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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition)
Autoren: Monika Jaedig
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und? Mir passiert schon nichts auf dem kurzen Stück. Es ist helllichter Tag und jede Menge los auf den Strassen. Stellan wird wohl kaum an der nächsten Kreuzung auf mich lauern.” Er seufzte gequält: “Es gefällt mir nicht. Fionn wird auch nicht erfreut sein, wenn du ganz allein unterwegs bist.” – “Versuch nicht, mich mit Fionn zu erpressen. Ich übernehme die Verantwortung, falls er motzt.” Sie bückte sich nach dem Putzeimer und drückte ihm einen Lappen in die Hand. “Hier. Kannst du bitte den Heizkörper putzen? Ich schrubbe den Boden, und dann fahr ich zur Villa.” Er beeilte sich, denn er konnte bereits Pallis kleinen Lieferwagen hören, der in die Strasse eingebogen war und demnächst vorm Haus parken würde. Und er konnte Rúna unmöglich etwas abschlagen, deshalb würde er den beiden dabei helfen, Pallis Sachen nach oben zu schleppen und die Möbel aufzubauen. Der Heizkörper glänzte wie neu, also nahm er Rúna den Wischmopp aus der Hand und fuhr blitzschnell damit übers Parkett. “Ich geh schon runter und sag Palli Bescheid, dass du ihnen hilfst.” Sie warf ihm eine Kusshand zu. “Ich liebe dich, Heiðar.” – “Warte, du brauchst den Wagenschlüssel.” Er warf ihn sanft und zielsicher in ihre geöffneten Hände. “Pass auf dich auf. Ich liebe dich.”

    “Wie kann er bloss so unvorsichtig sein!” Fionn liess das Schrankteil los, das er fixierte, damit Morten die Schrauben reindrehen konnte, und stürzte aufgebracht aus dem zukünftigen Gästezimmer. Morten griff rechtzeitig zu, damit die Seitenwand nicht zu Boden fiel. Würde er halt das Möbel allein zusammenbauen, Fionn hatte Wichtigeres zu tun. Bereits als der Wagen in die Sólvallagata eingeschwenkt war, konnten sie deutlich hören, dass Rúna am Steuer sass. Kurz bevor sie in die Einfahrt einbog, war klar, dass sie tatsächlich allein unterwegs war. Sie hörten nur den einen Herzschlag, und wie sie furchtbar falsch ein Duett mit einem isländischen Popsänger zum Besten gab. Fionn öffnete die Haustür und ging mit langen Schritten zum Wagen. Musik, Gesang und Motor verstummten, er trat an die Fahrerseite und öffnete die Tür.

    “Hallo Fionn. Na, schon alles ausgeladen?” Sie blickte betont neugierig zum Lieferwagen, dessen Heckklappe geschlossen war, was wohl bedeutete, dass bereits alle Möbel ins Haus geschafft worden waren. Fionns missbilligende Miene übersah sie geflissentlich. “Komm mit, meine Liebe.” Er fasste sie sanft am Arm, führte sie ins Haus und schloss mit Nachdruck die Tür hinter sich. Oops, da schien jemand sauer zu sein. “Hat Heiðar dir erlaubt, ganz allein hierherzufahren?” Rúna hörte deutlich eine gewisse Schärfe in der melodischen Stimme. Also Schultern straffen, das Kinn heben und dem Unsterblichen selbstbewusst entgegentreten: “Nein. Ich brauche keine Erlaubnis von Heiðar, höchstens seinen Wagenschlüssel. Wie du siehst, bin ich in einem Stück hier angekommen. Stellan hat bloss zweimal versucht mich aufzuhalten. Ich hab ihn einfach über den Haufen gefahren.” Ihr Witz kam nicht besonders gut an, zumindest nicht bei Fionn. Morten stand im halbfertigen Schrank und verkniff sich mühsam ein schallendes Lachen. Er mochte Rúnas respektlose Art, sogar dann, wenn er selbst das Ziel ihrer Respektlosigkeit war.

    Fionn fixierte Rúna mit festem Blick. “Ich lasse nicht zu, dass du noch einmal allein unterwegs bist, solange Stellan nicht gefasst ist. Du hältst dich in Zukunft an unsere Abmachung!” Die leisen Worte sausten wie Peitschenhiebe durch die Luft. Fionn war der Dompteur, und Rúna musste gehorchen. “Mach doch nicht so viel Wind um die Sache! Ich war höchstens fünf Minuten allein unterwegs!“ Der flackernde Blick verstärkte sich. „Ein Unsterblicher braucht keine fünf Minuten.“ Er stand plötzlich ganz dicht vor ihr, der Stoff seines Hemdes streifte ihre Nasenspitze. Rúna wurde ziemlich mulmig zumute, vor allem als sie realisierte, dass Fionns Brustkorb sich nicht rührte. Er hielt den Atem an und starrte von oben auf sie herab. Das Streifenmuster des Hemdes verschwamm vor ihren Augen.

    „Lass mich mit ihr sprechen.“ Aus dem Augenwinkel registrierte sie, wie Morten langsam auf sie zukam, dabei ehrfürchtig den Kopf senkte. „Du solltest dich zurückziehen, Fionn. Erlaube mir, sie zur Vernunft zu bringen.“ Morten neigte das Haupt noch tiefer, als wäre Fionn das Alpha-Männchen eines Wolfsrudels. Rúna fühlte sich auch gerade wie Rotkäppchen.

    Das
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