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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge
Autoren: Jim Butcher
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erreichen könne. Das wusste ich nicht, doch ich hatte mich daraufhin ein wenig umgehört und mich schließlich an Mort Lindquist gewandt, der mit seinen Kontakten in der Geisterwelt möglicherweise mehr Erfolg hatte als ich.
    Auch er hatte nicht viel anzubieten, aber immerhin hatte ich nun erfahren, dass sie noch lebte, und war halbwegs beruhigt.
    Inzwischen lief wieder die Erkennungsmelodie, und Larry kehrte auf die Bühne zurück. Die Lautsprecher quietschten und kreischten, als er zu sprechen begann. Meine Kontrolle ließ mit jeder Minute weiter nach, denn der Dämpfungsspruch war erheblich schwieriger zu halten, als ich es mir vorgestellt hätte. Ich konzentrierte mich mühsam, und die Lautsprecher beruhigten sich und knackten nur noch gelegentlich.
    »Willkommen zur Fortsetzung der Show«, sagte Larry in eine Kamera. »Heute unterhalten wir uns mit den Meistern des Paranormalen, die hierhergekommen sind, um unserem Studiopublikum und Ihnen zu Hause ihre Geheimnisse zu offenbaren. Zur Vertiefung der Diskussion habe ich zwei Experten mit gegensätzlichen Standpunkten hinzugebeten. Hier sind sie.«
    Das Publikum applaudierte, als von entgegengesetzten Seiten zwei Männer die Bühne betraten.
    Der erste setzte sich auf den Stuhl neben Morty. Er war ein wenig größer als der Durchschnitt und schmal, seine Haut war von der Sonne dunkel und ledrig. Sein Alter war schwer zu schätzen, vermutlich war er zwischen vierzig und sechzig. Seine grauen Haare waren akkurat geschnitten, und er trug einen schwarzen Anzug mit einem weißen Stehkragen, der ihn als Pfarrer auswies, dazu einen Rosenkranz und ein Kruzifix um den Hals. Lächelnd nickte er Mort und mir zu und gab Larry die Hand.
    »Ich möchte Ihnen nun Vater Vincent vorstellen, der den weiten Weg vom Vatikan hierhergekommen ist. Er gilt in der katholischen Kirsche als führender Gelehrter und Forscher auf dem Gebiet der Hexerei und der Magie und beschäftigt sich sowohl mit der historischen als auch mit der psychologischen Perspektive. Vater, willkommen in unserer Show.« Vincents Stimme klang ein wenig heiser, doch er sprach Englisch mit jenem kultivierten Akzent, der anscheinend als Kennzeichen einer teuren Ausbildung gilt. »Danke, Larry. Ich freue mich, hier zu sein.«
    Dann fiel mein Blick auf den zweiten Mann, der sich neben mir niedergelassen hatte. »Von der Universität von Brasilien in Rio de Janeiro begrüßen wir Doktor Paolo Ortega, den weltberühmten Forscher, der schon viele übernatürliche Legenden widerlegt hat.«
    Larry wollte noch etwas anderes sagen, doch ich hörte es nicht mehr, sondern starrte nur den Mann neben mir an, während die Erinnerungen wach wurden. Er war von mittlerer Größe und recht kräftig gebaut, mit breiten Schultern und einem voluminösen Oberkörper. Seine Haut war dunkel, die schwarzen Haare ordentlich gekämmt, und der grau und silbern schimmernde Anzug war modisch und geschmackvoll.
    Er war ein Herzog vom Roten Hof – ein alter, äußerst gefährlicher Vampir, der mich nun aus weniger als einem Meter Entfernung anlächelte. Mein Puls stieg von sechzig auf hundertfünfzig Millionen, und die nackte Angst durchzuckte mich mit silbernen Blitzen.
    Gefühle haben große Kraft. Sie sind der Brennstoff für einen großen Teil meiner Magie. Als mich die Angst packte, verdoppelte sich schlagartig der Druck, den mein Dämpfungsspruch eindämmen musste. In der nächsten Kamera blitzte es, eine Rauchwolke stieg auf, und der Kameramann taumelte zurück und riss sich mit einem Fluch, den sie auf jeden Fall herausschneiden mussten, den Kopfhörer herunter. Es roch nach verbranntem Gummi, die Rauchwolke über der Kamera verdichtete sich, und in den Studiolautsprechern kreischten Rückkopplungen.
    »Tja«, sagte Ortega halblaut, »wie schön, Sie mal wieder zu sehen, Mister Dresden.«
    Ich schluckte und durchwühlte hektisch meine Hosentaschen, in denen ich ein paar magische Hilfsmittel zur Selbstverteidigung verstaut hatte. Ortega legte mir eine Hand auf den Arm. Es sah überhaupt nicht so aus, als strengte er sich dabei an, doch es fühlte sich an wie ein Schraubstock. Die Schmerzen schossen durch meinen Ellenbogen bis zur Schulter hinauf. Ich sah mich um, aber im Augenblick starrten alle die ausgefallene Kamera an.
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Ortega mit starkem südamerikanischem Akzent. »Ich bin nicht gekommen, um Sie vor laufender Kamera zu töten. Ich will mit Ihnen reden.«
    »Lassen Sie mich sofort los.« Meine Stimme klang
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