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Sinnliche Eroberung

Sinnliche Eroberung

Titel: Sinnliche Eroberung
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und zupfte eine Strebe, die sich in ihre oberste Rippe gebohrt hatte, heraus.
    »Trödle nicht, Kind. Dame Lightfoot wird jeden Moment hier sein, um dir deine erste Tanzstunde zu erteilen.«
    Diana konnte bereits tanzen. Immer wenn sie Musik hörte, begann sich ihr Körper wie von selbst sinnlich zu wiegen. Sie hatte während der Ferien mit ihrem Vater einmal den Zigeunern beim Tanzen zugesehen, und die schnellen, exotischen Drehungen hafteten unlöschlich in ihrem empfänglichen jungen Gemüt. Die komplizierten Schritte der herkömmlichen Tänze kannte sie jedoch noch nicht, und die waren ein absolutes Muß für ein junges Mitglied der Gesellschaft. Sie hoffte, daß Dame Lightfoot ein Herz voller Musik und eine Seele voller Leidenschaft besaß. Jemand, der mit Tanzunterricht sein Leben verdiente, konnte doch sicher nicht aus Anstandsregeln bestehen.
    Ihr Optimismus wurde jedoch in dem Moment erstickt, in dem sie ihren ersten Blick auf Dame Lightfoot warf. Eine stattliche Frau mit großzügiger Oberweite, die jedoch in einem äußerst schicklichen Korsett steckte. Ihre mausgraue Perücke wirkte ebenso streng wie ihr Gesichtsausdruck. Sie hatte einen langen Spazierstock mit einem ebenhölzernen Knauf bei sich, mit dem sie zum Unterstreichen ihrer Worte auf den Boden klopfte.
    Offensichtlich fand die Tanzlehrerin die volle Zustimmung ihrer Tante, denn Prudence überschlug sich geradezu vor Freundlichkeit. »Dies ist Ihr Schützling, Dame Lightfoot. Ich habe keinerlei Sorge, Lady Diana in Ihre fähigen Hände zu überstellen. Ein paar Instruktionen in Etikette und Benimm, zusätzlich zum Tanzunterricht, wären ebenfalls nicht fehl am Platze. Meine liebe Nichte ist ein kleiner Bücherwurm, fürchte ich. Sie braucht ein wenig Unterweisung in den Dingen, die zu einem erfolgreichen Debüt notwendig sind.«
    Die Zuchtmeisterin klopfte mit ihrem Stock auf den Boden und maß Diana von Kopf bis Fuß. Sie besaß einen durchdringenden, verschlagenen Blick, dem nichts entging.
    »Ich lasse Sie beide jetzt allein, damit Sie einander kennenlernen«, sagte Prudence und zog die Flügeltür des Musikzimmers hinter sich zu.
    »Wie fühlen Sie sich, junge Frau?« fragte Dame Lightfoot in hochmütigem Ton.
    »Mäßig«, erwiderte Diana aufrichtig.
    Die Dame brach unvermutet in Gelächter aus, und Diana dachte, daß vielleicht doch nicht alles verloren war.
    Dame Lightfoot klopfte energisch mit dem Stock. »Wir wollen mit der Sprache des Fächers beginnen.«
    Diana fragte sich, was um alles in der Welt das mit Tanzen zu tun hatte. Als sie es wagte, ihre Frage laut zu äußern, nahm die Dame eine militärische Haltung an. Ihre Worte knatterten wie Geschützfeuer. »Der Fächer ist wichtiger als die Füße. Tatsächlich ist alles wichtiger als die Füße: die Haare, die Augen, der Mund, die Figur, die Manieren, die Konversation, der Appetit, die Kleidung.«
    »Die Mode für junge Frauen heutzutage ist abscheulich«, wagte Diana zu bemerken.
    »Das finden Sie?« erwiderte die Dame, und ihre Gesichtszüge schienen einzufrieren.
    Am liebsten hätte Diana sich auf die Zunge gebissen, aber nun war es einmal heraus, also konnte sie ebenso gut gleich alles sagen. »Die Röcke sind so voluminös, daß sie den ganzen Platz in der Kutsche einnehmen, vorausgesetzt man kann sich überhaupt durch die Tür quetschen. Die gepuderten Perücken sind so hoch, man wundert sich, daß keine Vögel darin nisten. Aber mein persönlicher Favorit ist das Korsett. Diese starren Streben drücken einem die Eingeweide ein, sobald man sich auch nur ein bisschen bückt.«
    Die Augenbrauen der Dame schössen hoch, daß sie beinahe unter der Perücke verschwanden. »Eingeweide ist ein Wort, das eine Lady niemals benutzt. Ich sehe schon, Sie haben eine unorthodoxe und freizügige Erziehung genossen.« Das Schlachtroß richtete sich zu seiner vollen Größe auf, klopfte zweimal aufs Parkett und meinte dann gönnerhaft, »ich werde dennoch eine erfolgreiche Debütantin aus Ihnen machen.«
    »Genau das befürchte ich ja«, murmelte Diana. Doch die Sache begann ihr trotzdem allmählich Spaß zu machen, und sie be schloss , Dame Lightfoot gründlich zu schockieren. »Im Mittelalter haben die Damen vollkommen nackt geschlafen! Die Kirche verdammte Nachthemden als skandalöse Obszönitäten, die Männer zu lüsternen und unzüchtigen Dingen verleiten würden. Offensichtlich hatten diese ersten Nachtgewänder keinerlei Ähnlichkeit mit den schicklichen Kleidungsstücken, die ich zum
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