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Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt

Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt

Titel: Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
Autoren: Sandra Garbers
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infernalischen Lärm, indem er laut seine Heavy-Metal-Platten aus den 80ern aufdreht. Er will einfach seine Ruhe haben.
    Und so führt ein Lärm zum nächsten. Es ist das Broken-Windows-Prinzip, nach dem eine einzige eingeschlagene Scheibe zum Niedergang eines ganzen Stadtteils führt. Nur in diesem Fall eben akustisch.
    Ich glaube, in Prenzlauer Berg wohnen nicht nur die perfektesten Eltern, sondern auch die größten Zeugungsverweigerer. Weil sie jeden Tag sehen, wohin das führen kann. Eines kann ich mit Sicherheit sagen: Es gibt kein sichereres Verhütungsmittel als einen Nachmittag auf meinem Balkon.
    Irgendetwas hat dieser Stadtteil an sich, dass er aus eben noch vernünftigen, entspannten Menschen Wahnsinnige macht, sobald sich Nachwuchs ankündigt. Eine schwangere Bekannte wollte neulich eine Lebensmittelkette verklagen, weil sich einige Sandkörner in ihrem Salat fanden. Drei Sandkörner! Toxoplasmose-Alarm! Eine andere, von ihrem dreijährigen Sohn ins Gesicht geboxt und anschließend in die Brust gekniffen, sagte nur: »Nein, Carl-Theodor, das machen wir nicht so.« Woraufhin er nur noch heftiger zukniff. »Er ist ja noch so klein«, sagte die Mutter. Ja, noch!
    Hier werden tickende Zeitbomben herangezüchtet. Meine Bekanntschaft mit einem kleinen, hellblonden Jungen dürfte der vorläufige Höhepunkt Prenzlauer-Berg-Mutterkults sein. Das Kindsaß abends in einem Restaurant am Nebentisch. »Unser Kleiner heißt Parsifal«, sagte der Vater stolz. Parsifal, der unschuldige Tor, der allein bei seiner Mutter aufwuchs. Ohne Vater. Na, das ist doch mal ein moderner Name.
    Aber immerhin war Parsifal schon mal ein Junge. Ansonsten sieht es ziemlich mau aus mit der freiwilligen Selbstverpflichtung der Männer, einen Sohn zu zeugen, ein Haus zu bauen und einen Baum zu pflanzen. Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis umgucke, scheint es mir, als gebe es nur noch die abgeschwächte Version mit Tochter und Mietwohnung. Bäume pflanzen die Kerle auch nicht. Bestenfalls ein Töpfchen Basilikum. Oder sie kaufen einen Strauß Tulpen bei Blume 2000, wenn sie mal wieder besoffen zur Begleitung gesagt haben: »Echt, willst du schon nach Hause? Ist doch erst vier Uhr nachts. Aber vielleicht ist es wirklich besser für dich, jetzt in dem kurzen Kleidchen durch den Regen und die Kälte nach Hause zu gehen und nicht später. Du hast ja diese Lungenentzündung. Ich tanz dann jetzt noch bis morgen früh um sechs, damit ich dir morgen den ganzen Tag vorjammern kann, dass ich nie, nie, nie wieder Alkohol trinke. Okay? Tschühüß.«
    Dabei fällt mir ein: Noch schlimmer als Alkohol wirken nur noch Schwangerschaftshormone. Nachdem meine Freundinnen in den vergangenen zwei Jahren geheiratet haben, sind sie jetzt schwanger. Seitdem sitze ich mit Katze eins und zwei allein zu Hause. Ich nenne sie seit Kurzem auch nicht mehr Katze eins und zwei, sondern Toxoplasmose und Rohmilchkäse. Und warte, dass die Schwangerschaftshormone sich bei meinen Freundinnen wieder abbauen, aber die haben offenbar eine ähnlich lange Halbwertszeit wie Plutonium.
    Meine Freundinnen sagen, dass sich fast nichts ändern würde, dass sie natürlich niemals so eine Prenzlauer-Berg-Mutter werden würden, aber dass sie gerade keine Zeit hätten, weil sie mit den neuen Freundinnen aus dem Schwangerschaftsyoga Stilleinlagen kaufen gehen.

Scheidungen sind wie weiße Kleider

    Immer wenn ich mal wieder Single werde, kaufe ich mir ein schönes weißes Kleid. In meinem Schrank hängen mittlerweile mehr weiße Kleider als bei Pronuptia. Das liegt aber nicht, wie die Hobbypsychologen unter meinen Freunden vermuten, an einem unbewussten Heiratswunsch. Im Gegenteil. Weiße Kleider sind der Versuch, in den unschuldigen Urzustand zurückzufinden. Denn weiße Kleider sind die Radiergummis unter den Klamotten; sie machen ihre Trägerin wieder zu dem unbeschriebenen Blatt, das sie war, bevor sie diesen Kerl kennengelernt hat.
    Im Moment trage ich meine weißen Kleider aber aus einem anderen Grund. Es hat sich herausgestellt, dass diese Kleider die Berliner Männer zu den nettesten Menschen der Welt machen. Gut, sagen wir Ostdeutschlands. Manchmal lässt der Wind mein weißes Kleid flattern, und diese Brutalos denken vermutlich, ich würde die weiße Fahne schwenken und mich ergeben. Männer mögen es, wenn sie sich vor Frauen nicht fürchten müssen.
    Und dann werden sie ganz milde, lassen mich an der Kinokasse vor, treten lächelnd zur Seite, wenn ich auf dem Fußweg Fahrrad
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