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Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Titel: Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Jahreszeit, nur ungern in diese feindselige Welt vorwagten.
    »Manca, Sie müssen sie stoppen!«
    Der breitschultrige Mann tat so, als hätte er sie nicht gehört. Auf dem großen Notizblock, den er an seinem Bauch abstützte, trug er die Zulassungsnummer eines Containers ein, der sich gerade in die Luft erhob.
    »Manca! Zwingen Sie mich nicht, Ihnen eine Verwarnung zu verpassen. Nehmen Sie Ihr Funkgerät und stoppen Sie die Arbeit, jetzt!«, rief Zofia. »Die Sichtweite beträgt keine acht Meter mehr, und Sie wissen, Sie hätten schon bei knapp unter zehn Schluss machen müssen.«
    Der Vorarbeiter Manca zeichnete das Blatt ab und reichte es dem jungen Kontrolleur, der ihm zur Seite stand. Mit einer Handbewegung schickte er ihn weg.
    »Bleiben Sie nicht da drunter stehen, Sie befinden sich in einer Gefahrenzone: Wenn sich das Ding löst, gibt es keine Rettung!«
    »Ja, aber es löst sich nie. Manca, haben Sie mich gehört?«, beharrte Zofia.
    »Ich habe kein Laser-Vermessungsgerät im Auge, soweit ich weiß«, knurrte der Mann und kratzte sich hinterm Ohr.
    »Aber Ihre Aufsässigkeit ist präziser als irgendein Entfernungsmesser! Versuchen Sie nicht, Zeit zu gewinnen. Machen Sie Schluss, bevor es zu spät ist.«
    »Sie arbeiten jetzt seit vier Monaten hier, und noch nie war die Produktivität so niedrig. Werden Sie die Familien meiner Kumpel am Ende der Woche ernähren?«
    Ein Traktor näherte sich der Ladezone. Der Fahrer konnte nicht viel sehen, und seine Frontgabel hätte um Haaresbreite einen Anhänger gerammt.
    »He, weg da, Kleine, sehen Sie nicht, dass Sie stören?«
    »Wer stört, bin nicht ich, sondern der Nebel. Sie müssen Ihre Docker eben anders bezahlen. Ich bin sicher, ihre Kinder sind glücklicher, ihren Vater heute Abend zu sehen, als die Todesfallversicherung der Gewerkschaft zu kassieren. Beeilen Sie sich, Manca, in zwei Minuten bekommen Sie eine gerichtliche Vorladung, und ich werde selbst vor dem Richter aussagen.«
    Der Vorarbeiter musterte Zofia und spuckte dann in den Hafen.
    »Man sieht nicht mal die Ringe im Wasser!«, sagte sie.
    Manca zuckte die Achseln, griff resigniert zu seinem Walkie-Talkie und befahl, alle Arbeiten abzubrechen. Wenige Augenblicke später ertönte viermal das Horn und brachte das Ballett der Kräne, der Aufzüge, der Gabelstapler, und alles andere, was sich auf den Piers und und an Deck der Lastschiffe bewegte, zum Stehen. In der Ferne, im Unsichtbaren, antwortete das Nebelhorn eines Schleppers auf den Stopp der Hafentätigkeit.
    »Bei diesem Arbeitsausfall wird der Hafen am Ende schließen müssen.«
    »Ich habe hier nicht das Sagen, Manca, ich verhindere nur, dass sich Ihre Männer umbringen. Jetzt machen Sie nicht so ein langes Gesicht, ich mag es nicht, wenn wir uns streiten; ich spendiere Ihnen einen Kaffee und Rühreier. Kommen Sie!«
    »Sie können mich mit Ihren Engelsaugen so lange ansehen, wie Sie wollen. Aber glauben Sie mir, sobald die Sichtweite zehn Meter beträgt, bringe ich alles wieder in Gang!«
    »Sobald Sie den Namen der Schiffe auf dem Rumpf erkennen können! Also, gehen wir!«
    Im Fisher’s Deli, der besten Kantine des Hafens, war es schon brechend voll. Bei jedem Nebeleinbruch fanden sich hier alle Docksarbeiter ein, um gemeinsam auf eine Wetterbesserung zu hoffen, die ihren Tag retten würde. Die alten Hasen saßen an den hinteren Tischen. Die Jüngsten standen nägelkauend an der Theke, starrten aus dem Fenster und versuchten verzweifelt, einen Schiffsrumpf oder einen Bordkran auszumachen, erste Anzeichen für das Nachlassen des Nebels. Auch wenn sie sich beiläufig unterhielten, beteten alle mit beklommenem Herzen. Für diese Männer, die bei Tag und bei Nacht arbeiteten, ohne sich jemals über Rost und Salz zu beklagen, die ihre Gelenke zerfraßen, für diese Männer, die ihre Hände mit den dicken Schwielen gar nicht mehr spürten, war es schrecklich, mit den wenigen von der Gewerkschaft garantierten Dollars in der Tasche nach Hause zu kommen.
    In dem Lokal herrschte ein unglaublicher Geräuschpegel – Besteck, das klapperte, Dampf, der in der Kaffeemaschine zischte, Eiswürfel, die zerstoßen wurden. Auf den Bänken aus rotem Kunstleder hatten sich Gruppen von etwa sechs Arbeitern zusammengefunden, die bei dem allgemeinen Lärm nur wenige Worte wechselten.
    Mathilde, die Kellnerin mit dem Haarschnitt à la Audrey Hepburn und der zarten Figur in ihrer Schürze, trug ein so voll beladenes Tablett, dass die Flaschen darauf nur wie durch ein
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