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Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt

Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt

Titel: Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
Autoren: Sandra Garbers
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mitgebracht hat, weil sich sonst sicher eine der Gattinnen an ihn herangeschmissen hätte. Und dann müsste man ihn mit noch mehr Frauen teilen.
    Als ich ging, begleitete mich der Gastgeber auf die Straße vor dem gepflegten Garten. Während wir auf das Taxi warteten, das mich zurück in die Singlewelt fahren sollte, küsste er mich. Seine Frau konnte uns nicht sehen, sie brachte gerade die Kinder ins Bett.

Kinder nicht willkommen

    Neulich landete ein Brief auf meinem Schreibtisch. »Sehr geehrtes Frl. Garbers, vielleicht sind wir unverbesserliche Romantiker auf der Suche nach dem Strahlen in Kinderaugen, platt gedrückten Stupsnasen an Fensterscheiben …«
    Ich bin ganz und gar nicht auf der Suche nach platt gedrückten Stupsnasen. Ich wohne in Prenzlauer Berg. Da freut man sich, wenn man drei Minuten lang mal keine platt gedrückte Stupsnase sieht – und vor allem hört. Der Brief landete samt Holzspielzeug-Katalog »Kinder willkommen« im Papierkorb.
    Nichts gegen Kinder. Aber könnte man die nicht gerechter auf die Bezirke verteilen? Und vor allem ihre Mütter? Davon gibt es ja beinahe genauso viele. Eine massive Übermütterung in Prenzlauer Berg. Wir anderen werden derweil langsam, aber sicher aus der Wohngegend gemobbt. Entmietet. Früher haben sie einfach den Strom abgestellt oder Schlägertrupps vorbeigeschickt. Heute schicken sie die Mütter.
    Nehmen wir den vergangenen Sonnabend. Müde war ich zur üblichen Zeit aus meiner Wohnung ins kleine Stehcafé im Erdgeschoss getrottet. Zur üblichen Zeit bezeichnet die kleine Zeitspanne, in der das Café zwar schon geöffnet ist, die Mütter sich mit ihrem Nachwuchs aber noch in den Bioläden der Umgebung aufhalten.
    Meist schaffe ich zwei Latte macchiato, bevor eine Bestellung hereinkommt wie: »Ein Carokaffee und einen – Iphigenie, legst du jetzt verdammt noch mal den Keks aus der Hand! – Rote-Bete-Saft.« Sodann wird der mörderisch laute Entsafter angeschmissen, Iphigenie – denn sie heißen ja nicht einfach Anna, Jan oder Peter – heult erst ihrem Keks hinterher und beginnt dann, etwa 25-mal hintereinander die Tür des Cafés auf und zu zu schlagen. Wenn man Pech hat, wird Iphigenies volle Windel mit der größten Selbstverständlichkeit neben den Croissants auf dem Tisch gewechselt. Guten Appetit. Niemals würde jemand etwas sagen. Denn die Antwort kennen wir: kinderfeindlich.
    Ja, es ist eine große Aufgabe, welche die Mütter übernommen haben: Sie kämpfen gegen die demografische Katastrophe und kümmern sich um das Wohl unseres Planeten. Aber muss das gleichzeitig bedeuten, nicht mehr auf sich, seine Lautäußerungen und was man Passanten sonst noch so an Emissionen zumutet, zu achten?
    Sie haben sich für ein Kind entschieden. Früher war das mal eine private Sache. Heute treffen die Neo-Mütter und -Väter ihre Entscheidung in aller Selbstverständlichkeit für ihr komplettes soziales Umfeld. Für Unbeteiligte, Passanten. Fremde haben sich dem Familientotalitarismus unterzuordnen.
    Diese Gewissheit ist es, die sie Dinge machen lässt, wie Windeln auf Caféhaustischen zu wechseln oder die Brüste in der Lounge gut sichtbar für alle auszupacken. Denn – und das ist die ganze Tragik – das alte Leben will weitergeführt werden. Wie vorher, nur eben mit Kind. Und das bedeutet: morgens Latte macchiato, aber mit Gebrüll. Mittags Ciabatta, aber mit Gebrüll. Abends Tom-Kha-Gai-Suppe, aber mit Gebrüll. Der Prenzlauer Berg als riesiger Sonderkindergarten. Sie haben sich für ein Kind entschieden, die Umwelt nicht.
    Zurück in der Wohnung. Wenigstens auf meinem Balkon keine platt gedrückten Stupsnasen. Aber auf dem Hinterhof, neben der neuen Sandkiste und dem Planschbecken, hat eine dieser Neo-Mütter ihren Säugling abgestellt. Das macht sie immer, wenn sie ihre Ruhe haben will. Das Kind schreit. Ein Nachbar hält mit Bach dagegen. Mit Bach.
    Den Laden mit den Hanfkeksen und den Liebeselixieren inmeiner Straße gibt es übrigens auch nicht mehr. Stattdessen werden dort jetzt Drachen und Sandkasteneimerchen verkauft. Statt Designermode gibt’s Baby-Second-Hand. Und an den Schwarzen Brettern, wo noch vor einem Jahr ein »orig. Eiermann-Schreibtisch« angeboten wurde, wird nun Kindererziehung nach der Biolance-Methode oder dem Prinzip des Triple-P offeriert. Tolle Sache. Aber bis jetzt scheint sich noch niemand für diese Methoden interessiert zu haben.
    Wie sich die Neo-Mütter anscheinend für viele Dinge nicht mehr interessieren. »Mode ist mir
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