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Silvy macht ihr Glück

Silvy macht ihr Glück

Titel: Silvy macht ihr Glück
Autoren: Berte Bratt
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kurzen Blick auf ihren Mitfahrer. Er war groß und blond und sonnengebräunt wie sie selber. Und er hatte eine schöne Stimme, tief und melodisch. Dann fuhr sie los.
    „Es war schon recht unverschämt von mir“, sagte Jörn. „Aber Sie verstehen wohl, ich war ziemlich verzweifelt. Ich habe die Flugkarte in der Tasche, und ich muß unbedingt heute nachmittag in Kopenhagen sein. Mein Freund hatte versprochen, mich zum Flugplatz zu fahren, aber…“
    „Ich finde das keineswegs unverschämt“, sagte Sylvi. „Klar, daß man einander in so einer Lage behilflich sein muß. Das hätten Sie doch sicher auch getan.“
    „Nun ja, das muß ich einräumen, das hätte ich.“ Er schwieg ein Weilchen und sah Sylvi an. Der Luftzug blies ihr blondes Haar nach hinten, und Jörn sah ein keckes Profil, einen sonnengebräunten Hals und einen ruhigen Blick, der unverwandt auf die Straße gerichtet war. Die Hände am Steuer waren gebräunt und stark.
    „Jetzt hätte ich beinahe gesagt, Sie fahren gut, Fräulein. Aber ich sage es nicht, denn im Grunde würde das ja eine Beleidigung sein.“
    „So?“ Sylvi mußte ein wenig lächeln. „Ja, denn hätte ich so was zu einem Mann gesagt, müßte er mich ja für dämlich halten. Er hielte es doch für selbstverständlich, daß er gut fährt. Warum sollte es dann nicht auch selbstverständlich sein, daß eine Dame gut fahren kann?“
    Jetzt lachte Sylvi. „Diese Auffassung ist leider nicht allgemein“, lächelte sie. „Die meisten Leute meinen, mir ein großes Kompliment zu machen, wenn sie sagen, daß ich gut fahre. Komisch, nicht wahr? Frauen fahren doch jetzt schon seit Jahrzehnten. Und trotzdem gibt es noch genug Menschen, die mit Mißtrauen auf weibliche Fahrer blicken.“
    „Das ist übrigens ein prächtiger Wagen, den Sie da haben.“
    „Haben ist leicht übertrieben“, erklärte Sylvi. „Er gehört mir nicht, ich bin bloß der Chauffeur.“
    „Chauffeur? Ja, meinen Sie das im Ernst? Berufsmäßiger Chauffeur?“
    „Ja. Ich bin Privatchauffeur.“
    „Was Sie nicht sagen!“ Er begann nachzudenken und drehte sich dann plötzlich ganz zu Sylvi herum.
    „Moment mal, meine kleinen grauen Gehirnzellen fangen an zu kombinieren. Weiblicher Chauffeur, großes graues Auto – Sie sind wohl nicht zufällig bei Frau Allen angestellt?“
    „Doch ja. Ist die Welt denn so klein?“
    „Wenn man ein solches Kunststück fertigbringt wie Sie neulich in Aker, als die Bremsen versagten, da müssen Sie schon über sich ergehen lassen, daß darüber geredet wird. Ich weiß es von einem Mann, der kennt einen Mann, der verheiratet ist mit – und so weiter. Das heißt, ursprünglich weiß ich es wohl vom Werkstattinhaber.“
    „Werkstatt! Jetzt haben wir vergessen, uns danach umzusehen. Denken Sie doch an Ihren Freund, der jetzt da oben neben seinem kaputten Vergaser steht.“
    „Meine Güte!“ sagte Jörn. „Ich denke die ganze Zeit – allerdings nicht an ihn.“
    Sie fanden aber bald eine Werkstatt und gaben Bescheid. Dann sauste der graue Wagen weiter.
    „Ich finde, jetzt kennen wir einander schon besser“, sagte Jörn. „Wie heißen Sie denn? Ich kann Sie doch nicht Generalkonsuls Chauffeur nennen. Ich heiße Jörn Hallgren.“
    „Sylvi Eriksen.“
    Sylvi hielt das Steuer mit der linken Hand und reichte ihm die rechte, ohne die Augen von der Fahrbahn zu nehmen.
    „Hübscher Name“, sagte Jörn.
    „Finden Sie Eriksen so hübsch?“ lachte Sylvi.
    „Nein… Sylvi.“
    Sylvi merkte zu ihrem Erstaunen, daß ihre Wangen heiß wurden. Es war eigenartig, ihren Namen derart ausgesprochen zu hören, etwas schleppend, mit einem so warmen Unterton.
    „Sollte uns das Schicksal in dieser Welt wieder zusammenführen, dann will ich mir vorbehalten, Sie Sylvi zu nennen. Aber ich will dem Gang der Begebenheiten nicht vorgreifen. Halten wir uns an das bewußte Bremsseil.“
    „Das war auch schon was, um sich daran zu halten.“
    „Aber ich muß Ihnen doch sagen, wie stolz ich bin, daß ich Sie kennengelernt habe. Sie müßten ja den Weltrekord in Geistesgegenwart gewinnen.“
    „Ach was“, erwiderte Sylvi. „Es ist schon merkwürdig, was man alles fertigbringt, wenn man muß. Man hat ja den Selbsterhaltungstrieb, wissen Sie. Und ich hatte noch die Verantwortung für ein weiteres Leben außer meinem eigenen. Wann geht denn Ihr Flugzeug?“
    „In anderthalb Stunden.“
    „Dann haben wir noch massenhaft Zeit.“
    „Was würde denn Frau Allen sagen, wenn sie erführe, daß Sie fremde
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