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Silvy will die Erste sein

Silvy will die Erste sein

Titel: Silvy will die Erste sein
Autoren: Marie Louise Fischer
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ich bin jederzeit
bereit, das deiner Mutter gegenüber zu wiederholen.“
    Leonores zaghaftes Lächeln
erlosch wieder. „Und ich bin doch schuld“, sagte sie, „wenn ich nicht
losgelassen hätte...“
    „Ja, weißt du“, sagte Frau Dr.
Mohrmann, „wir alle werden früher oder später und immer wieder schuldig, ob wir
es nun wollen oder nicht. Wir müssen mit dieser Schuld fertig werden. Kopf
hoch, Leonore! Es ist bestimmt keine Schande, wenn man einmal eine Klasse wiederholen
muß.“
    Leonore riß die tränennassen
Augen auf.
    „Heißt das... ich werde
sitzenbleiben?“
    „Das kannst du dir selber nach
deinen Noten im letzten halben Jahr ausrechnen, und wenn du dann noch deine
sehr mangelhaften Leistungen im mündlichen Unterricht berücksichtigst... aber,
wie gesagt, es ist keine Schande, und nächstes Jahr wirst du bestimmt wunderbar
mitkommen. Und schließlich ist es doch die Hauptsache, daß deine Mutter wieder
gesund wird, nicht wahr?“
     
     
     

Es darf
getanzt werden
     
    Als die drei Mädchen mit
ziemlich gemischten Gefühlen das Haus, in dem Frau Dr. Mohrmann wohnte,
verließen und auf die Straße traten, wurden sie von Ruth und Olga erwartet und
neugierig begrüßt.
    Katrins schwarze Augen blitzten
sofort wieder unternehmungslustig auf, und sie stürzte auf die Freundinnen zu.
„Wie gut, daß ihr uns abholt!“
    „Ist doch Ehrensache!“ rief
Ruth.
    Und Olga drängte:
    „Los! Nun erzählt schon! Wie
ist es gewesen? Was hat das Mohrchen gesagt?“
    Katrin legte den Arm um
Leonores Schulter. „Es ist etwas Entsetzliches passiert! Freunde, ihr werdet es
nicht für möglich halten... es besteht die Gefahr, daß Leonore nicht versetzt
wird!“
    „Nein!“ riefen Olga und Ruth:
„Oje!“
    „Jetzt fang nicht wieder an zu
heulen, Leonore“, sagte Katrin, „Mohrchen hat ganz recht! Natürlich ist es
keine Schande, und im nächsten Jahr würdest du es ganz fabelhaft leicht haben.
Wir sind es, die Grund zu weinen hätten. Denn was sollen wir ohne dich
anfangen? Du weißt doch, wie es ist, wenn jemand in eine andere Klasse geht,
dann platzt die schönste Freundschaft.“
    „Das darf eben nicht
passieren!“ erklärte Ruth.
    „Steht es denn schon
felsenfest?“ fragte Olga.
    „Bestimmt“, sagte Leonore,
„sonst hätte Mohrchen es doch bestimmt nicht gesagt.“
    „Ach was“, sagte Katrin, „es
sind ja noch sechs Wochen bis zu den Ferien. Wir müssen etwas unternehmen, und
zwar sofort. Herrjemine, Leonore, wie ich mich ärgere, daß du nicht wenigstens
mit mir oder Ruthchen Mathe gebüffelt hast. Das hätte dir doch geholfen.“
    „Ich hatte so viel anderes zu
tun.“
    „Das hättest du uns sagen
müssen. Na, egal, jetzt hilft kein Jammern und kein Klagen, wir müssen handeln.
Ich schlage vor … bis deine Mutter aus dem Krankenhaus entlassen wird, werden
wir einen Haushaltsdienst einrichten. Wir werden dir umschichtig bei der
Hausarbeit helfen, so daß du Zeit zum Lernen hast. Einverstanden?“
    „Ja!“ sagten Ruth und Olga.
    „Zwei von uns werden also immer
putzen, flicken und kochen, die dritte wird mit dir pauken... immer diejenige,
die am besten in dem betreffenden Fach ist...“
    Während sie eifrig Pläne
schmiedeten, entfernten die Freundinnen sich mehr und mehr. Keine kam auf den
Gedanken, Silvy in die Verschwörung mit einzubeziehen, sie verabschiedeten sich
nicht einmal von ihr, sondern sie benahmen sich, als wäre sie einfach Luft für
sie.
    Silvy spürte, daß keine Absicht
dahintersteckte und daß sie sie mit diesem Benehmen auch nicht ärgern wollten,
sondern daß sie sie nicht mehr als Freundin betrachteten. Sie hatten Silvy aus ihrem
Kreis verstoßen — oder, war es nicht vielmehr andersherum richtig, hatte Silvy
sich nicht durch ihre Haltung selber ausgeschlossen?
    So weit dachte Silvy in diesem
Augenblick noch nicht. Aber ein seltsames Gefühl überkam sie, eine Bangigkeit
und Verlassenheit, die ihr die Kehle zuschnürte.
    „Ach was“, sagte sie laut, „wer
nicht will, hat schon gehabt!“ Sie wechselte auf die andere Straßenseite
hinüber, um nur ja nicht den Eindruck zu erwecken, als liefe sie den
Freundinnen nach.
    Sie verbrachte eine sehr
unruhige Nacht. Ihre Mutter wunderte sich, daß sie so schlecht aß, und als sie
am nächsten Morgen zur Schule ging, war sie fest entschlossen, das Eis zu
brechen und sich wieder mit den anderen zu versöhnen.
    Aber in der ersten Stunde war
Mathematik, und Dr. Künzel gab die Sonderklassenarbeiten zurück. Unter
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