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Sieben Siegel 05 - Schattenengel

Sieben Siegel 05 - Schattenengel

Titel: Sieben Siegel 05 - Schattenengel
Autoren: Kai Meyer
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tödlichen Fallen … Lisa hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als plötzlich ein lautes Knirschen ertönte. Professor Rabenson riss die Hand hoch und blieb wie angewurzelt stehen.
    »Wartet!«
    Die Freunde verharrten. Das Knirschen war noch immer zu hören, wurde aber leiser, so als entfernte es sich allmählich. Keiner wusste, ob das wirklich ein Grund zum Aufatmen war.
    »Sind noch andere Forschertrupps hier unten?«, fragte Nils im Flüsterton.
    »Keine, von denen ich wüsste«, gab der Professor ebenso leise zurück.
    Kyra runzelte die Stirn. »Heißt das nun ›Nein‹ oder ›Ich weiß nicht‹?«
    Ihr Vater zuckte die Schultern. »Offiziell zumindest dürfte niemand hier sein.«
    »Grabräuber?«, warf Chris ein.
    »Keine Chance. Das Gelände wird vom israelischen Militär bewacht, das habt ihr doch gesehen.«
    Tatsächlich erinnerten sich alle nur zu gut an die Soldaten, die überall rund um den Berg patrouillierten. Jeder der Männer trug eine feuerbereite Maschinenpistole. Lisa hatte bei ihrem Anblick ein heftiges Kribbeln im Bauch verspürt, und sie wusste, dass es den drei anderen genauso ergangen war. Die unmittelbare Nähe solcher Waffen war weitaus beängstigender, als es der spannendste Film im Fernsehen vermitteln konnte. Plötzlich war – egal wie irreal – die Furcht da gewesen, selbst in einen mörderischen Kugelhagel zu geraten.
    Doch der Professor verfügte über alle nötigen Papiere. Er war autorisiert, jeden Quadratzentimeter der Ruinen auf den Kopf zu stellen. Sogar um die lästigen Leibesvisitationen, die andere Forscher über sich ergehen lassen mussten, waren sie herumgekommen. Der Ruf des Professors war aufgrund seiner zahllosen Buchveröffentlichungen tadellos, auch wenn die meisten Themen seiner Werke – mysteriöse Phänomene, Geistererscheinungen und immer wieder die leidigen außerirdischen Besucher – bei vielen seiner Kollegen Naserümpfen verursachten.
    Das Knirschen verstummte. Beinahe zu abrupt, als dass es eine natürliche Ursache gehabt haben könnte.
    »Es hat aufgehört«, flüsterte Chris.
    »Ach?«, knurrte Kyra kratzbürstig.
    Lisa funkelte sie böse an. »Hey, reiß dich zusammen. Wir können nichts dafür, dass du mies drauf bist.«
    Kyra schnaubte nur, aber Lisa sah ihr an, dass es ihr Leid tat. Kyra hatte manchmal eine etwas ruppige Art, ihre drei Freunde wussten das. Und auch ihr Vater, der sie nur in den Ferien zu sehen bekam, war mittlerweile dahinter gekommen, dass mit seinem Töchterchen nicht immer gut Kirschen essen war.
    Professor Rabenson blickte argwöhnisch zur Decke. »Ich möchte zu gern wissen, was –«
    Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden, denn plötzlich ertönte das Knirschen erneut – und diesmal war es ganz nah. Unter ihnen.
    »Lauft!«, schrie der Professor, und alle stürmten schlagartig vorwärts.
    Hinter Nils brach auf einmal der Fußboden weg. Wo sie eben noch gestanden hatten, schoss eine Staubwolke empor, wallte gegen die Decke und breitete sich über ihren Köpfen aus wie der Schirm eines Riesenpilzes. Hustend und keuchend blieben sie stehen, aus Angst, blindlings in die nächste Falle zu laufen.
    Nachdem sich die Schmutzschwaden herabgesenkt hatten und sie wieder einigermaßen sehen konnten, erkannten sie, dass hinter ihnen ein Abgrund aufgeklafft war. Es war ein Spalt, der von einer Seite des Korridors zur anderen reichte, nicht einmal besonders breit – zwei, höchstens zweieinhalb Meter –, aber so tief, dass der Schein ihrer Taschenlampen den Boden nicht erreichte.
    »Na, großartig«, bemerkte Chris mit tonloser Stimme. Er war der Erste, der überhaupt ein Wort herausbekam. Die Blässe seines Gesichts rührte nicht nur von der hellen Staubschicht, die sich über ihrer aller Haut und Kleidung gelegt hatte.
    Kyra starrte ihren Vater an, eher überrascht als wütend. »Du hast doch gesagt, es ist völlig ungefährlich.«
    »Stimmt«, pflichtete Nils ihr krächzend bei, »das haben Sie gesagt.«
    Der Professor wirkte verstört. Obwohl er ein beleibter, gemütlich aussehender Mann war, schien es mit einem Mal, als hätte er innerhalb weniger Sekunden zehn Kilo abgenommen. Seine Wangen waren ganz eingefallen vor Schreck.
    »Ein kleines … Missgeschick«, stammelte er verwirrt.
    » Missgeschick? « Lisa verdrehte die Augen. »Klar, so kann man’s auch nennen.«
    Kyras Vater schaute von einem zum anderen, aber ihnen allen war, als blicke er eigentlich durch sie hindurch. »Tut mir Leid«, meinte er betroffen. »Das … das
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