten von mehr als arabischer Schlauheit studiert wurde, bereitete der Ritter in aller Stille das Raumschiff zum Abflug vor. Und die ganze Zeit mußte er dafür sorgen, daß das Herz seiner Mitverschwörerin, der Baronin, bei der Sache blieb.
    Sie schwankte in ihrem Entschluß, weinte, stürmte, schrie ihn an, er solle sie verlassen. Einmal traf ein Schiff mit Befehlen für eine bestimmte Zahl von Leuten ein, die einen weiteren besiegten Planeten besiedeln sollten. An Bord des Schiffes war ein Brief, den Sir Roger seiner Frau geschickt hatte. Er hatte ihn mir diktiert, da er seiner Orthographie nicht immer sicher war, und ich hatte es übernommen, seine Sätze ein wenig zu polieren, so daß ein wenig demütige Liebe durch die steifen Sätze klang. Catherine schrieb sofort eine Antwort, gestand, was sie getan hatte, und erbat Verzeihung. Aber Sir Owain hatte das erwartet, beschaffte sich den Brief, ehe das Schiff wieder abflog, verbrannte ihn und überredete sie, ihrem Komplott treu zu bleiben. Er schwor, daß dies für alle Betroffenen das beste sei, selbst für ihren Herrn.
    Schließlich gab sie vor dem ziemlich zusammengeschrumpften Dorf vor, sie wolle sich ihrem Ehemann anschließen. Sie schiffte sich mit den Kindern und zwei Zofen ein. Sir Owain hatte genug Künste des Weltraums gelernt, um das Schiff zu einem bekannten Zielort zu senden – man brauchte dazu bloß die richtigen Knöpfe zu drücken –, also konnte er sich ihnen offen anschließen. In der Nacht vorher hatte er die Wersgorix an Bord geschmuggelt: Branithar, den Arzt, den Piloten, den Navigator und ein paar Soldaten, die im Gebrauch jener Bombarden ausgebildet waren, die aus dem Rumpf ragten.
    Innerhalb des Schiffes, wo Owain und Catherine als einzige Waffen trugen, waren sie nutzlos. In der Kleiderkiste in ihrem Schlaf gemach waren zusätzliche Handwaffen verstaut, und dort hielt eine Zofe die ganze Zeit Wache. Die Mädchen hatten solche Angst vor den Blaugesichtern, daß ihr Geschrei, hätte wirklich einer versucht, eine Waffe zu entwenden, Sir Owain sofort herbeigerufen hätte.
    Dennoch mußten Ritter und Lady ihre Gefährten wie Wölfe bewachen. Denn für Branithar hätte es natürlich nahegelegen, das Schiff nach Wersgorixan selbst zu lenken, wo er dem Kaiser Terras Standort hätte mitteilen können. Mit ganz England als Geisel hätte Sir Roger kapitulieren müssen. Selbst das Wissen, daß wir nicht einer großen, raumfahrenden Zivilisation angehörten, sondern einfache, unschuldige Christenmenschen waren, bloße Lämmer, die man zur Schlachtbank führen konnte, hätte die Wersgorix so ermutigt
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