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Sieben Siegel 05 - Schattenengel

Sieben Siegel 05 - Schattenengel

Titel: Sieben Siegel 05 - Schattenengel
Autoren: Kai Meyer
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Gesichtsausdruck. Ihre Wangen glänzten wie die einer Porzellanpuppe. Sie sah aus, als stünde sie unter Schock.
    »Das kann … das kann doch nicht sein«, brachte sie mühsam hervor.
    Chris musste ihr Recht geben. Was er dort draußen erblickte, war einfach unmöglich.
    Und doch sah er es mit eigenen Augen.
    »Scheiße, was ist los?«, wollte Nils wissen.
    Kyra sprang blitzschnell auf und kletterte hastig in die freie Sitzreihe vor Chris und Lisa. Mit klopfendem Herzen schaute sie durchs Fenster – und erstarrte.
    Auf der Tragfläche saß ein Mann.
    Es war verrückt – natürlich! Und doch …
    Der Mann hockte mit eng angezogenen Knien auf dem Flügel der Maschine. Er musste sich nicht einmal mit den Händen abstützen, so sicher war sein Sitz. Weder Höhe oder Kälte, noch der tosende Gegenwind brachten ihn aus der Balance. Sein langes dunkles Haar flatterte, und der bodenlange schwarze Mantel warf zuckende Falten. Nichts konnte ihm etwas anhaben. Er kauerte dort draußen auf der äußeren Spitze der Tragfläche, als sei dies die natürlichste Sache der Welt.
    Kyras Blick auf ihren Unterarm war längst zum Reflex geworden. Aber die Sieben Siegel, die sonst angesichts einer übernatürlichen Bedrohung auf ihrer Haut erschienen, blieben unsichtbar.
    Chris und Lisa machten die gleiche Entdeckung: Die Siegel zeigten sich nicht. Konnte das bedeuten, dass von dem Mann auf der Tragfläche gar keine Gefahr ausging?
    »Hätte jemand die Güte, mir zu sagen, was –«
    Weiter kam Nils nicht, denn im selben Moment erschütterte ein zweiter Ruck das Flugzeug. Diesmal auf der anderen Seite.
    Nils rutschte zum gegenüberliegenden Fenster und starrte hinaus.
    »Mist!«, war alles, was er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorbrachte.
    Kyra war sofort neben ihm.
    »Da ist noch einer«, klärte sie Chris und Lisa auf. »Er sitzt genauso da.«
    Tatsächlich unterschied sich der zweite Mann auf der anderen Tragfläche nicht von dem ersten. Sein Gesicht war nicht genau zu erkennen, aber er trug den gleichen Mantel und hatte das gleiche lange Haar.
    Nils blickte auf seinen Unterarm. »Keine Siegel.«
    Seit sie während ihres Kampfes gegen den auferstandenen Hexenmeister Abakus die magischen Male auf ihren Unterarmen erhalten hatten, gehörten sie zu einem kleinen Kreis von Auserwählten, der sich dem Kampf gegen die Mächte des Bösen verschrieben hatte. Das Schlimme war, dass die vier gar keine andere Wahl hatten – die Sieben Siegel zogen die Kreaturen der Nacht an wie Magneten. Kyras verstorbene Mutter, eine Hexe, hatte ihrer Tochter und deren drei besten Freunden dieses Erbe übertragen. Keiner von ihnen war glücklich darüber – ganz im Gegenteil –, doch allmählich lernten sie, mit der ständigen Bedrohung zu leben.
    Umso verwirrender war, dass die Siegel diesmal nicht erschienen waren. Normalerweise wurden sie immer dann sichtbar, wenn Gefahr drohte. Warum also nicht jetzt?
    »Vielleicht sind die beiden … na ja, harmlos«, meinte Nils.
    Kyra schenkte ihm einen finsteren Blick. »Sehen die für dich so aus, ja?«
    Da sagte Lisa: »Er hat gelächelt.«
    » Was? « , entfuhr es ihrem Bruder.
    »Er hat mich angelächelt«, wiederholte sie, ohne den Blick vom Fenster zu nehmen. Leiser fügte sie hinzu: »Aber irgendwie hat es nicht besonders freundlich ausgesehen.«
    Der Mann vor ihrem Fenster richtete sich vorsichtig auf, ungeachtet des peitschenden Windes. Langsam machte er einige Schritte die Tragfläche entlang, näherte sich dem Rumpf der Maschine.
    »Er kommt … er kommt auf mich zu«, flüsterte Lisa starr vor Angst.
    Chris schaute über ihre Schulter und fluchte leise.
    »Unserer sitzt noch«, sagte Kyra. Sie blickte an Nils vorbei nach draußen. »Das heißt, Moment … jetzt bewegt er sich.«
    »Er steht auf«, sagte Nils.
    Lisa hatte das Gefühl, als müsste ihr Brustkorb jeden Augenblick auseinander platzen, so schnell und hart schlug ihr Herz. Sie spürte Chris hinter sich, aber die Aufregung, die sie gepackt hielt, hatte nichts mit ihm zu tun. Sie konnte nichts anderes tun, als den unheimlichen Mann draußen auf der Tragfläche anzustarren.
    Plötzlich blieb er stehen. Er befand sich jetzt auf Höhe des Propellers.
    »Schnallt euch an«, rief Kyra laut genug, dass auch ihr Vater und die Japaner davon aufwachen mussten. »Schnallt euch alle an!«
    Chris zurrte seinen Gurt fest. »Was macht er?« Er konnte genau wie die anderen kaum glauben, was er mit eigenen Augen mit ansah.
    Der Mann drehte sich zur
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