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Sinnliche Naechte in Paris

Sinnliche Naechte in Paris

Titel: Sinnliche Naechte in Paris
Autoren: Sandra Marton
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Khalil erschrocken. „Hassan! Was machst du hier?“
    „Ich warte auf Sie, Euer Hoheit.“
    „Das ist lächerlich! Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht auf mich warten sollst …“ Hassans Gesichtsausdruck ließ ihn abrupt innehalten. Seine Stimme wurde sanfter. „Geh ins Bett, alter Mann. Ich schaffe das allein.“
    „Das gehört sich nicht, Prinz Khalil. Ich bin Ihr Diener. Ich sollte Ihnen helfen. Die Tradition besagt …“
    „Die Tradition besagt, dass es schon spät ist“, unterbrach Khalil ihn schroff. Er legte einen Arm um die Schultern des alten Mannes und führte ihn zur Tür. „Vielen Dank, dass du auf mich gewartet hast, aber ich komme wirklich allein zurecht.“
    Der alte Diener seufzte, dann verbeugte er sich so tief, dass Khalil schon fürchtete, er würde vornüberkippen, und zog sich zurück.
    Tradition, in der Tat, dachte Khalil, während er die Tür schloss. Würde sein Volk jemals den Weg ins einundzwanzigste Jahrhundert finden, wenn es sich mit so vielen nutzlosen Sitten und Gebräuchen belastete? Er war zwar mit diesen Dingen aufgewachsen, hatte alles beachtet, wie man es von ihm erwartete, doch mehr als eine Dekade im Westen hatte ihn gelehrt, dass sich bestimmte Dinge ändern mussten.
    Er ließ das Handtuch fallen und schlüpfte in eine graue Pyjamahose.
    Bei der Stellung von Dienern angefangen. Dann die blinde Ehrfurcht, die der Königsfamilie entgegengebracht wurde. Die rigide Starrheit des Gesetzes, das der Sultan diktierte, der Kronprinz …
    Oder der Vater einer Frau.
    Khalil legte sich ins Bett, verschränkte die Hände unterm Kopf und starrte die reich verzierte Kassettendecke an.
    Irgendetwas stimmte nicht mit der Geschichte, die ihm am Strand erzählt worden war. Wen sollte diese Frau heiraten? Und warum reiste sie mit einem derart kleinen Brautgefolge?
    Zwei Frauen. Ein Bewacher. Das passte nicht. Eine Hochzeit zwischen zwei Personen von Wohlstand und Macht war eine überaus wichtige Angelegenheit, und darum handelte es sich bei dieser Hochzeit doch sicherlich. Normalerweise würde die Braut mit Ehrbezeugungen überschüttet. Mindestens ein Dutzend Reiter müsste sie begleiten. Ebenso viele Begleiterinnen. Mitglieder ihrer Familie und ihres Dorfes.
    Und welche Rolle spielte sein Vaters bei dieser Vermählung? Weshalb hatte er das Brautgefolge nicht zu dem opulenten Dinner eingeladen, das unten im Ballsaal immer noch stattfand?
    Nachdenklich stand Khalil auf, trat ans Fenster und blickte hinaus.
    Etwas Merkwürdiges war an diesem Abend passiert. Das wusste er. Allerdings wusste er auch, dass es nichts mit ihm zu tun hatte. Das hier war Al Ankhara, ein uralter Ort, der Geheimnisse barg, die er nicht immer verstehen konnte.
    Khalil ging zurück ins Bett.
    Eines war jedoch sicher. Die Begebenheit hatte ihm ein Grundbedürfnis enthüllt. Er brauchte eine Frau.
    Vor beinahe zwei Monaten hatte er eine Affäre beendet. Zwar gab es mittlerweile eine neue Geliebte an seiner Seite, doch er hatte sie nur einmal getroffen, ehe er hierher geflogen war. Ganz sicher war das der Grund, der einzige Grund, weshalb er derart heftig auf die Frau am Strand reagierte.
    Sein Bedürfnis nach Sex würde er stillen, wenn er nach New York zurückkehrte. Die Frau, die dort auf ihn wartete, verfügte sowohl über Schönheit als auch über Kultiviertheit. Sie würde ihn freudig begrüßen und etwas Verführerisches tragen, das sie vielleicht bei Saks oder Bendel’s gekauft hatte.
    Welcher Mann, der halbwegs bei Verstand war, würde ihr eine kratzbürstige Wildkatze in einer Djellaba vorziehen?
    Doch als Khalil die Augen schloss, war das Gesicht, das er vor sich sah, nicht das seiner Geliebten in New York, sondern jenes der Frau vom Strand.
    Umso wichtiger, dachte er, während ihn allmählich die Schwere des Schlafes überkam, herauszufinden, was sein Vater von ihm wollte, seinen Wunsch zu erfüllen und dann so schnell wie möglich nach New York zurückzukehren.
    Sein Vater schickte einen Diener, der ihm mitteilte, dass sie gemeinsam in dem kleinen Hof, dessen Mitte ein Springbrunnen schmückte, frühstücken würden.
    Als Khalil dort ankam, saß sein Vater bereits an einem Marmortisch, der üppig mit süßem Obst, Joghurt, Käse und frisch gebackenem Brot gedeckt war.
    Der Sultan erhob sich halb, worauf die beiden Männer eine rasche Umarmung teilten.
    „ Sabah ala-kheir, mein Sohn.“
    „Guten Morgen, Vater.“
    „Hast du gut geschlafen?“
    „Sehr gut, danke.“
    „Bitte, setz dich.
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