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Siebenpfahl (German Edition)

Siebenpfahl (German Edition)

Titel: Siebenpfahl (German Edition)
Autoren: Michael R. Schröder
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verschlossen gewesen war. Dass sie offen stand, wunderte ihn. Beim
Vorbeigehen eben hatte er erkennen können, dass die Treppenstufen steil und
abgetreten waren. Er fragte sich, was sich wohl in dem Keller befand, da wurde
er aus seinen Gedanken gerissen; Krummhold kam ins Zimmer zurück. Er lächelte,
stellte das Tablett mit dem Becher vor ihm auf den Tisch und deutete augenzwinkernd
auf den Tee. »Der wird dir gut tun, trink ihn, denn wir haben noch etwas vor.«
    »Was?«, fragte Johann überrascht.
    »Ich möchte dich bitten, noch einmal mit mir auf die Burg zu
gehen, um einen Stein abzulegen.«
    »Heute noch?«
    »Ja, heute noch … genauer gesagt, in fünf Minuten.«
    »Kein Problem. Ich kann morgen ausschlafen, ein Vorteil des
Rentnerdaseins.«
    Krummhold nickte zufrieden, »Sehr schön, dann hole ich die beiden
Kisten aus dem Keller. Trinke du schon mal deinen Tee.«
    Johann hatte gerade ausgetrunken, als Krummhold mit den beiden
Kisten zurückkam. Er stellte sie behutsam auf dem Wohnzimmertisch ab und ging dann
zurück zur Kellertür, um sie zu verschließen. Nachdem er den Schlüssel abgezogen
hatte, stapfte er durchs Wohnzimmer und stieg die Leiter zur Bibliothek empor,
dann rief zu Johann herunter, dass er die Augen schließen und sich umdrehen
solle.
    Johann tat wie befohlen, doch nahm er Geräusche wahr, die ihn
vermuten ließen, dass Krummhold eine der alten Schriftrollen herausgezogen und
danach wieder zurückgesteckt hatte. Was sollte das alles? Was trieb Krummhold
für ein Spiel … und inwieweit würde er, Johann, darin verwickelt sein?
    Als Johann die Augen wieder öffnen durfte, wandte er sich sogleich
um. Er blinzelte ein paar Mal und sah, wie Krummhold die Leiter herabstieg. Er
wunderte sich, wie fit er noch war, denn Krummhold war siebzig, wirkte jedoch um
einiges jünger. Sein noch immer dichtes braunes Haar war streng zurückgekämmt,
sein Körper außergewöhnlich muskulös für sein Alter.
    Johann erhob sich aus seinem Sessel, dann nahmen sie die Kisten und
verließen das Haus.
    Je weiter sie die Burgstraße entlangschritten, desto weniger
Menschen begegneten ihnen. Die Straßenlampen spendeten ein behagliches Licht,
warm und gemütlich, irgendwie nostalgisch. Johann schaute zur Burg hoch, deren Silhouette
schwach in den Nachthimmel ragte. Sie wirkte heute irgendwie fremd, fast geheimnisvoll.
    Als sie am Rathaus vorbei waren, wo Johann seine Taschenlampe,
sein Handy und seine Uhr in einen Papierkorb werfen musste, wechselte der
Straßenbelag von Teer in Altstadtpflaster. Johann war fasziniert von dem
Laternenlicht, welches sich auf den Pflastersteinen spiegelte. Zudem gaben die
alten Mauern, die sich links und rechts der Straße wie Schutzwälle auftaten,
ein Gefühl von Sicherheit. Nie zuvor hatte das alles solch einen Eindruck auf Johann
gemacht, doch fragte er sich nicht einmal, warum?
    Sie waren nun in Höhe der Kirche, von wo aus sie noch etwa siebzig
Meter bis zum ersten Burgtor zurückzulegen hatten … und Johann merkte nicht,
wie sich seine Wahrnehmung zunehmend veränderte.
     
    Als Tom hinunter zum Haupteingang blickte, bemerkte er zwei
Gestalten. Sie gingen soeben an der Treppe zur katholischen Kirche vorbei und
steuerten direkt auf den ersten Torbogen des Burggeländes zu. In wenigen
Sekunden würden sie im Lichtschein der Laterne auftauchen. Er wartete ab, doch
als er die beiden erkannte, stockte ihm der Atem. Er rannte die Empore zurück,
die Treppe hinunter und direkt auf Marcel zu. »Da kommen zwei Männer, der eine
ist dieser Krummhold, der andere ist Johann«, stieß er aufgeregt hervor.
    »Verdammt!«, fluchte Marcel.
    »Was jetzt?«
    Marcel überlegte, dann rannte er zur Brüstung hinüber, von der aus
man bei gutem Wetter einen weiten Ausblick ins Tal bis hin zur Burg Weinheim
hatte. Von dort aus war es möglich, einen Teil des Weges zu überblicken, der
herauf zur Burg führte. Auch er erkannte die beiden Männer sofort. Gerade wunderte
er sich darüber, dass Krummhold eine Lampe bei sich trug, in der eine Kerze
brannte, da kamen bereits die anderen herbeigeeilt.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte André.
    »Wir verstecken uns«, gab Marcel zurück.
    »Wo denn?«, wollte Christopher wissen.
    Marcel schaute sich um. Er wusste zwar nicht, warum er es tat,
aber er eilte zu dem Lagerschuppen hin, der sich links vom Treppenaufgang zur Empore
befand. Der war voller Gerümpel, oder besser gesagt, voller Dinge, die für das
alljährliche Burgfest benötigt wurden. Marcel
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