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Siebenpfahl (German Edition)

Siebenpfahl (German Edition)

Titel: Siebenpfahl (German Edition)
Autoren: Michael R. Schröder
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leuchtete mit der Taschenlampe
auf die beiden über dem Boden abgebrochenen Gitterlatten des Schutzzaunes, der
unbefugtes Betreten verhindern sollte. »Da rein!«, sagte er.
    »Passen wir da überhaupt durch?«, fragte Christopher skeptisch.
    »Das reicht für uns«, gab Marcel zurück. Dann legte er sich auf
den Bauch und schlüpfte hindurch. André, Leon, Tom und Pascal folgten ihm, und
nachdem Christopher ihnen den Rucksack gereicht hatte, kroch auch er hinterher.
Sie versteckten sich hinter den abgestellten Holzplatten und sonstigen Dingen,
die der Schuppen beherbergte, und warteten. Ruhig, ihren Atem hörend, lauschten
sie in die Dunkelheit, dann, nach zwei unendlich langen Minuten, vernahmen sie die
näher kommenden Schritte …
     
    *
     
    L auernd blickte Krummhold umher. Es war dunkel und schattenhaft. Entfernt
war gedämpfter Autolärm zu hören. »Möchtest du nicht wissen, was sich in den
Kisten befindet … und warum du deine Taschenlampe, dein Handy und deine Uhr am
Bürgerhaus in den Mülleimer werfen musstest?«, fragte Krummhold plötzlich.
    Johann schüttelte den Kopf. »Es wird schon seine Richtigkeit haben,
dass du mich dazu aufgefordert hast.« Ein weicher Ton lag in seiner Stimme, er wirkte
abwesend.
    Krummhold war zufrieden. Das Pulver, das er Johann in den Tee
gemischt hatte, wirkte bereits. Johann würde nun alle Befehle ausführen, ohne
deren Sinn zu hinterfragen.
    Sie traten in das Innere des Turmfundaments, das sich nur noch als
ebener Steinkreis auf dem Boden abzeichnete. Dort stellten sie die beiden Kisten
ab. Krummhold kniete nieder, griff unter seinen Umhang und holte ein Tuch
hervor. Nachdem er es auf dem Boden ausgebreitet hatte, öffnete er die Kisten
und entnahm den Stein, den er auf dem Tuch ablegte. Dann blickte er auf die
Flasche, die eine trübe gelblich schimmernde Flüssigkeit enthielt. Er atmete einmal
tief durch, dann nahm er sie vorsichtig heraus und hielt sie gegen das
Kerzenlicht. »Die Flüssigkeit reicht nur noch für dieses eine Mal. Wir müssen zu
gegebener Zeit neue herstellen«, sprach er und öffnete die Flasche, wobei er abgehackte
Worte vor sich hinmurmelte. Johann kam es dabei vor, als bediene sich Krummhold
einer fremden Sprache.
    Leichter Wind kam auf. Er begann die Äste des Baumes, der inmitten
des Burghofes stand, hin und her zu bewegen. Plötzlich bemerkte Johann etwas hinter
sich vorbeihuschen. Er schaute herum, blickte zur Mauerbrüstung und erkannte
schwach die Krähe, die sich darauf niedergelassen hatte. Immer mehr kamen hinzu
und sammelten sich auf den Burgmauern. Ihre Silhouetten hoben sich gespenstisch
gegen den Nachthimmel ab. Ruhig, mit interessierten Blicken saßen sie da und
schauten dem Treiben Krummholds zu. Es waren Hunderte … hunderte Krähen!
    Krummhold ließ währenddessen Flüssigkeit auf den Stein tröpfeln,
der sich sofort rötlich zu verfärben begann. Nebel trat aus ihm heraus, und je
mehr Flüssigkeit Krummhold über ihn goss, desto stärker nahm auch der Wind innerhalb
des Gemäuers zu. Wild bewegte er die Äste des Baumes hin und her, begleitet von
einem leichten Holzknarren, das sich anhörte, als säße man einsam auf einem
alten Segelschiff, mitten auf dem Meer.
    Der Nebel breitete sich weiter über den Boden aus, bis hin zu den
Burgmauern, an denen er emporstieg. Alles geschah in Windeseile und Krummhold
war trotz der Ruhe, die er ausstrahlte, völlig angespannt. Er drückte den
Korken in die Flasche und legte sie behutsam in die Kiste zurück. Nur noch etwa
ein Drittel war von ihr übrig geblieben. Der Nebel begann sich zu drehen, immer
schneller und schneller, wie eine Spirale, die alles mit sich reißt.
Krähenschreie waren zu hören. Wie Peitschenhiebe schlugen sie in die Nacht. Krummhold
schaute nach oben, staunend, mit offenem Mund. Der Nebel schloss sich soeben wie
eine Kuppel über der alten Burgruine. Er hatte sie jetzt völlig von der
Außenwelt abgeschnitten … mit allem, was sich in ihr befand.
     
    »Ich hoffe, dass wir heil aus dieser Sache rauskommen«, schrie Tom,
und es war ihm mittlerweile völlig egal, ob ihn die beiden Männer da draußen
hören konnten. Er hatte fürchterliche Angst.
    Das grellrote Licht erfüllte immer mehr den Schuppen. Sand wehte
herein, begleitet von einem lauten und gespenstischen Windgeräusch. »Oh Gott!«,
stieß Marcel noch hervor … als sie alle fast gleichzeitig die Besinnung verloren


Kapitel 2
    Donnerstag,
08. Juli 1507
     
    *
     
    A ls Marcel die Augen öffnete,
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