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Sieben Jahre Sehnsucht

Sieben Jahre Sehnsucht

Titel: Sieben Jahre Sehnsucht
Autoren: Sylvia Day
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Hundedame ihrem Frauchen diskret den Rücken zu und kauerte sich vor einem Baum nieder.
    Lächelnd wandte sich Jess ab und ließ den Blick umherschweifen. Sie beschloss, den Park und den umliegenden Wald bei Tag näher zu erkunden. Anders als viele Anwesen, in denen Gärten und Wälder mit Obelisken, Reproduktionen von griechischen Statuen, Tempeln und Pagoden bevölkert waren, war auf Pennington erfreulich viel von der natürlichen Landschaft erhalten. Entlang der Gehwege gab es Orte, wo man sich fernab der Zivilisation und deren Bewohner fühlte. Jessica hätte nie gedacht, wie sehr sie das genießen würde, vor allem nach stundenlangem seichtem Geplapper mit Leuten, die sich nur für den Adel, in den sie einheiraten sollte, interessierten.
    »Wir können unseren Spaziergang gern fortsetzen«, sagte sie über die Schulter hinweg, »wenn die Sonne am Himmel steht und ich entsprechend gekleidet bin.«
    Temperance beendete ihr Geschäft und begann, zum Haus zurückzugehen, zog mit bemerkenswerter Ungeduld an der Leine, nachdem sie zunächst so lange gebraucht hatte, einen geeigneten Pinkelplatz zu finden. Ein Rascheln auf der linken Seite ließ sie aufmerken. Ihre dunklen Ohren und der Schwanz stellten sich auf, und ihr brauner muskulöser Körper bebte vor Anspannung.
    Jess’ Herz begann schneller zu schlagen. Sollte es ein Wildschwein oder ein wildgewordener Fuchs sein, könnte sich die Lage zuspitzen. Jess wäre am Boden zerstört, wenn Temperance etwas zustieße, denn der Hund war das einzige Wesen auf Erden, das sie nicht nach äußeren Kriterien beurteilte.
    Ein Eichhörnchen huschte über den Weg. Erleichtert sackte Jess in sich zusammen und stieß ein lautloses Lachen aus. Doch der Mops entspannte sich nicht. Mit einem Satz jagte er dem Eichhörnchen hinterher und entriss seinem Frauchen die Leine.
    »Herrgott! Temperance!«
    Fell blitzte auf, und dann waren beide Tiere verschwunden. Auch das Rascheln des Laubs und Temperance’ tiefes Knurren waren schon bald nicht mehr zu hören.
    Ergeben hob Jess die Hände, verließ den Gehweg und folgte einem Trampelpfad, der sie tiefer in den Wald hineinführte. Sie war so auf den Weg konzentriert, dass sie die Gartenlaube erst bemerkte, als sie beinahe dagegengestoßen wäre. Sie ging rechts daran vorbei …
    Das kehlige Lachen einer Frau durchbrach die Stille. Erschrocken blieb Jess stehen.
    »Beeil dich, Lucius«, drängte die Frau atemlos. »Trent wird meine Abwesenheit bemerken.«
    Die Frau war Wilhelmina, Lady Trent. Reglos stand Jess da, wagte kaum zu atmen.
    Ein langsames Knarren von Holz ertönte aus der Laube.
    »Hab Geduld, meine Schöne«, sagte eine männliche Stimme in einem trägen, schleppenden Ton. »Erst sollst du das kriegen, wofür du bezahlt hast.«
    Das Holz der Laube knarrte erneut, diesmal lauter. Schneller und härter. Lady Trent gab ein wimmerndes Stöhnen von sich.
    Alistair Lucius Caulfield. In flagranti erwischt mit der Countess of Trent. Gütiger Gott!, dachte Jessica. Die Frau war an die zwanzig Jahre älter als er. Schön, ja, aber in einem ähnlichen Alter wie seine Mutter.
    Der Gebrauch seines zweiten Vornamens war irritierend. Und womöglich aufschlussreich. Abgesehen von dem Offensichtlichen waren die beiden vielleicht auf eine tiefere Art miteinander verbunden. War es möglich, dass der rücksichtslose Caulfield eine Schwäche für die hübsche Countess hatte und diese es ihm erwiderte, indem sie ihn bei einem Namen nannte, den sonst niemand benutzte?
    »Du«, schnurrte die Countess, »bist jeden Shilling wert, den ich bezahlt habe.«
    Großer Gott!, ging es Jess durch den Kopf. Vielleicht waren sie überhaupt nicht auf eine tiefere Art miteinander verbunden, sondern es war nur ein … Geschäft. Ein Arrangement. Mit einem Mann, der die entsprechenden Dienste anbot …
    In der Hoffnung, sich unbemerkt davonstehlen zu können, machte Jessica vorsichtig einen Schritt nach vorn. Eine Bewegung in der Laube ließ sie innehalten. Sie kniff die Augen zusammen, um in dem diffusen Licht besser sehen zu können. Zu ihrem Leidwesen war sie im schwachen Schein des abnehmenden Monds gut zu erkennen, während das Innere der Laube durch das Dach und die umstehenden Bäume im Dunkeln blieb.
    Jessica erspähte eine Hand, die einen der Strebebalken des Kuppeldachs umklammerte, und ein Stück darüber eine zweite Hand. Die Hände eines Mannes, der sich festhielt und der, nach der Höhe des Strebebalkens zu urteilen, aufrecht stand.
    »Lucius … Ah,
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